Hohlprofil-Leichtbauteile aus Furnier

Leichte Profilsäulen aus Holz sollen bald einmal sogar Beton- oder Stahlbauteile ersetzen können. Bild: Universität Kassel

Forschung.  Ressourcenschonende Tragstrukturen für den Holzbau, die individuell herstellbar sind, beschäftigen auch die Wissenschaft. Die Universität Kassel (D) hat nun mittels Robotertechnik und KI ein Erfolg versprechendes Produkt aus Furnierstreifen entwickelt.

Heute bekannte Faser-Materialien, welche Holz enthalten, verfügen nicht über durchgängige Fasern. Damit sind die besonderen statischen Eigenschaften, welche das nachhaltige Naturprodukt sonst bietet, nicht im erforderlichen Mass gegeben. Da moderne Bauten, Umbauten sowie Erweiterungen vermehrt aus Holz gefertigt werden, könnten tragfähige, leichte Systeme aus diesem Material Chancen für weitere, noch bessere Baulösungen bieten. Entsprechende Entwicklungen in diesem Bereich sind daher, gerade im Holzbau, durchaus willkommen.Nun hat die Universität Kassel (D) im Rahmen des Forschungsprojekts «3DWoodwind» materialeffiziente Hohlprofil-Leichtbauteile aus Holz entwickelt. Grundlegend dafür waren Wickelverfahren, wie sie in der Faserverbundtechnik für hochbelastbare Leichtbauteile, beispielsweise für die Luftfahrt, Verwendung finden. Diese faserbasierten Verfahren arbeiten vor allem mit Kohlenstoff- oder Glasfasern.

Wissenschaftliches Vorgehen

Forschung ist die systematische Suche nach neuen Erkenntnissen sowie deren Dokumentation und Veröffentlichung. Man nimmt das, was man in einem Gebiet schon weiss und versucht mit gezielten Strategien zu neuen Erkenntnissen zu gelangen, auf denen man dann wieder weiter aufbauen kann. Im Idealfall ergeben sich damit Grundlagen, die neue Anwendungen und Produkte ermöglichen. Können Spezialisten aus unterschiedlichen Bereichen an einem Forschungsprojekt arbeiten, steigt das Entwicklungspotenzial und damit oft auch die Möglichkeit der wirtschaftlichen Nutzung. Besonders zielführend ist die Zusammenarbeit von Wirtschaftsbetrieben und Forschungsanstalten.

Perfekt überlagernde Bänder

Beim Projekt «3DWoodwind» haben sich die Forscher, als Material zum Wickeln, für schmale, endlos verbundene Furnierstreifen aus Buche entschieden, womit dessen statische Materialvorteile bedingt genutzt werden können. Die Holzfasern sind schliesslich intakt, durchgängig und somit auch zugfest. Als Kern, den man umwickeln kann, sollte eine Tragstruktur aus dünnen Multiplexplatten dienen. Im Gegensatz zu Fasermaterial ist Furnier steifer und nicht in jede Richtung problemlos biegbar. Die Streifen müssen sich somit flach und faltenfrei um die Tragstruktur wickeln und miteinander verkleben lassen, damit die maximal mögliche Belastbarkeit erreicht wird. Das sowie die statischen und dynamischen Kräfte bestimmen die erforderliche Formgebung eines solchen Bauteiles mit.

Die Holzfaserrichtung gezielt einsetzen

Während die Multiplexkonstruktion bei einer Säule den Grossteil des senkrechten Drucks aufnimmt, wirkt die Furnierhülle einerseits versteifend durch die Verleimung der Streifenschichten, und andererseits ergibt sich durch die hohe Zugfestigkeit Widerstand gegen mögliche Verwindungskräfte. Es ist daher wichtig, dass in mehreren Wickelschichten die Ausrichtung der Furnierstreifen entsprechend der dynamisch einwirkenden Kräfte unterschiedlich gerichtet werden. Nur so lässt sich – mit der Laufrichtung der Holzfasern – die jeweils maximale Zugfestigkeit und der notwendige Widerstand erreichen.

Für die Modellierung wickeltauglicher Säulen, die vorgegebenen statischen Ansprüchen genügen, wurde ein Computerprogramm mit einer künstlichen Intelligenz (KI) als Entwurfsassistenz geschaffen. Eingebettet in diese Entwurfsumgebung hilft sie effiziente Lösungen zu entwickeln.

Kleben, ohne zu pressen

Das robotergestützte, reproduzierbare Aufbringen und Wickeln der Streifen bedingt ein Vorgehen ohne die Möglichkeit des Pressens bei der Verleimung. Der Roboterkopf mit der Furnierrolle bringt einerseits den Klebstoff auf und sorgt andererseits für eine derart hohe Zugkraft beim Wickeln, dass eine erfolgreiche Verklebung entsteht.

Das Verbundforschungsprojekt hat, inklusive einer entsprechend gestalteten KI, zu digitalen Konstruktionsprinzipien und automatischen Fertigungsprozessen geführt. Damit lassen sich tragfähige Hohlkörper aus Holz für Hochbauten mittels einer durchgängig digitalen Prozesskette fertigen. Die Resultate ebnen den Weg, um in Zukunft, so sagen die Forschenden, sogar Beton- und Stahlbauteile im Hochbau ersetzen zu können.

www.uni-kassel.de/go/edek

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 29. August 2024 / Ausgabe 35/2024

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