Hellhörig

Der Kämmereisaal im «Riverside» in Glattfelden: Eine in die Akustiksegel integrierte Deckenbeleuchtung macht das Gewölbe zum Blickfang. Bild: Regina Weber

Akustik und licht.  Mit einer direkten Kombination von Akustik- und Lichtlösung lassen sich spezielle Raumgestaltungen realisieren. Gelungene Umsetzungen zeugen von einem guten Gespür der beteiligten Planer für den betreffenden Raum.

Die Kombination von Akustik und Licht verbindet zwei wesentliche Themen in der Architektur. Eine der jeweiligen Nutzung eines Raumes nicht angemessene Akustik nehmen die meisten Menschen mindestens unbewusst wahr. Sie führt dazu, dass man sich in einem Raum nicht richtig wohl fühlt. Auch zeigen Untersuchungen in Klassenzimmern, dass sich eine schlechte Akustik und Lärm beträchtlich auf die Leistungsfähigkeit von Lehrern und Schülern auswirkt.

Ebenfalls wichtig ist eine der jeweiligen Nutzung entsprechende Raumbeleuchtung. Lichtintensität, Lichtfarbe und das Oberflächenmaterial von Boden, Decke und Wänden wirken sich auf die visuelle Leistungsfähigkeit des Menschen aus. Aber auch auf seine Aufmerksamkeit sowie das Wohlgefühl wirken sich die Lichtverhältnisse aus. In der Regel beansprucht die Beleuchtung nur einen kleinen Teil jener Flächen, die für akustische Massnahmen an Decken oder Wänden notwendig sind. Die nachfolgenden Beispiele sollen zeigen, dass sich auch durch eine direkte Kombination von Akustik- und Lichtlösung reizvolle gestalterische Möglichkeiten ergeben.

Akustik vom Schreiner

Seine Ursprünge hat Roland Weber, Inhaber der BBF Weber in Fehraltorf, im Deckenbau. Die Ergänzung seines Betriebes um eine Schreinerei ermöglichte ihm später das Ausführen komplexer Innenausbauten. Webers Hauptinteresse und Leidenschaft gilt der Entwicklung und Planung von Akustikprodukten, die er mit seinen Mitarbeitern auch selbst herstellt und montiert. In enger Zusammenarbeit mit Architekten und Fachplanern erarbeitet das Unternehmen individuelle Akustiklösungen und kann auf dem Gebiet spezieller Akustikausbauten mittlerweile auf eine langjährige und umfangreiche Erfahrung zurückgreifen. Weber bevorzugt besondere Projekte. «Ich arbeite gerne mit innovativen Architekten zusammen», sagt er. Ihm gefalle die Herausforderung, deren Visionen umzusetzen.

Seine Akustikprodukte gestaltet Weber mit verschiedenen Materialien aus, seien es Holzwerkstoffe, Acrylglas, Metall oder Melaminschaum. Auch Textilien setze er häufig ein, erzählt er. Auf der Suche nach der optimalen Umsetzung einer akustischen Lösung sind oftmals zahlreiche Versuche notwendig: der richtige Stoff oder das passende Vlies müssen gefunden werden. So entwickelt Weber häufig auch Prototypen. «Als Planer weiss man das sehr zu schätzen», sagt der Akustiker Martin Lachmann, der bereits verschiedene Projekte mit BBF Weber realisieren konnte.

Poesie des Raums

«In schönen Räumen wirken Raumklima, Farben, Licht und Akustik immer zusammen. Der Raum muss als Ganzes funktionieren, damit sich die Menschen darin wohlfühlen», so Weber. Der Einbau von Leuchten in Akustikelemente sei für ihn eine eher seltene Aufgabe. Im «Riverside» in Glattfelden beispielsweise hat er sie ausgeführt. Hier entstand im Gebäude einer ehemaligen Garnspinnerei ein Business- und Freizeitzentrum. Der ursprüngliche Kämmereisaal wurde zu einer Räumlichkeit für Bankette und Veranstaltungen umgebaut. Um den Charakter des Raums zu wahren, wurden in den Gewölben Deckensegel montiert. Die Elemente sind beidseitig akustisch wirksam. Dadurch verdoppelt sich ihre Absorptionsfläche nahezu (siehe Box) . Die Akustikelemente in Flügelform sind aus einer Holzknaggenkonstruktion, einer perforierten Sperrholzplatte, Vlies und einer Stoffbespannung aufgebaut, die Oberseite ist mit Lochblech abgedeckt.

Auf der Elementunterseite eingebaute Niedervoltleuchten werfen direktes Licht auf die Tische. Die gewünschte Stimmung im Saal erzeugen in die Deckenbeleuchtung integrierte dimmbare FL-Röhren. Für deren Einbau sind auf der Oberseite der Akustikelemente Blechgehäuse integriert, die mit Gipskartonplatten und Spiegelbeplankung verkleidet sind. Diese indirekte Beleuchtung betont, was die Akustiksegel gleichzeitig teilweise verdecken: Das Gewölbe wird zum Blickfang im Saal, die sichtbare Licht- und Akustiklösung dient als gestalterisches Element.

