Die Rahmenbedingungen für die Schweizer Forstwirtschaft haben sich in den letzten zwanzig Jahren verändert. Nur zwei davon seien hier genannt: Zum einen haben sich die gesellschaftlichen Ansprüche und Ziele gewandelt. Waldfunktionen wie Erholung, Schutz vor Naturgefahren oder Natur- und Landschaftsschutz sind zunehmend wich-tiger geworden, während die Bedeutung der Holznutzung abgenommen hat. Zum Erbringen eines Teils der gemeinwirtschaftlichen Leistungen erhält die Forstwirtschaft Beiträge der öffentlichen Hand, die jedoch knapper werden.
Zum anderen sind die realen Preise für Fichten- und Tannenholz seit Beginn der 80er-Jahre stark gesunken, wie eine Untersuchung der FHNW (Fachhochschule Nordwestschweiz) zeigt. Als den Holzpreis beeinflussende Faktoren nennt sie die nationale und globale wirtschaftliche Situation, Substitute für Holz, die Internationalisierung des Holzmarkts und Naturereignisse. Gleich-zeitig stiegen die Löhne in der Schweizer Forstwirtschaft stetig.
Betriebsstrukturen verbessern
Diese Entwicklungen führten bei zahlreichen Forstbetrieben zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten und zwingen diese, ihre Leistungen effizienter bereitzustellen. Als zentrales Hemmnis hierfür werden von verschiedenen Seiten die sehr kleinräumigen Eigentums- und Bewirtschaftungsstrukturen der Schweizer Waldwirtschaft gesehen. Die «Waldpolitik 2020» des Bundes strebt deshalb auch die Verbesserung der Betriebs-strukturen sowie der eigentümerübergreifenden Zusammenarbeit an. Der kleine öffentliche Forst- und Werkbetrieb Thusis/Masein in Graubünden sowie die grösste nicht-staatliche Waldeigentümerin OAK Schwyz (Oberallmeindkorporation) setzen dies bereits um: In Thusis hat man sich mit anderen Forstbetrieben einer Holzvermarktungsorganisation angeschlossen, in Schwyz wurde die Bewirtschaftungsfläche vergrössert.
Gegensätzliche Entwicklungen
Wie die Tabelle (siehe Seite 34) zeigt, sind die Kantone Graubünden und Schwyz hinsichtlich der Holzverarbeitung ziemlich gegensätzlich, was sich auch bei den beiden Forst-betrieben spiegelt: Im Kanton Schwyz übersteigt der jährliche Einschnitt der Sägereien die gesamte Holznutzung. Gemäss Theo Weber, Vorsteher des Amts für Wald und Naturgefahren Schwyz, stammt die Hälfte des verarbeiteten Holzes aus den Nachbarkantonen. Das ist auf die Firma Schilliger Holz AG zurückzuführen, die jährlich zwischen 180 000 und 220 000 m3 einschneidet. Der Einschnitt der übrigen Sägereien beläuft sich auf etwa 60 000 m3 pro Jahr.
Graubünden, der waldreichste Kanton der Schweiz, exportierte 2011 hingegen etwa 220 000 m3 der genutzten 300 000 m3 Stammholz ins Ausland. Gemäss Angaben von Graubünden Holz schnitten die einheimischen Sägereien in diesem Jahr gerade mal 19 000 m3 ein. Offensichtlich und im Gegensatz zum Kanton Schwyz fehlen hier seit der Schliessung des Grosssägewerks in Domat/Ems Ende 2010 Verarbeitungsmöglichkeiten für das Bündner Stammholz.
