Im Zentrum des sozialen Familienlebens
Das Zentrum des sozialen, familiären Zusammenseins lag schon immer in der Küche. Bild: Andreas Brinkmann
Das Zentrum des sozialen, familiären Zusammenseins lag schon immer in der Küche. Bild: Andreas Brinkmann
Sitzbänke. Kaum ein Ort dient derart stark dem kommunikativen Austausch in der Familie und unter Freunden wie der Esstisch. Daher müssen sich die vorhandenen Sitzgelegenheiten der tatsächlichen Anzahl Personen jeweils anpassen lassen, was nur mit Stühlen nicht immer geht.
Tische, an denen gegessen und getrunken wird, laden dazu ein, andere Leute zu treffen, mit Freunden, Verwandten und Bekannten zusammenzusitzen oder Leute aus der Nachbarschaft kennenzulernen. Da kommen und gehen zudem noch deren und die eigenen Kinder dazu. Sie wollen sich dazwischensetzen und dabei sein. In solchen Fällen werden gerne noch ein paar Stühle mehr an den Tisch geholt – solange es noch welche hat und sie Platz haben.
Viel einfacher ist es, wenn eine Sitzbank am Tisch steht, am besten gleich eine Eckbank. So kann man etwas zusammenrücken, und schon dürfen noch Personen dazukommen. Klar, zum Essen braucht es einen gewissen Platz, womit auch die Bank nicht mehr Leute an einen Tisch lässt, als das mit Stühlen möglich wäre, denn die Tischgrösse und der Platzbedarf der Tischgedecke bestimmen die maximale Anzahl der Essenden. Wird aber nur dagesessen und allenfalls zum Glas gegriffen, darf es auch mal etwas enger werden – auch wenn man dann nicht mehr so einfach aufstehen und weggehen kann.
Sitzbänke schaffen eine flexible Möglichkeit für spontane Kontakte und einen lockereren Umgang im sonst gelegentlich steifen sozialen Zusammensein. In alten Wirtshäusern war es üblich, dass im Gästeraum praktisch der ganzen Wand entlang eine durchgehende Sitzbank verlief und davor die Tische mit den Stühlen standen. Dadurch konnten sich auch immer mal zusätzliche Gäste zu den vorhandenen setzen, wodurch ein lebendiges Miteinander entstand. Wer auf einer solchen Bank sass, hatte vielleicht nicht den gleichen Sitzkomfort und die Sicherheit, unbeengt sitzen zu können wie auf einem Stuhl, dafür war dann aber die Sicht auf das, was im Raum lief, umso besser.
In privaten Haushalten waren Eckbänke an Esstischen lange weit verbreitet, denn in einer schlichten Ausführung waren sie günstiger und praktischer als Stühle. Mit dem Aufkommen grösserer Wohnungen und kleinerer Familien kamen die Esszimmer auf, bei denen die Tische und Stühle mitten im Raum platziert wurden. Wenn dann aber in der Küche noch genug Platz vorhanden war, wurde dort noch ein kleinerer Tisch mit Eckbank platziert.
Mittlerweile sind die Wohnräume nicht mehr so sehr nach Funktionen getrennt, und die Küche ist ein Teil des Wohnzimmers geworden – oder ist das gar umgekehrt, und man hat sie als den eigentlichen sozialen Treffpunkt akzeptiert? Fast jeder Tisch- und Stuhlfabrikant führt in seinem Sortiment eine salonfähige Sitzbank oder sogar ein Esssofa – die vollgepolsterte Version einer Bank. Besonders bei Eigenheimen soll allenfalls die Sitzbank mehr oder weniger fest eingebaut und somit ein Teil des Innenausbaus sein. Damit kommt dann der Schreiner ins Spiel, der ein solches Möbel passend zum übrigen Ausbau erschaffen soll.