Elegant kombiniert

Eine aussergewöhnliche Akustiklösung wählten auch Smolenicky + Partner Architek-ten für den Clubhausneubau des Golfclubs Sempachersee. Die Sonderanfertigung erforderte ebenfalls eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Architekten, dem Hersteller und dem Montageunternehmen. Das Clubhaus beherbergt unter anderem einen den Mitgliedern vorbehaltenen Gastronomiebereich. Die Decken und Wände der Räumlichkeiten sind mit rot lackierten Akustikpaneelen «Topperfo Graphic» von N’H Akustik + Design verkleidet. Deren orientalisch anmutende Blumenmuster werden durch die im Rückraum angeordneten Leuchten zur Geltung gebracht. Zur Realisierung dieser dimmbaren Hinterleuchtung ist eine Schicht Mineralwolle an den Decken und Wänden befestigt und mit einem Tuch überdeckt. Es ist lackiert und wird von FL-Röhren angestrahlt. Ein normales Akustikvlies ist lediglich auf jenen Paneelrückseiten aufkaschiert, die nicht beleuchtet sind. Downlights ergänzen die stimmungsvolle Lichtwirkung von Wänden und Decken. Gemäss dem Hersteller sind die Akustikpaneele mittels eines speziellen Systems befestigt, lassen sich also einzeln demontieren.

In diesen Räumen haben die Architekten die grosse Flächen besetzende Akustiklösung elegant mit deren Hinterleuchtung kombiniert. Mit Akustikplatten verkleidete Räume hätten oftmals ein etwas uniformes Aussehen. Beim Clubhausneubau sei es seine Absicht gewesen, diese Situation zu modifizieren, sagt der Architekt Joseph Smolenitzky.

Akzente im Raum

Für eine Kombination von Akustik und Licht bieten sich auch Kunststoffglas-Platten an. Eine solche Umsetzung befindet sich im Logistikgebäude des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in Genf. In dessen Bürotrakt wurden akustisch wirksame Kunststoffglas-Platten von Akustik &  Raum als Lichtdecken und Brüstungsverkleidungen montiert. Das Trägermaterial bildet ein Wabenkern aus transparentem Polycarbonat. Dieser ist auf beiden Seiten mit ebenfalls aus Polycarbonat bestehenden, transluzenten und leicht mattierten Deckschichten verklebt, die nur 0,5 mm stark sind. Diese wiederum sind beidseitig ungleichmässig mit einer Mikroperforation versehen. Als schallabsorbierende Wand- oder Deckenbekleidung eingesetzt, lassen sich die Platten aufgrund ihrer transluzenten Eigenschaften gut hinterleuchten und können so gestalterische Akzente im Raum setzen. Polycarbonat ist teurer als andere Kunststoffe, jedoch form- und hitzebeständiger als zum Beispiel Acrylglas. Der Hersteller empfiehlt trotzdem, beim Auswählen der Leuchtmittel auf möglichst geringe Wärmeentwicklung zu achten. Es bieten sich LED-Lösungen an.

Ruhiges Deckenbild

«Man soll nicht sehen, woher das Licht kommt», so lautete der Entwicklungsansatz für Deckenelemente, die Akustik und Licht in einem System vereinen. An der Entwicklung dieser Lösung waren der Plattenhersteller Egger, akustik plus, das Bartenbach Lichtlabor und Digital Elektronik beteiligt. «Es ist ein branchenübergreifendes Projekt. Akustik plus bietet das System gebündelt an», so Dagmar Eichhorn von akustik plus. Die Lösung kombiniert auf die jeweili- gen raumakustischen Anforderungen abgestimmte Akustikplatten von Egger mit dem Beleuchtungssystem «Aurilux». Durch die speziell entwickelte Linsenoptik der High Power LED wird das Licht in einem Fokus unterhalb der Linse gebündelt und in einem blendungsfreien Strahlungskegel abgegeben. Dadurch sind in der Deckenuntersicht lediglich 8 mm kleine Öffnungen sichtbar. Hinter der akustisch wirksamen Oberfläche verbergen sich in einer kompakten Gehäusekassette die High Power LED mit den Linsenoptiken und der Treiberelektronik. Diese Einheiten bilden ein steckerfertiges System, das modular aufgebaut ist und unterschiedlichste Anordnungen wie Linien oder Felder ermöglicht. Bei dieser Lösung soll die Leuchte die Beleuchtung des Raums leisten und selbst nicht formal in Erscheinung treten.

www.bbf-weber.chwww.topakustik.chwww.akustik-raum.chwww.akustik-plus.com

Hintergrund

Raumakustische Grössen

Die Nachhallzeit bildet die Grundlage zum Bewerten von raumakustischen Situationen. Einfach ausgedrückt gibt sie die Zeitdauer an, die ein im Raum abklingendes Schallereignis benötigt, um unhörbar zu werden. Die DIN 18041 unterscheidet bezüglich optimale Nachhallzeit zwischen den drei Kategorien «Musik», «Sprache» und «Unterricht».

Je grösser ein Raum, desto länger ist in der Regel seine Nachhallzeit. Absorbierende Flächen wie Teppiche, Vorhänge, schallabsorbierende Decken und Wände, aber auch Mobiliar oder anwesende Menschen vermindern sie hingegen. Das Raumvolumen und die Absorptionsflächen in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen, ist eine wesentliche Aufgabe von akustischen Planungen.

In einem zweiten Schritt ist über die optimale Positionierung von reflektierenden und absorbierenden Flächen im Raum nachzudenken. Der frequenzabhängige Schallabsorptionsgrad beschreibt die Eigenschaft eines Materials, auftreffenden Schall in andere Energieformen – wie Wärme oder Bewegung – umzuwandeln und somit zu absorbieren. Doch nicht alleine die Auswahl des Materials ist ausschlaggebend für dessen schallabsorbierende Wirkung im Raum. Entscheidend ist auch, welche Fläche davon vorhanden ist. Durch multiplizieren des Schallabsorptionsgrads eines Materials mit dessen Fläche erhält man die äquivalente Schallabsorptionsfläche. Die Summe aller Schallabsorptionsflächen im Raum fliesst gemeinsam mit dem Raumvolumen in die Formel von Sabine ein, mit der sich die Nachhallzeit berechnen lässt.

RW

Veröffentlichung: 13. März 2014 / Ausgabe 11/2014

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