Einmal Paradies und zurück
Daniel Brunner
Daniel Brunner
Leute. Lateinamerikanische Musik tönt durch die offene Tür der Schreinerwerkstatt. Mücken. Gras grünt. Berge erheben sich. Hier im beschaulichen Weiler Bettenau im Kanton St.Gallen führt der gelernte Zimmermann Daniel Brunner seine Kundenschreinerei.
Seine Holzwelt ist traditionsbewusst, undigital und pragmatisch. Doch drehen wir das Zeitrad zurück ins Jahr 2006. Da zog es den damals 19-jährigen Wiler nach Paraguay. Dort, auf der Farm seines Onkels, half er aus, zimmerte, schreinerte und reparierte dies und das. Regelmässig kehrte er aber in die Schweiz zurück. Hier pflegte er Freundschaften und verdiente sich in der Zuckerfabrik Frauenfeld beim Rübenabladen etwas dazu. Er wollte sich nämlich einen Traum ermöglichen: Ein Häuschen in Paraguay, eigenhändig gebaut und mit allem Nötigen versorgt. Das wärs. Bald reichte das Ersparte für ein Stück Land mitten im Dschungel. Und es war riesig. Unermüdlich rückte er mit der Machete dem Dickicht zu Leibe, bot Schlangen und anderem Getier die Stirn, stampfte einen Pfad durch rote Erde. Auf der Suche nach Wasser buddelte er gar ein 13 Meter tiefes Loch in den Lehm. Wurzeln haute er mit dem Spaten durch. Seine Füsse stemmte er in Kerben an den Wänden. Würde er fündig, oder würde ihn das instabile Erdreich begraben? Als er endlich auf Wasser stiess, zimmerte er einen 5 Meter hohen Turm und pumpte das Nass dort hoch. Bald baute er eine kleine Werkstatt und auch ein Blockhaus zum Wohnen. Innerhalb von drei Jahren entstand ein kleines Paradies. Papayas, Bananen und Orangen wuchsen ihm durchs Küchenfenster. Auf dem Grill landeten eigene Schweine, Rinder und Geflügel.
Für seine Kunden stellte er unter anderem Stege, Blockhütten, Massivholzmöbel, Ruderboote oder Grabkreuze her. Die Arbeit des qualitätsbewussten Schweizers war gefragt. Und die Zahlungsmoral? «Ausgezeichnet! Ich fand immer irgendwie den Draht zu den Menschen», sagt er. Vor drei Jahren kehrte er zurück in die Schweiz. «Im Grunde wollte ich ja nur erleben, wie weit man alleine auf sich gestellt kommt, wenn man von seiner Hände Arbeit lebt. So gesehen, habe ich das erreicht, was ich wollte», sagt er. In der Schweiz gründete er eine Einzelfirma, die Brunner Handwerk mit einem Specht im Logo. «Diesen sympathischen Kollegen traf ich auch in Paraguay. Holzhandwerk scheint auf der ganzen Welt Bestand zu haben», sagt er. Möbel aus Altholz sind heute seine Spezialität. «Jungunternehmerzentrum, Gewerbeverein, Kurse, Beratung, Unterstützung. Von so etwas kann man in Paraguay nur träumen», sagt er.
Brunner hat auch erfahren, dass alles wertlos ist, ohne Menschen, die einen lieben. Seine Frau Gabriela beispielsweise, die ihn von Anfang an unterstützte, lernte er in Paraguay kennen. «Ich ging alleine hin und kam zu fünft zurück.» Sein Ältester ist inzwischen 13. Erst noch ruderte Brunner ihn mit dem selbstgebauten Holzboot zur Schule, und plötzlich ist alles Erinnerung. «Auf eine Art ist das Leben in Paraguay schon freier. Aber die strukturierte Schweiz, die Berge und die Wanderwegtäfeli vermisste ich manchmal schon.» Und dann erklärt er: «Vor allem bietet die Schweiz meinen Kindern eine klare Zukunft.»
Veröffentlichung: 02. September 2024 / Ausgabe 35/2024
Leute. Es tue ihr leid, sie hätte eigentlich ja eine Glace auftischen wollen, doch sie sei schlichtweg nicht mehr dazu gekommen. Die entschuldigenden Worte von Barbara Schuler-Rozzi an diesem heissen Sommernachmittag sind natürlich alles andere als nötig.
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