Ich bin ein richtiger Naturfanatiker (Paul Neukomm).
Nie ist Paul Neukomm der Natur so nahe wie im Herbst zur Jagdzeit. Der passionierte Jäger verbringt dann seine Tage alleine draussen in der Natur, beobachtet die Tiere, lange bevor er eines davon erlegt. Am Jagen faszinieren ihn schon seit 30 Jahren vor allem zwei Dinge: Auf der einen Seite die starke Verbundenheit mit der Natur und den Tieren. «Andererseits mag ich die Anspannung und das Warten auf den grossen Moment, wenn man etwas erlegt», erklärt der 52-Jährige. Besonders angetan hat es ihm die Hirschjagd. «Hirsche sind unvergleichlich elegante und schöne Tiere. Und sie sind besonders schwer zu jagen, weil sie wahnsinnig schlau sind», schwärmt er. Tatsächlich: In den letzten 30 Jahren hat der Jäger nur gerade vier Hirsche erlegen können. «Mir ist es wichtig, mit gesundem Menschenverstand und naturverbunden zu jagen. Ich will wissen, was ich erlege. Einer Rehgeiss könnte ich beispielsweise nie ihr einziges Kitz wegschiessen. Die laute Jagd mit Treibhunden vermeide ich», erklärt er. Und das setzt er denn auch Jagdgegnern entgegen. «Klar, man tötet Tiere. Aber das ist ja bei normalem Fleisch nicht anders. An einer sauberen und vernünftigen Jagd sehe ich nichts Schlechtes. Ich habe manchmal das Gefühl, alle wollen zurück zur Natur, aber niemand zu Fuss.»
Anders als viele Jäger jedoch sieht sich Paul Neukomm nicht als militanten Wolf- und Luchs-Gegner. Es brauche einfach ein natürliches Gleichgewicht, in dem alle Tiere ihre Berechtigung hätten, argumentiert er. Eine Zeit lang führte der Horbodener auch Schulklassen durch das Diemtigtal, um mit ihnen Wild zu beobachten. Damit habe er aufgehört, denn viele Kinder wüssten das Erlebnis in der Natur nicht zu schätzen.
Als Kind hatte Paul Neukomm davon geträumt, dereinst Wildhüter zu werden. Doch der Traum platzte, bevor er überhaupt begonnen hatte. Mit 22 Jahren verlor der Schreiner bei einem schweren Arbeitsunfall den linken Arm. Nichtsdestotrotz kehrte er in den
Beruf zurück und musste als Linkshänder alles neu lernen. «Aber ich habe bewiesen, dass man auch als Einarmiger schreinern kann, wenn man nur ein bisschen zu improvisieren weiss», erklärt er nicht ohne Stolz. Wegen eines weiteren Arbeitsunfalles vor rund sechs Jahren gab er dann den Schreinerberuf nach 18 Jahren der Selbständigkeit trotzdem auf. Heute verrichtet er nur noch hobbymässig und aus purer Freude an der Arbeit mit dem Holz kleine Schreinerarbeiten.
Langweilig wurde es ihm deswegen nicht. Seit seiner Scheidung vor rund zehn Jahren kümmerte er sich um Haushalt und die zwei Kinder, die mittlerweile erwachsen sind. Im Winter arbeitet er heute in einem Teilzeitpensum am Skilift, im Sommer unterhält er für den lokalen Tourismusverein das Wanderwegnetz im Diemtigtal. Und in der Freizeit jodelt der Berner Oberländer. Er war seinerzeit Gründungsmitglied des «Jägerchörli Niedersimmental» und seit fast 20 Jahren leitet er die «Horejodler». Der kleine Familienchor, bei dem auch drei seiner sieben Geschwister mitjodeln, singt bei den regelmässigen Auftritten klassische, aber eher unbekannte Lieder. Als grosser Schwing-Fan – der Schwingerkönig Kilian Wenger ist ganz nahe von seinem
Zuhause aufgewachsen – besucht er im Sommer zahlreiche Schwingfeste.
Und schliesslich ist da noch der Sport. Nach seinem Unfall war Paul Neukomm erfolgreicher Behindertensportler. Ein gutes Dutzend internationale Medaillen holte er bei Skirennen. Heute verbringt er immer noch viel Zeit beim Sport in der Natur – auf den Skiern und bei Skitouren oder Wanderungen. «Ich bin eben ein richtiger Naturfanatiker», lacht er. fg
Veröffentlichung: 31. März 2011 / Ausgabe 13/2011
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