Hat der Backofen ausgedient?

Alles in einem Turm: Kompaktbackofen, Normalbackofen und Wärmeschublade. Bild: Electrolux

EinbauBackofen.  Vielfach weiss der Kunde, welchen Typ Backofen er möchte. Ist er jedoch noch unsicher, kann es nicht schaden, zusammen mit dem Küchenbauer einige Themen genauer anzuschauen. Dabei erfordert die bedürfnisgerechte Beratung vom Schreiner viel Feingefühl.

Gemäss der schier allwissenden Wikipedia ist der Backofen «ein elektrisch oder brennstoffbeheizter Apparat zum Backen, Braten und Grillieren von Lebensmitteln». Verständlicherweise hat sich das Kochwerkzeug im Laufe der Jahre weiterentwickelt: vom einfachen Loch im Boden über Türme aus Lehm bis zu den «Ofehüsi», den kleinen Backhäusern, die ganzen Quartieren nicht nur als Back-, sondern zugleich als Begegnungsort gedient haben. Durch die gemeinsame Nutzung war hier die Auslastung besonders hoch.

Heute sind Backöfen individuelle Lifestyleobjekte. Keiner will sie in den eigenen vier Wänden missen, dienen sie doch nicht mehr nur zum Backen von Brot, sondern gleichzeitig zum Kochen verschiedenster Gerichte. Wer von Backofen spricht, meint in der Regel den elektrisch betriebenen Einbaubackofen. Dieser kann heute um einige Zusatzfunktionen erweitert sein. Erstes Fazit: Der Backofen hat nicht ausgedient, er geht nur mit der Zeit.

Ein anderer Zugang

War der Backofen vor einigen Jahren noch vorwiegend in den Herd integriert, ist er nun oft vom Kochfeld getrennt. Zu dieser Änderung haben ergonomische und gestalterische Gründe beigetragen. Hauptsächlich dürfte die Änderung durch neue Touchdisplays herbeigeführt worden sein, welche die klassischen Bedienknöpfe überflüssig machten. «Die Anordnung nahe am Boden war für eine komfortable Bedienung ungeeignet», lässt Beat Karrer, Produktmanager von Electrolux verlauten. «Die Reinigung gestaltete sich geradezu mühsam.» Also hat man das Gerät kurzerhand in die Höhe gehievt. «Backöfen werden mit Vorteil unterkant auf der Arbeitshöhe von 900 mm eingebaut», so Beat Karrer. Mehrere Geräte platziert man deshalb am besten nebeneinander. Diese Anordnung ist aus Platzgründen aber oft nicht möglich. Bei einem Kochturm kann der untere Backofen deshalb auch einmal tiefer liegen. Der Bedienkomfort wird mit Vollauszügen noch erhöht, die für viele Modelle als optionales Zubehör erhältlich sind. Zweites Fazit: Der Backofen hat nicht ausgedient, er hat nur den Standort gewechselt.

Wann kommt die neue Energieetikette?

«Wegen der starken Zunahme von Kleinhaushalten in urbanen Zentren wurden die Geräte kleiner gestaltet», bemerkt Jürg Berner. Er ist Fachdelegierter des Fachverbandes für Elektroapparate für den Haushalt und das Gewerbe (FEA). So sind Geräte mit der halben Einbauhöhe von 380 mm für die SMS-Norm sowie 450 mm für die europäische 60er-Norm gerade in neuen Küchen keine Seltenheit. «Der Backofen wurde aber auch aus Energiegründen kleiner», ergänzt der Fachmann. Nicht jedes Backgut erfordere einen um die 60 Liter aufgeheizten Innenraum, begründet er seine Aussage. Die Hälfte reiche da meist vollständig aus. Die Energiefrage wird sich in Zukunft vermehrt stellen. Zurzeit ist für diese Gerätekategorie zwar noch die alte Energieetikette in Kraft – mit der Konsequenz, dass fast sämtliche Backöfen in der besten Kategorie A zu finden sind. Die Hersteller versuchen sich von der Konkurrenz abzuheben, indem sie die Energieklasse durch eine Prozentzahl ergänzen, die angibt, um wie viel das Produkt die geforderten Werte unterbietet. «Sobald aber die neue Energieetikette – die Einführung erfolgt voraussichtlich Ende 2014 – auch für Backöfen zur Anwendung kommt, werden sich die Geräte stärker voneinander unterscheiden», prognostiziert Jürg Berner. Der Vergleich mit alten Geräten gelte dann nicht mehr, denn es käme ein komplett neues Bewertungsverfahren zur Anwendung.

