Elektrisierende Lösungen für Möbel
Mit «Avantech You Illumination» hat Hettich sein Programm an Schubladen erweitert. Bild: Hettich
Mit «Avantech You Illumination» hat Hettich sein Programm an Schubladen erweitert. Bild: Hettich
Stromführung. Eine stimmige Beleuchtung ist für das Ambiente eines Raumes massgebend. Fertige Baukastensysteme erlauben es den Schreinern, in einigen Fällen eigene Lösungen zu planen und zu realisieren, ohne dass der Elektriker aufgeboten werden muss.
Aus dem Badezimmer kennt das wohl jeder: Spiegelschränke verfügen gerne über eine oder mehrere Lampen, und oft findet sich im Schrankinneren auch eine Steckdose. Diese Nassraummöbel müssen die Installationsnorm IPX4 erfüllen und zudem als Leuchten geprüft werden. Sie werden von darauf spezialisierten Firmen produziert, deren Elektriker die Arbeiten mit den Strom führenden Elementen ausführen.
Bei traditionellen Schweizer Betten verfügte das Kopfhaupt fast immer über eine Beleuchtung. Damit diese im Fabrikationsprozess eingebaut werden konnte, wurden die kompletten Komponenten von einem Leuchtenhersteller vorkonfektioniert, sodass sie sich mit unverwechselbar steckbaren Verbindungen montieren liessen. Das kann nach wie vor eine Lösung für Schreiner sein, wenn von Beginn weg ein entsprechend zertifizierter Fachbetrieb hinzugezogen wird. Der Elektriker bestimmt die Möbelkonstruktion mit, damit die Installationsvorschriften eingehalten und die elektrischen Komponenten entsprechend der geltenden Vorschriften ausgeführt werden können. Kontrollorgan für diese technischen Ausführungen ist das Eidgenössische Starkstrominspektorat (ESTI), denn die korrekte Verkabelung der perfekt aufeinander abgestimmten Komponenten sowie die Einhaltung von Einbauvorgaben sind sicherheitsrelevant. Schliesslich will niemand einen Stromschlag, einen Wohnungsbrand oder dergleichen riskieren.
Da Lampen früher Glühbirnen oder die noch heisseren Halogenbirnen enthielten, musste der Wärmeentwicklung besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Klare Vorgaben bezüglich Möbelkonstruktion sowie des Einbaus waren enorm wichtig. Und das ist auch heute noch so – auch wenn die Wärmeentwicklung mit den LED-Lampen für die Möbel meist keine Gefahr mehr darstellt. LEDs werden zwar nur warm, doch sie vertragen keine Hitze. Daher werden Leuchten so gebaut, dass die Wärme ohne die Gefahr eines Hitzestaus abgeleitet wird, beispielsweise mit Aluprofilen bei den LED-Streifen. Immer noch gefährlich sind falsche Anschlüsse, die zu überhitzten Kabeln oder Geräten führen, sowie Kurzschlüsse, die Brände auslösen können. Fachlich ausgeführte, korrekte Anschlussarbeiten sind daher zwingend.
Damit Schreiner, beispielsweise bei der Küchenmontage, unabhängiger vorgehen und Küchengeräte selber anschliessen können, bietet die Höhere Fachschule Bürgenstock das Seminar «Anschlussbewilligung für Schreiner» an. Dieses dient als Vorbereitung auf die anschliessende, separate Prüfung beim ESTI. Solcherart ausgebildete und geprüfte Personen haben somit die offizielle Kompetenz für Anschlussarbeiten im Niederspannungsbereich laut Artikel 15 der Niederspannungsverordnung (NIV).
Lösungen, die auch von Laien installiert werden können und auch dürfen, kommen heutzutage vermehrt von den Herstellern von elektrischen Komponenten. Die Julius Blum GmbH im österreichischen Höchst bietet mit «Amperos» eine Lösung an, um Möbel mit Strom zu versorgen. «Amperos AC» ist eine 230-V-Einzellösung, mit der Geräte direkt in einer Schublade oder auf einem Auszugstablar mittels einer 230-V-Steckdose mit Strom versorgt werden können. Das von Laien steckbare System lässt sich mit den Korpusschienen von «Legrabox» und «Movento» von Blum über eine vorhandene Schnittstelle verwenden und kann sogar nachgerüstet werden.
«Amperos DC» ist eine 24-V-Infrastruktur, die ganze Unterschränke mit Strom versorgt. Dabei lassen sich die Schubladen ein- und aushängen, ohne irgendein Kabel zu lösen. Die Lösung bringt Licht in Schubladen und bietet auch eine Lademöglichkeit mittels USB-C-Anschluss. Eine Stromschiene an der Rückseite des Korpus schafft die erforderliche Stromverbindung.
Bei der Beat Bucher AG in Tägerwilen TG werden verschiedene Steckdosen und Steckleisten für den Einbau in Möbel angeboten. Damit die Installation dieser Produkte auch ohne Kabelsalat in Schubladen möglich ist, gibt es eine Kabelführungskette oder die sich zusammenfaltende Kabelführung «Wing». Ab einem Platz von 27 mm zwischen Schublade und Korpusrückwand sind beide einsetzbar. Alle Komponenten sind einzeln bestellbar, aber die Firma empfiehlt, diese als Zubehör im Schubladenkonfigurator Box-Manufaktur zu bestellen. Der Netzanschluss erfolgt bei Bucher mit Standard-230-V-Stecker oder mit 230-V-Direktanschluss – dann muss der Netzanschluss zwingend vom Elektriker erfolgen.
Die Firma Hettich, die von der Opo Oeschger AG in Kloten ZH vertreten wird, zeigt mit dem Schubladenprogramm «Avantech You», dass es keinen Netzanschluss braucht, um Licht in die Schubladenseiten zu bringen. Das LED-Lichtset «Avantech You Illumination» wird auf die Zargen aufgeklipst und kann nach innen oder aussen leuchten. Ein abnehmbares Akkupack an der Korpusrückwand liefert beim Öffnen der Schublade für 30 Sekunden den Strom für ein homogenes Licht mit 4000 K.
Seit LED-Leuchten in klar definierten Lichtfarben und Leuchtstärken erhältlich sind, ist deren Einbezug in die Möbel- und Innenausbauplanung ein wichtiger Bereich bei Schreinerarbeiten. Die Häfele Schweiz AG in Kreuzlingen TG bietet daher das steck-bare Leuchtensystem «Loox5» an, welches über den einzelnen Möbeleinsatz hinausgeht und mittlerweile mit dem System «Nimbus» ganze Räume erfasst und laut Firmenangaben auch in Saunen und Badezimmern eingesetzt werden darf. Bei «Loox5» kann man zwischen 12 V oder 24 V wählen, die durch gelbe und grüne Steckverbindungen klar erkennbar sind.
Die Einspeisung vom Stromnetz erfolgt über einen zweipoligen EU-Flachstecker zu einem Netzteil und weiter zu den Verteilern. Die Leuchten lassen sich über Schalter, Bewegungsmelder oder eine Fernbedienung betätigen. Mit der «Connect Mesh»-App von Häfele besteht zudem die Möglichkeit, sämtliche vernetzte Komponenten über ein Smart- phone zu steuern. Damit lassen sich die Leuchten einzeln ansteuern, dimmen und die Lichtfarbe ändern. Es können sogar unterschiedliche Beleuchtungsszenarien über ganze Räume eingestellt und abgespeichert werden.
Veröffentlichung: 18. Juli 2024 / Ausgabe 29-30/2024