Historisch korrekt, aber modern
Eine Waadtländer Besonderheit, die in der Deutschschweiz nicht oft angetroffen wird, ist der Wolfs-rachenverschluss.
Eine Waadtländer Besonderheit, die in der Deutschschweiz nicht oft angetroffen wird, ist der Wolfs-rachenverschluss.
Erhalten. Auch Fenster von historischen Bauten müssen in vielen Fällen heutigen Standards genügen, damit die Gebäude weiterhin sinnvoll genutzt werden können und ihren Wert behalten. Die Anforderungen gehen von optisch und funktionell gleich, bis zu modern dämmend.
Wie würden Ortschaften wirken, wenn die Reparaturen an deren Gebäuden wahllos immer mit den Produkten, die gerade in Mode sind, ausgeführt würden? Moderne Bauten mit stimmiger Erscheinung ständen zwischen Häusern, die über die Jahre ihr Gesicht verloren hätten. Die so fehlende Identität von Gebäuden, Quartieren und ganzen Dörfern führt zu Gleichgültigkeit, und damit zu einem starken Wertverlust.
Das gut geplante Verändern von alten Gebäuden ergibt, durch das gezielte Spiel mit den Formen, aber durchaus wieder etwas Neues mit einem eigenen Wert. Fenster spielen da eine sehr wichtige Rolle.
Manche Gebäude repräsentieren so eine bestimmte Epoche; die Erinnerung daran soll bewahrt werden, um den gesellschaftlichen Wandel sichtbar zu halten, denn der kulturelle Hintergrund einer Gesellschaft definiert diese überhaupt und macht sie für andere interessant. Das ist auch für eine Region von wirtschaftlichem Interesse. Um Wert zu erhalten, dürfen aber selbst diese Bauten nicht einfach alt bleiben. Sie sollen ihre Identität und Ausstrahlung bewahren, aber wieder entsprechend der heutigen Zeit nutzbar sein.
Bei Fenstern bedeutet das, dass sie zeitgemäss schützen – also entsprechend den heutigen Möglichkeiten und Anforderungen. Wer das fordert, erwartet dann den gleichen Komfort wie in einem Neubau, und das bei annähernd gleichem Energieaufwand.
Als Beispiel geradezu prädestiniert ist ein historisches Bauwerk in Vevey: Hier wurde zwischen 1840 und 1846 das Château de LAile zum ersten grossen neogotischen Gebäude im Waadtland erweitert. Dieser Umstand und die sehr gelungene Ausführung machen es schützenswert.
Bei der jetzigen Renovation gab es entsprechende Auflagen vom Heimatschutz, aber auch vom vorherigen Besitzer. Optisch durfte das Schloss nicht verändert werden, und dennoch muss es nun entsprechend heutigen Anforderungen an Komfort und Energieverbrauch nutzbar sein.
Technisch sind Fenster mit verspielten oberen Querfriesen im Flügel- und Rahmenbereich mit Einfachverglasung soweit gut machbar. Die IV-Verglasung mit einem zeitgemässen U-Wert machte die Umsetzung da schon wesentlich anspruchsvoller. Hinzu kam ein Wolfsrachenverschluss statt einer überfälzten Mittelpartie der Flügel. Diese Schliessung mit einem runden und einem hohlen aufrechten Fries liess keine konventionelle Dichtungsmethode zu. So musste eine eigene Lösung zur Abdichtung für dieses Detail gefunden werden.
Der Umstand, dass die verlangten Fischbänder zwar sehr schön, aber nicht einstellbar sind, erforderte viel Präzision sowie auch eine verdrehungsfreie Flügelkonstruktion. Absolut präzise musste auch die Fenstermontage ausgeführt werden, damit alle Funktionen wirksam sind und langfristig beständig bleiben.
Verschiedene regionale Fensterbauer, die auf Heimatschutzobjekte spezialisiert sind, wurden aufgefordert, bemusterte Vorschläge zu machen. Angeboten hat auch die Firma Vogel Fensterbauer AG aus Goldach SG, die über ihren Partnerbetrieb Baer SA in Vevey vertreten ist.
Die vorgegebenen Anforderungen lassen die Verwendung eines üblichen Denkmalschutzfensters aus erklärten Gründen nicht zu. Anhand vorhandener Fenster und mit Originalbeschlägen schufen die Techniker in Goldach eine Antwort, die moderne Erwartungen erfüllt, praktisch identisch aussieht und über einen Wolfsrachenverschluss verfügt. Sie bekamen den Auftrag und die Mitarbeitenden der Firma Baer SA montierten alles zusammen mit ihren eigenen Innenausbauspezialisten vor Ort.
Alte Fenster zeugen von den technischen Möglichkeiten jener Zeit und dem damaligen Nutzungsverhalten. Entsprechend bringt der Wandel in die heutige Zeit immer wieder eine intensive Auseinandersetzung mit sich, um die optische Wirkung zu bewahren. Diesen Aufwand kann und will nicht jede Herstellerfirma auf sich nehmen.
Die Vogel Festerbauer AG hat beispielsweise ihre Sammlung von Fenstern aus vielen Jahrhunderten in einem kleinen hausinternen Museum aufgebaut. Darin können ihre eigenen Techniker an alten Dingen nach neuen Lösungen suchen. Entsprechend ist die ganze Firma auf Speziallösungen bezüglich historischer Fenster ausgerichtet, was sie von anderen Unternehmen dieser Grösse auch in der Produktionstechnik unterscheidet. Anfertigungen werden nicht nur mit modernen Maschinen, sondern auch handwerklich erzeugt. Die Spezialisten fertigen das gesamte Produkt bis zur Einfügung von Bleiverglasungen in IV-Elemente, die eine interne Fachperson restaurieren kann.
www.vogel-fensterbauer.chwww.baermenuiserie.chVeröffentlichung: 08. Januar 2015 / Ausgabe 1-2/2015
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