Feuchtemessung: Vorsicht Fehlanzeige

Johannes Welling forscht am Johann Heinrich von Thünen Institut (VTI) der Universität Hamburg. Kaum ein anderer weiss so viel über die Holztrocknung.

Interview.  Johannes Welling forscht seit langer Zeit an der Uni Hamburg zum Themenbereich Holztrocknung und gilt als einer der profundesten Kenner auf diesem Gebiet. Im Interview gibt er für Praktiker Auskunft über die Holzfeuchtemessung mit den verschiedenen Methoden.

SchreinerZeitung: Wie realitätsnah sind die Ergebnisse von Holzfeuchtemessungen, die mit elektrischen, nach dem Widerstandsprinzip funktionierenden Handgeräten in der Praxis erzielt werden?
Johannes Welling: Zunächst einmal ist die elektrische Holzfeuchtemessung gängige Praxis, und das aus gutem Grund. Sei es mittels Widerstandsmessung mit Einschlagelektroden oder kapazitiv durch Auflegen eines Gerätes: Beide Verfahren liefern sehr schnell Ergebnisse und sind dabei weitestgehend zerstörungsfrei. So kann man schnell und effektiv an vielen verschiedenen Stellen messen.
Mit der Darrmethode hat man zwar die Möglichkeit, genaue Ergebnisse zu erzielen, aber immer nur an einigen wenigen Stellen. Durch die zerstörende Prüfung sucht man natürlich Stellen am Holz aus, das man sowieso nicht verwenden möchte. Macht ein Schreiner eine Darrprobe, ist also durch die Auswahl des Stückes immer schon das Risiko gegeben, dass die Probe für die gesamte Charge nicht repräsentativ ist. Deshalb würde ich sagen, an den etablierten Verfahren der elektrischen Holzfeuchtemessung geht so schnell kein Weg vorbei. In 95% aller Fälle kann man diese Verfahren vernünftig einsetzen, vorausgesetzt, der Messende ist sich über die Verfahrensabläufe und Grundsätze im Klaren. Man kann natürlich bei der Messung auch viele Fehler machen.
Sind Sie kein Freund der Darrprobe?
Praktikable Darröfen mit integrierter Waage sind mit weit über 1000 Franken recht teuer. Und es dauert einfach lange, bis man das Ergebnis für ein Stück Holz erhält. Wenn man elektrisch an mehreren Stellen misst, hat man schneller Ergebnisse von hohem Informationswert.
Können Sie eine Einschätzung geben, inwieweit sich die tatsächlichen Holzfeuchten von den gemessenen Werten in der Praxis unterscheiden? Wie gross ist der Einfluss nicht exakter Vor- gehensweise?
Das kann man so generell gar nicht beantworten. Bei einer Holzfeuchte zwischen etwa 7 und 25% sind die Messungen recht verlässlich, sprich auf +/– 1 bis 1,5% genau. Aber es kommt massgeblich auf die richtige Anwendung an.
Nehmen wir als Beispiel eine 70 mm dicke Eichenbohle, die noch nicht ausreichend durchgetrocknet ist. Die hat an der Oberfläche 8% und in der Mitte 18% Feuchte. Wenn Sie jetzt mit einer 10 mm Nadel nur die oberflächennahen Bereiche messen, dann bekommen Sie vielleicht 10 oder 12% Holzfeuchte angegeben. Nehmen Sie eine lange Nadel und schlagen diese auf ein Drittel der Holzdicke ein, bekommen Sie als Ergebnis vielleicht 15%. Und wenn Sie bis in die Mitte durchschlagen, erreichen Sie die 18%. Das heisst, mit ein und derselben Methode an demselben Stück können sie völlig unterschiedliche Messergebnisse erzielen. Das darf man aber der elektrischen Holzfeuchtemessung nicht ankreiden. Wenn ich aus den drei Messungen den Mittelwert errechne, erhalte ich annähernd die tatsächliche Holzfeuchte. Wähle ich ein Drittel Brettdicke als Einschlagtiefe, so erreiche ich etwa das Gleiche.
