Massivholzverarbeitung. Nie war der Einstieg in die Vierseiten-Hobeltechnik so leicht wie heute. Auch die jeweils kleinsten Modelle der Maschinenbauer bieten schon recht viel, wie ein Überblick der Produkte zeigt, auch wenn die «Kleinen» keine einheitliche Gruppe bilden.
Als Schreinermeister Marcel Liebig vor gut 15 Jahren mit dem seinerzeit kleinsten Weinig Vierseiten-Hobelautomaten vom Besuch einer Fachmesse in die Werkstatt zurückkam, war er vom Nutzen der neuen Maschine überzeugt, auch wenn es keine geringfügige Investition für die im Aufbau befindliche Schreinerei war. Oft sagte Liebig: «Wenn sie läuft, höre ich, wie sie Geld spart.» Heute ist das vierseitige Hobeln aus Liebigs Arbeitsalltag nicht mehr wegzudenken.
Das vierseitige Hobeln in einem Durchlauf hat auch zu einer Erhöhung des Massivholzanteils in der Fertigung beigetragen. Denn das Aushobeln geht im Schnitt zehn Mal schneller als beim konventionellen Abrichten und Dickenhobeln, rechnet Weinig im Zuge der Einführung des neuen Cube den Schreinern auf einem Bierdeckel vor. Wer bislang 15 Stunden pro Woche Massivholz gerichtet hat, der amortisiert die Investition in einen kleinen Vierseitenhobel nach der Rechnung des Maschinenherstellers innerhalb von einem Jahr. Ob man dieser Bierdeckelrechnung nun vertraut oder nicht, es war wohl nie so naheliegend wie heute, eine Investition in die vierseitige Hobeltechnik zu tätigen. Neben der rein monetären Sicht kommen schwieriger messbare Faktoren hinzu. Nur zwei davon: Nicht jeder Schreiner erzielt die gleiche Güte beim konventionellen Aushobeln mit Abrichte und Dickenhobel. Mit einem Vierseiten-Hobel ist ein durchgängig hohes Qualitätsniveau des Arbeitsergebnisses ziemlich sicher. Und: immer noch passieren viele Unfälle an der Abrichte. Vor allem bei kleineren und schmalen Teilen reduziert sich das Risiko mit einer Vierseiten-Hobelmaschine deutlich. Hand aufs Herz: Wer kennt sie nicht, die «noch schnell etwas richten für die Baustelle»-Aktionen, weil etwas vergessen wurde und am Morgen noch schnell gehobelt werden muss für die Montage.
Was heisst hier klein?
Je nach Schwerpunkt der Maschinenbauer unterscheiden sich die jeweiligen Einstiegsmodelle deutlich. Die preisgünstigsten Modelle des österreichischen Herstellers Holzmann fangen schon bei umgerechnet 12 000 Franken Listenpreis an. Das kleinste Modell von Kuper dagegen hat schon standardmässig fünf Bearbeitungswellen und ist fast drei Mal so schwer wie die Kleinen der anderen. Ein Vergleich ist aber trotzdem spannend, weil klein heute nicht mehr heisst, auf wichtige Funktionen verzichten zu müssen, etwa auf Speicherplätze für Fixmasse oder die auf Knopfdruck justierbaren Vorschubaggregate. Marcel Liebig muss bei schmalen Werkstücken die obere, horizontale Vorschubwalze noch händisch verfahren, während sich Spindeln schon damals elektrisch einstellen liessen. Da aber ein Vorschubaggregat nicht mitspielt, das für breite Werkstücke zur Mitte des Holzes herausgezogen werden kann, droht Gefahr. Fährt das Fügeaggregat zum Hobeln von schmalen Werkstücken näher ran, kann es mit der Vorschubwalze kollidieren, wenn man nicht daran denkt.
Worauf sollte man achten?
Wenn alle Aggregate sich auf Knopfdruck einstellen, kann heute sogar im laufenden Betrieb ein Dimensionswechsel erfolgen. Andere Maschinen haben keine verstellbare Vorschubwalze. Wie gut ist dann der Transport und Andruck bei breiten Friesen? Es kommt also auf die Kombination der Merkmale an. Eine komplett manuelle Einstellung der Aggregate kann auch funktionieren, sofern es eine unkomplizierte und schnelle Einstellmöglichkeit gibt.
Auch kann sich Liebig nur zwischen Abrichten oder Durchlaufhobeln entscheiden und muss dementsprechend die erste Einzugswalze vor der horizontalen Abrichtwelle pneumatisch absenken oder anheben. Dies ist heute noch Standard bei den kleinen Vierseitern. Aber auch hier gibt es Verbesserungen, wie der neue Cube zeigt. Die erste Vorschubwalze vor der Abrichtwelle hebt sich, nachdem das Werkstück eingeführt ist. Das vermeidet Hobelschläge beim Zuführen.
Nicht jedes Stück Holz läuft sauber durch die Maschine. Aber eine manuell zu betätigende Pumpe mit Gleitmittel für den Tisch scheint längst nicht bei allen Maschinen Standard zu sein.
Ein Vierseiten-Hobel braucht eine starke Absaugung, damit alle Späne aus dem Innenraum der Maschine weggeführt werden. Reicht die Leistung in der Werkstatt, wenn zeitgleich an anderen Maschinen gearbeitet wird? Die Länge des Aufnahmetisches beträgt bei den meisten Einstiegsmodellen zwei Meter, damit auch gekrümmte Hölzer besser abgerichtet werden können. Aber wie sieht es mit der Mindestlänge von Werkstücken aus?
Soll mit dem Vierseiten-Automaten auch profiliert werden, stellen sich auch Fragen der Kompatibilität vorhandener Werkzeuge. Die meisten Vierseiten-Hobel haben für die Werkzeugaufnahme einen Wellendurchmesser von 40 mm. Aber die maximal möglichen Schneidenflugkreise sind bei den Produkten unterschiedlich und der Spindelverfahrweg in der Höhe auch.
Falls gehobelt und profiliert werden soll, geht es also nicht nur um die Frage der Spindelanzahl, sondern auch um den Zeitbedarf für den Tausch eines Messers oder Werkzeugkopfes. Und dann kommt man bei der Überlegung schnell wieder zu grösseren Maschinen. Wer aber einfach hobeln möchte, findet inzwischen attraktive Modelle, ob mit oder ohne Bierdeckelrechnung. ch
Veröffentlichung: 03. November 2011 / Ausgabe 44/2011
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