In Schwung gebracht
Graubünden hat in den letzten Jahren die Holznutzung kontinuierlich gesteigert. Das zeigt sich auch beim Forst- und Werkbetrieb Thusis/Masein: Der Hiebsatz beträgt 2800 m3/Jahr, in den letzten Jahren wurden gemäss Angaben von Betriebsleiter Philip Christen etwa 3500 m3/Jahr genutzt. Das sei möglich, da man in der Vergangenheit den Hiebsatz nicht ausgeschöpft habe, so Christen. Etwa 80% der Waldfläche seien Seilkrangebiet. Bodengestützte Arbeiten führt der Betrieb selbst aus, für die Seilarbeiten holt Christen Forstunternehmer. Er stellt jährlich etwa 80% Sägerundholz und 20% Energieholz bereit. Das Grosssägewerk in Domat/Ems, das von 2007 bis 2010 in Betrieb war, hat die Forstwirtschaft Graubündens belebt: Nicht nur die Erntemenge, genauso die Holzpreise sind gestiegen. «Das ermöglichte uns, Schläge auszuführen, die vorher nicht kostendeckend zu machen waren. Wir haben sowohl mehr Spanerware als auch mehr D-Qualitäten und qualitativ hochwertiges Holz genutzt. Dadurch liess sich der durchschnittliche Holzerlös steigern», so Philip Christen.
Holzvermarktung ausgelagert
Ein weiterer, durch den grossen Verarbeiter ausgelöster Effekt war, dass sich in Graubünden Holzvermarktungsorganisationen zu etablieren begannen. Im vergangenen Jahrzehnt bildeten sich in vielen Regionen der Schweiz solche Vermarktungsorganisationen mit dem Ziel, das zersplitterte Holzangebot der zahlreichen Waldbesitzer zu bündeln und für die Holzverarbeiter attraktiver zu machen. So wurde 2007 die Reziaholz GmbH gegründet, Mitte 2008 dann der Verein Lenca Graubünden und Ende 2008 die heutige Prättigau/Landschaft Davos Forst GmbH. Philip Christen vermarktet seither sein Holz über die Lenca AG. In Graubünden gehören rund 85% der Waldfläche den politischen Gemeinden. So ebenfalls die 660 ha Wald, welche der Forst- und Werkbetrieb Thusis/Masein bewirtschaftet. Mitglieder des Vereins Lenca Graubünden sind die waldbesitzenden Gemeinden von sieben Forstbetrieben. Diese nutzen das Forstlogistiksystem der Lenca AG und beziehen Organisations- sowie Bürodienstleistungen von ihr. Laut Angaben von Christen setzt Lenca Graubünden jährlich rund 40 000 m3 Holz über die Lenca AG um. In der Regel vermarktet diese das Holz direkt an die Werke und nur ausnahmsweise an Händler. Als Abwicklungszentrale sucht Lenca gemäss dem Portfolio der Forstbetriebe Abnehmer und organisiert die Holztransporte, im Falle von Thusis/Masein hauptsächlich Bahntransporte.
80% Export
Etwa die Hälfte seines Holzes habe er jeweils nach Domat/Ems geliefert, sagt Christen. Doch seit das Werk Ende 2010 den Betrieb eingestellt hat, ist das Geschichte. «Heute gehen etwa 80% unseres Rundholzes in den Export. Von hier aus können wir praktisch keinen Schweizer Markt bedienen. Am günstigsten ist es, das Holz per Bahn nach Österreich zu verfrachten», so Christen. Spanerware liefert er zum Holzwerk Lehmann nach Gossau, grösstenteils aber zu Holzindustrie Pfeifer nach Tirol, Starkholz und schlechtere Qualitäten nach Italien. Sehr gute Qualitäten gehen zu Florinett Holz nach Bergün. «Wir sortieren das Holz relativ stark aus. Dieser Aufwand ist mir wichtig», erklärt Christen. «Wegen des Wegfalls von Mayr-Melnhof Swiss Timber und der Eurokrise sind die Holzpreise wieder gesunken. Seither nutzen wir weniger, können den einheimischen Sägern weniger Holz liefern und was ausgeführt wird, ist schlechter bezahlt», sagt er.
Bewirtschaftungsfläche vergrössert
Im Eigentum der OAK Schwyz befinden sich 9040 ha Wald. Seit Beginn dieses Jahres bewirtschaftet sie zusätzlich die 933 ha grosse Waldfläche des Klosters Einsiedeln im Leistungsauftrag. Der Hiebsatz der OAK Schwyz beträgt 36 000 m3, jener des Klosterwalds 6000 m3 pro Jahr. Laut Angaben von Felix Lüscher, Bereichsleiter Wald, nutzt die OAK Schwyz jährlich knapp 30 000 m3 Holz. «Den Hiebsatz schöpfen wir bei den heutigen Holzpreisen bei Weitem nicht aus. Wir können gewisse Schläge im Seilgebiet nicht kostendeckend ausführen», so Lüscher. Drei Viertel der Holzmenge werden seilgestützt zur Waldstrasse gebracht. «Wir setzen diejenigen Holzerntesysteme ein, die wir selbst auslasten können. Für spezielle Schläge holen wir gezielt Forstunternehmer», sagt er. Die Hälfte bis zwei Drittel der Arbeiten führt der Betrieb selbst aus. «Zusammen mit dem Klosterwald beabsichtigen wir, jährlich zwischen 30 000 und 35 000 m3 Holz zu nutzen.»