Relativ kleiner Verbraucher

Grundsätzlich verbraucht die Zubereitung von Speisen im Ofen mehr Energie als in der Pfanne. Trotzdem sei erwähnt, dass der Elektroherd (inklusive Kochfeld) gemäss einer Erhebung der BKW Energie AG mit einem jährlichen Stromverbrauch von ungefähr 450 kWh und etwa 100 Franken pro Jahr im Haushaltsbudget nicht gross zu Buche schlägt. Wichtiger wird aufgrund der grauen Energie die Lebensdauer des Gerätes sein. Für eine ökologische Nutzung des Backofens empfiehlt das Energieunternehmen, wenn möglich auf das Vorheizen zu verzichten. Bei einer Backdauer über 40 Minuten könne der Ofen zudem zehn Minuten vor Ende der Gardauer ausgeschaltet werden. Auch wer mehrere Backebenen nutzt, hilft Strom und nicht zuletzt auch Geld sparen. Backen auf mehreren Ebenen gelingt allerdings nur mit Um- oder Heissluftsystemen.

Tendenz zu Kombisteamer spürbar

Beat Karrer von Electrolux nennt einen weiteren Grund, weshalb die Tendenz hin zu Kompaktgeräten und zum Hocheinbau spür- bar ist. «Mit zwei kleinen Geräten ist man viel flexibler als mit einem grossen», sagt er. Es sei jedoch darauf zu achten, dass sich die beiden Geräte von den Funktionen her gut ergänzen. Elektroherde und Backöfen werden in einer Statistik des deutschen Zentralverbandes ZVEI zusammen erfasst. Die Statistik wies für diesen Bereich im Jahr 2010 eine Marktsättigung von 86% aus. In der Schweiz dürften es weit über 90% sein. Details publiziert der FEA jedoch nicht öffentlich. Zahlen des Küchenverbandes (KVS) verraten aber, dass die Schweizer Norm gegenüber der Euronorm weiter an Boden verliert. In der Praxis dürften hie und da Eurogeräte mit Höhenteilungsadapter eingebaut werden, um trotzdem im SMS-Höhenraster bauen zu können. «Die SMS spielt vor allem im Ersatzteilmarkt noch eine grosse Rolle», präzisiert Beat Karrer. Den Anteil der so ausgewechselten Herde beziffert er auf ungefähr 50%. Die andere Hälfte seien meist Hocheinbauten. Eurogeräte werden gemäss Angaben von Electrolux zu 70% hoch eingebaut. Eine weitere Aussage von Beat Karrer zeigt die Tendenz zu Geräten mit Zusatzfunktion: «Jeder fünfte Backofen auf dem Markt hat Steamfunktion.» Solche Modelle werden statistisch jedoch als Kombisteamer erfasst. Das führt zum dritten Fazit: Der Backofen hat nicht ausgedient, er wird nur neu definiert.

Kundenbedürfnisse ernst nehmen

Welcher Backofen der richtige ist, entscheiden die Kochbedürfnisse und -fähigkeiten des Kunden. Die meisten Gerätehersteller unterscheiden drei Komfortstufen. Basismodelle weisen oft nur eine konventionelle Beheizung durch Ober- und Unterhitze auf. «Semiprofis oder Profis wählen manchmal ein schlichtes Gerät mit wenig Automatik», sagt Beat Karrer. Dafür spiele das Design in diesem Segment eine grosse Rolle. «Niedrigpreisige Geräte dagegen kommen leider oft in Objektküchen zum Einsatz, obwohl auch hier mehrere kleine Geräte ein Verkaufsargument sein könnten.»

Geräte mit hohem Komfort besitzen vielmals jegliche Unterstützung, die man sich mit moderner Programmiertechnik vorstellen kann. Zur Verfügung stehen sämtliche Beheizungsarten. Hersteller Gaggenau beispielsweise bewirbt Modelle mit 17 Heizmethoden. Das Spektrum reicht von Eco-Heissluft über Flächengrill mit Umluft, Kompaktgrill, Backsteinfunktion, über Garen bis hin zu Auftauen und Warmhalten. Die integrierte Elektronik sorgt dafür, dass jede Funktion genau dann zum Zug kommt, wenn sie für die gewählte Tätigkeit oder das ausgesuchte Rezept benötigt wird. Die Rezepte sind per Drehknopf oder Touchdisplay abrufbar. Ein Internetanschluss für Backöfen zum Downloaden von Rezepten ist zwar angedacht, aber noch Zukunftsmusik. Viertes Fazit: Der Megatrend Heimvernetzung wird wohl auch vor traditionellen Geräten nicht Halt machen.