Sitzmöbel haben ausserordentlich viel mit Ergonomie zu tun. Ihre Geometrie und Dimensionierung ist massgebend, wie gut und wie lange man in welcher Position verbleiben kann. Auf Bänken sitzen unterschiedlich proportionierte Menschen direkt nebeneinander, und es müssen sich alle wohlfühlen können.
Beim Essen oder intensiven Diskutieren sind die Handgelenke oder auch vorderen Unterarme oft auf dem Tisch, und die Rückenlehne wird allenfalls noch mit dem Becken berührt. Beim gemütlichen Plaudern nach dem Essen lehnt man sich gerne zurück. Da ist es dann wichtig, dass sich die Sitzfläche etwas nach hinten neigt und der Winkel von ihr zur Lehne eine angenehme Position zulässt. Bänke ohne Tisch davor, beispielsweise für den Garten, sollten sogar noch etwas weiter zurücklehnen, um mehr Entspannung zuzulassen.
Was für den Stuhlfabrikanten selbstverständlich ist, gehört beim Schreiner nicht zum Standardwissen, da er sich normalerweise mit ganz anderen Dingen beschäftigt, bei deren Bemassung er sich auf vorgegebene Normen beziehen kann. Da der Schreiner einen individuellen Wunsch erfüllen soll und kein Serienprodukt entwickeln kann, wird sein Produkt auf jeden Fall vergleichsweise teuer sein, muss aber dennoch den Kunden zufriedenstellen – oder noch besser, glücklich machen.
Auch für die Funktionsmasse von Stühlen und Bänken gab und gibt es Normen, mithilfe derer man zu einem guten Produkt kommt. Sitzgewohnheiten und Wünsche sind unterschiedlich, weshalb die vorgegebenen Masse eine grosse Bandbreite aufweisen. Die DIN 68878 enthält Funktionsmasse für Stühle im Wohnbereich. Sie gibt eine Sitzhöhe von 380 bis 480 mm vor. 380 mm passen zu einem Sofa, und bei 480 mm kommen kleinere Personen nicht mehr mit den Füssen auf den Boden. Eine Höhe von 450 bis 460 mm passt hingegen auch zu den heute üblichen Tischblatthöhen von 720 bis 740 mm, und die allermeisten Füsse sind am Boden.
Die DIN ISO 5970 enthält die nach Körpergrösse gestuften Masse für Stühle von Bildungseinrichtungen. Da sind dann vor allem die Masse für erwachsene Personen für die Schaffung von Bänken interessant. Wer bei den Herstellern von Formsperrholzschalen in die Kataloge schaut, kommt auch zu guten Massgrundlagen. Da solche Schalen beim Anlehnen nachgeben, was eine Bank nicht sollte, ist der Winkel von der Sitz- zur Rückenfläche eher bei 95 bis 98°.
Horizontale, ganz ebene Sitzflächen sind auf Dauer unbequem, da der Teil vom Beckenknochen, auf dem man sitzt, schlecht entlastet werden kann und es eine schmerzhafte Druckstelle gibt. Eine leicht hohle Fläche und die Sitzneigung von ca. 2° nach hinten wirken da schon ganz anders. Mit einer so kleinen Neigung ist auch immer noch das Vorlehnen zum Tisch angenehm. Die Sitztiefe sollte so sein, dass auch die Oberschenkel aufliegen, aber die Unterschenkel noch nicht anstehen. Eine nutzbare Tiefe von 420 bis 430 mm sollte wohl eher nicht überschritten werden.
Damit der Rücken auf der Lehne voll aufliegen kann, müssen die Pobacken genügend Platz haben. Es braucht also eine Lehnenwölbung nach aussen im unteren Bereich. Verläuft die Lehne bis zur Sitzfläche gerade, sitzt man mit einer Rundrückenhaltung da, was aber durchaus als bequem empfunden wird. Wichtig ist, dass der Schreiner mit seinem Kunden über dessen Vorlieben tatsächlich spricht und sie kennt.
Veröffentlichung: 18. April 2024 / Ausgabe 16/2024
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