Nur, das ist für den Schreiner auch nicht die Erkenntnis, die ihm weiterhilft. Denn von einer mittleren Holzfeuchte hat er nichts, wenn sich das Holz während oder nach der Verarbeitung noch verformt. Der Praktiker muss etwas über die Feuchteverteilung im Holz wissen und sollte deshalb entsprechend an verschiedenen Stellen und in unterschiedlichen Tiefen messen.
Welchen Einfluss hat die Temperatur des Holzes auf die elektrische Holzfeuchte- messung?
Einen sehr grossen. Die Holzfeuchte selbst ändert sich nicht, aber die Anzeige des Holzfeuchtemessgerätes ändert sich mit der Temperatur. Aus diesem Grunde haben die meisten Geräte, die nach dem Widerstandsprinzip arbeiten, eine Korrekturmög-lichkeit für die Holztemperatur implemen-tiert. Deshalb muss man vor der Holzfeuchtemessung die Temperatur auf maximal +/– 10 °C – besser noch genauer – schätzen und entsprechend das Messgerät einstellen. Dann kompensiert das Gerät bei der Messung den Temperatureinfluss. Macht man das nicht, kann man ganz erheblich daneben liegen. Als Daumenwert gilt: pro 10 °C falsch geschätzte Temperatur wird das Ergebnis um 1% Holzfeuchte verfälscht.
Aber wir haben überhaupt noch nicht über die kapazitive Messmethode gesprochen, die ja nicht zerstörend ist. Mit dieser Messmethode kann man nur durch Auflegen des Gerätes auf die Oberfläche näherungsweise eine mittlere Holzfeuchte bestimmen. Ein elegantes Verfahren in der Weiterverarbeitung, wenn es schon glatte Flächen gibt und nichts mehr kaputt gemacht werden darf. Die kapazitive Messung ist sehr schnell und bei richtiger Anwendung auch recht genau.
Aber nur für den oberflächennahen Bereich?
Nein, bei modernen Messgeräten kann die Dicke eingestellt werden, und das je nach Gerät in einem Bereich von 10 bis 25 mm.
Und hat man Erkenntnisse über die Richtigkeit der Messungen?
Die Geräte sind etwa so genau wie die elektrischen Widerstandsmessgeräte. Allerdings muss man bei der kapazitiven Messung andere Einflussfaktoren berücksichtigen. Die Geräte erkennen die Menge des Wassers in der Nähe des Sensors, nicht den Anteil des Wassers im Holz. Daraus folgt, dass die Dichte des vorliegenden Holzes bekannt sein muss. Man muss das Gerät also auf die mittlere Dichte des Materials einstellen.
Die besseren Widerstandsmessgeräte be- rücksichtigen die Holzart. Meistens sind dies aber nur wenige Einstellungen. Was mache ich, wenn ich zum Beispiel Teakholz vor mir habe?
Es gibt die ganz einfachen Messgeräte für 30 Franken, wo sie gar nichts einstellen können. Die eignen sich allenfalls für Brenn-holz. Für einen Profi geht es bei einem Widerstandsmessgerät los, wenn das Gerät eine Temperaturkompensation und eine Holzartenkorrektur hat. In aller Regel sind das mindestens vier Gruppen, in welche die verschiedenen Holzarten eingeteilt sind.
Damit hat man schon eine relativ genaue Skala. Denn den Gruppen liegen Widerstandskennlinien zu Grunde für Holzarten, die sich elektrisch ähnlich verhalten. Damit man die Geräteeinstellung vernünftig bewerkstelligen kann, liegt dem Messgerät eine lange Liste der Holzarten mit entsprechender Angabe der zugehörigen Gruppe bei. Das sollte zu einem vernünftigen Ergebnis führen. Dann gibt es Geräte, die durch die Digitaltechnik in der Lage sind, hunderte von Kennlinien aufzunehmen. Und dadurch ergibt sich die Möglichkeit, eine Holzart durch eine eigene Kennlinie genauer zu beschreiben.
Bei der kapazitiven Methode kommen entsprechend Kennlinien der Darrdichten und Listen mit Holzarten einer ähnlichen mittleren Dichte zur Anwendung.