Oft entscheidet halt doch die Front

In vielen Fällen entscheidet sich der Kunde aufgrund des Designs der Fronten für ein Backofenmodell. Dies umso mehr, als dass der Hocheinbau nicht nur besseren Zugang verspricht, sondern auch eine andere Eigenheit mit sich bringt: Der Backofen auf Sichthöhe trägt plötzlich wesentlich zur Erscheinung der Küche bei. Und weil sich der einst vor allem funktionale Raum vermehrt zur Wohnung hin öffnet, wachsen gleichzeitig die ästhetischen Anforderungen an Küchengeräte. Die meisten Hersteller setzen bei Backöfen auf bewährte, zeitlose Farben wie Schwarz, Anthrazit, Weiss und Chromstahl. «Auf modische Farben verzichten wir bewusst, weil unsere Geräte für eine lange Lebenszeit gebaut werden», erklärt Max Leuenberger, CEO der BSH Hausgeräte AG. Eine verspiegelte Backofentür wirkt edel und lässt den Raum durch den Spiegeleffekt grösser erscheinen. Für puristische Küchen mit grifflosen Fronten gibt es mittlerweile auch Backöfen ohne Griff. Ihre Türen sind mit einer automatischen Türöffnung ausgestattet und lassen sich per Knopfdruck öffnen. Anhand der grossen Vielfalt von auf dem Markt erhältlichen Designs dürfte das fünfte Fazit nicht gänzlich im Dampf liegen: Der Backofen hat nicht ausgedient, er wechselt nur sein Kleid.

www.fea.chwww.electrolux.chwww.gaggenau.ch

Beim Verkauf von Backöfen ist es wichtig, auf die Bedürfnisse des Kunden einzugehen. Um eine ehrliche Beratung zu gewährleisten, benötigt es fundierte Kenntnisse des Backofenmarktes. Hier einige Tipps:

Energieverbrauch

Zurzeit schneiden Backöfen mit Energieeffizienzklasse A am besten ab. Den Energieverbrauch findet man auf der Energieetikette am Gerät oder in der Warendeklaration des Herstellerunternehmens.

Bedienung

  • Die Platzierung sollte ergonomisch sinnvoll sein.
  • Ist eine Innenbeleuchtung vorhanden?
  • Wie lässt sich das Modell öffnen?
  • Kann man die Tür aushängen?
  • Ist das Interface mit Drehknöpfen oder Touchscreen ausgebildet?

Ausstattung

  • Welches Beheizungssystem ist eingebaut?
  • Sind kombinierte Funktionen bzw. Beheizungsarten vorhanden?
  • Gibt es eine Zeitschaltuhr?
  • Gibt es Programmautomatiken?
  • Ist eine Gehäusebelüftung vorhanden?
  • Gibt es einen elektrischen Drehspiess?
  • Sind Vollauszüge montierbar?
  • Ist eine Reinigungshilfe (katalytisch) oder Selbstreinigung (pyrolytisch) eingebaut?
  • Kann ein Kerntemperaturfühler angeschlossen werden?

Garantieleistungen

Sofern nichts anderes vereinbart, gilt die gesetzlich vorgeschriebene Gewährleistungsfrist (Garantie) von zwei Jahren. Die Ersatzteilgarantie beträgt 12 Jahre bei Firmen, die dem FEA angeschlossen sind.

Beheizungsarten

Konventionell

Geheizt wird mit Ober- und Unterhitze, eventuell kombiniert mit Grillheizung.

Umluft

Ein konventionell beheizter Backofen ist zusätzlich mit einem Ventilator ausgerüstet, der für die Verteilung der Wärme sorgt. Es kann auf zwei Ebenen gleichzeitig gebacken werden.

Heissluft

Die von einem speziellen Ringheizkörper erwärmte heisse Luft wird von einem Ventilator gleichmässig verteilt. Es kann auf bis zu zwei oder drei Ebenen gleichzeitig gebacken werden. Heissluft-Backöfen können auch mit Ober- und Unterhitze sowie mit einem Grill kombiniert sein.

www.energieschweiz.ch

MW

Veröffentlichung: 01. August 2013 / Ausgabe 31-32/2013

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