Eigener Holzverkauf
Für die Betriebsleitung sind bei der OAK Schwyz Bereichsleiter Felix Lüscher, Verkaufsleiter Kaspar Schelbert und zwei Betriebsförster verantwortlich. Schelbert ist vor allem für die Holzvermarktung zuständig, arbeitet aber auch für die Tochtergesellschaft OAK Energie AG. «Das Holz wird hauptsächlich in der Region verkauft. Wir exportieren nur eine geringe Menge nach Italien», sagt Schelbert. Es sei ein klares Ziel des Verwaltungsrats der Organisation, die regionalen Verarbeiter zu einem vernünftigen Marktpreis zu versorgen. Das gelinge zu 95%. Allein in der Region des OAK-Waldes gibt es rund ein Dutzend Sägereien. Die Schilliger Holz AG gehöre dabei aber zu den grössten Bezügern ihres Holzes, so Kaspar Schelbert.
«Es ist nicht unser Ziel, Massenware an zwei bis drei grosse Sägewerke zu verkaufen. Durch die gegebene Verarbeiterstruktur im Kanton Schwyz versuchen wir bewusst, das Holz möglichst kundengerecht bereitzustel-len. Dank unserer Grösse gelingt uns das. Das generiert am Schluss auch die Wertschöpfung, ansonsten würde sich dieser Aufwand nicht lohnen», so Lüscher.
Neben den durchschnittlich 66% Sägerundholz stellt der Forstbetrieb auch 12% Industrie- und 22% Energieholz pro Jahr bereit. Das Industrieholz kann an Perlen Papier und Kronospan abgesetzt werden, das Energieholz verbleibt in der näheren Region. Die Holztransporte erfolgen durch einen externen Unternehmer, mit dem die OAK Schwyz schon lange zusammenarbeitet.
Regionale Wertschöpfung
Aufgrund seiner Grösse kann der Forstbetrieb der OAK Schwyz einen Holzverkaufsfachmann beschäftigen. «Wir haben genug Holz, um mit den Kunden arbeiten zu können», erzählt Lüscher. Doch sagt er weiter: «Wir dürften auch nicht kleiner sein, damit sich unser System lohnt. Es braucht eine Nutzung von 30 000 bis 40 000 m3 pro Jahr, sonst macht es keinen Sinn.» Je kleiner der Betrieb, desto sinnvoller erscheint es, sich einer Holzvermarktungsorganisation anzuschliessen, wie es im Falle des Forstbetriebs Thusis/Masein geschehen ist. Seine vergleichsweise geringe Holzmenge lässt sich so professionell vermarkten. Christen hat von der Zusammenarbeit mit der Lenca AG jedenfalls profitiert: «Mein Struktur- und Prozessdenken hat sich verbessert», sagt er.
Ein wichtiger Aspekt ist auch, dass die regionale Wertschöpfung durch die unterschiedlich ausgerichteten und verschieden grossen Holzverarbeiter im Kanton Schwyz gut funktioniert und noch immer Bestand hat. «Das ist ein grosser Vorteil», so Lüscher. Trotzdem wäre ein weiterer grosser Verarbeiter in der Schweiz aus seiner Sicht wünschenswert. «Seit das Werk in Domat/Ems geschlossen ist und das dort verarbeitete Rundholz wieder ins Ausland fliesst, sind die Preise gesunken. Solange der Exportdruck in Graubünden und anderen Kantonen da ist, können wir den Preis nicht stützen. Hätte dieses Holz in der Schweiz eine Einschnittkapazität, könnten wir den Preis halten.»
www.thusis.chwww.lenca.chwww.oak-schwyz.ch
RW