Und wenn ich nun eine Holzart habe, die nicht in den Listen auftaucht – muss ich schätzen?

Ja, wobei man dann bei der elektrischen Messmethode ziemlich daneben liegen kann, weil es hier vor allem auf die Holzinhaltsstoffe ankommt. Dann ist die kapazitive Messung besser.
Für geräucherte Eiche soll die elektrische Widerstandsmessung nicht geeignet sein. Einziges Mittel sei die Darr- probe. Es gibt aber auch wissenschaftliche Publikationen, die selbst diese infrage stellen. Können Sie das erklären?
Richtig ist, dass bei Hölzern, die mit Ammoniak geräuchert wurden, eine elektrische Widerstandsmessung nicht anwendbar ist. Denn beim Räuchern laufen Prozesse im Holz ab, welche das Ergebnis einer solchen Messung unsinnig machen.
Ammoniak ist ein polares Gasmolekül, ähnlich dem Wasser. Es lagert sich im Holz an den gleichen Stellen wie Wasser an. Auch führt Ammoniak genauso wie Wasser zu einer Quellung und beim Entweichen zum Schwinden des Holzes. Bei der Darrmethode tritt nicht nur Wasser, sondern auch Ammoniak aus. Es ist über die Darrmethode aber nicht erkennbar, welcher Anteil Wasser und Ammoniak ausgetreten ist. Wegen der Mischung zwischen Ammoniak- und Wassergehalt muss also das Holz gut ausgelüftet sein. Nur dann kann man näherungsweise mit der Darrmethode die Holzfeuchte von geräuchertem Holz bestimmen.
Und die kapazitive Messung?
Die hat das gleiche Problem, weil die Verfälschung durch das polare Ammoniakgas ganz erheblich ist. Die Darrprobe scheint mir hier die geeignete Variante zu sein.
... wenn das Holz beim Entweichen des Ammoniaks schwindet, dann ist es für den Schreiner ja egal, ob es sich um Ammoniak oder Wasser handelt. Es hat die gleiche praktische Konsequenz.
Das ist richtig, nur ist nicht bekannt, ob beide dieselbe Wirkung haben. Also ob je ein Teil Wasser und Ammoniak auch zu je einem Teil für das Schwinden und Quellen verantwortlich ist. Klar ist nur, dass beide in die gleiche Richtung wirken.
Vor Kurzem habe ich einen Versuch gemacht und dabei klimatisierte Holzproben über mehrere Stunden intensiv mit Ammoniak behandelt. Dabei hat sich gezeigt, dass die sieben Zentimeter breiten Probestreifen nach der Begasung um etwa zwei Millimeter gequollen waren, ohne dass dabei Wasser im Spiel war.
Das heisst: Ammoniak quillt stark. Damit ist die praktische Konsequenz: schlecht abgelüftetes Material führt genauso wie zu hoher Wassergehalt zu enormen Schwierigkeiten in der Praxis. Und: die Prüfung nach der Darrmethode wird zunehmend genauer, je besser das Ammoniak aus dem Holz herausgetreten ist.

BauFeuchtemesseung

Gleiche Prinzipien, gleiche Merkmale

Beim Verdacht auf zu viel Feuchtigkeit im Putz und Mauerwerk können Handmessgeräte zur Bestimmung der Materialfeuchte eingesetzt werden. Inzwi- schen gibt es, analog zu den Geräten für die Holzfeuchtemessung, elektrische Widerstandsmessgeräte für die Feuchtebestimmung in mineralischen Werkstoffen. Auch kombinierte Geräte sind am Markt. Neben etwas anderen Nadeln als Einschlagelektroden benötigt es die entsprechenden Kennlinien für das vorliegende Material, das dazu bekannt sein muss. Ansonsten gelten die gleichen Vor- und Nachteile wie bei der Holzfeuchtebestimmung mittels der elektrischen Widerstandsmessung.

Auch die kapazitive Messung ist für mineralische Materialien geeignet. Die Feuchtebestimmung erfolgt über das Auflegen der Messbügel. Bei dieser dielektrischen Messung muss die Rohdichte des zu messenden Materials bekannt sein. Bei unebenen Flächen ist darauf zu achten, dass die Messkontakte vollständig aufliegen.

Die Darrmethode liefert bei exakter Anwendung genaue Ergebnisse. Die Zeit zwischen Probeentnahme und Durchführung der Darrtrocknung kann aber zu Verfälschungen führen. Je nach Material ist eine geeignete Trocknungstemperatur zu wählen.

Mikrowellenmessung

Das Verfahren gilt als schnell, aber teuer. Allerdings lässt sich damit der Wassergehalt in Baukörpern auch in grös- seren Tiefen (bis 25 cm) bestimmen.

CM-Prüfung

Materialproben werden mit einem Mörser zerkleinert (Steine aussortiert) und gewogen. Zusammen mit Stahlkugeln und Calciumcarbid wird das Messgut in eine Druckflasche mit Manometer gegeben und geschüttelt. Die chemische Reaktion erzeugt Druck, der auf dem Manometer abgelesen wird. Das Verhältnis zur Probenmenge ergibt den Wassergehalt in Prozent, den man aus Tabellen ablesen kann.

ch

Veröffentlichung: 03. Mai 2012 / Ausgabe 18/2012

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