Umzug. Ein Standortwechsel ist für eine Schreinerei ein aussergewöhnliches Ereignis. Der Aufwand wird häufig unterschätzt, eine gute Planung erspart deshalb viel Zeit und Ärger. Die SchreinerZeitung war beim Umzug eines Betriebes dabei und nennt die Knackpunkte.
Wenn eine Schreinerei an ihre Kapazitätsgrenzen stösst, muss sie zukünftig entweder mit diversen Kompromissen leben oder die Produktion weiter ausbauen. Für die zweite Variante hat sich die Karl Bucher AG in Goldau entschieden. Kaum 600 m Luftlinie entfernt vom alten Standort hat das Unternehmen einen grosszügigen Neubau erstellt.
Mit einem neuen Produktionsstandort ist zwangsläufig auch der Umzug des ganzen Betriebes verbunden. Beim erwähnten Unternehmen hat man von Beginn an darüber nachgedacht, wie dieses Vorhaben optimal zu bewältigen sei. Da kam es wie gerufen, dass der HFTG-Student Peter Wagner ein Unternehmen für seine Diplomarbeit suchte. In der Folge plante er den gesamten Umzugsprozess für die Karl Bucher AG.
Grosse Preisunterschiede
Als Erstes machte Peter Wagner, der seit dem Studium als Projektleiter bei der Karl Bucher AG arbeitet, eine komplette Bestandesaufnahme im Betrieb. Er dokumentierte sämtliches Inventar, vom Beschlägelager bis hin zum Bearbeitungszentrum, mittels Fotos und Listen. Dann holte er verschiedene Offerten bei Transportunternehmen und Maschinenhändlern ein, um sie zu vergleichen. «Da gab es teilweise markante Unterschiede», erinnert sich Peter Wagner. Ob die Transportkosten pauschal veranschlagt oder nach Aufwand verrechnet werden, spielt laut Stephan Auf der Maur keine Rolle. «Hier hat der Auftraggeber die Wahl», sagt der Transporteur. Er hat sich mit seinem Unternehmen, der Auf der Maur GmbH, auf Maschinentransporte spezialisiert und liefert auch für namhafte Maschinenhersteller aus. Stephan Auf der Maur schaut sich die Situation immer vor Ort an, um den Aufwand möglichst genau abzuschätzen – so auch bei der Karl Bucher AG. Dabei überprüft er zudem, ob die Transportsicherungen für die Maschinen noch vorhanden sind. Über die Jahre gehen diese teilweise verloren oder werden aus Unachtsamkeit entsorgt. Manche Maschinen lassen sich ohne die dazugehörigen Transporthilfen nur sehr schwer spedieren. «Dann beginnt man am Zügeltag zu improvisieren, das kostet Zeit und erhöht das Risiko einer Beschädigung», weiss Auf der Maur aus Erfahrung. Erkennt man dies frühzeitig, kann man die Hilfsmittel beim Maschinenlieferanten oder bei einem anderen Schreiner mit der baugleichen Maschine ausleihen.
Ohne Unterbruch nicht möglich
Da die Schreinerei für das ganze Jahr voll ausgelastet war, wollte man den Umzug ohne Produktionsunterbruch durchziehen. Entsprechend akribisch musste Peter Wagner den Ablauf planen:
Welche Maschinen müssen zuerst transportiert werden?
Welche Hilfsmittel werden für den Umzug benötigt?
Welche Arbeiten gibt es zu erledigen?
Wie viele Hilfskräfte werden dafür benötigt?
Mit der Zeit stellte sich jedoch heraus, dass ein Umzug ohne Unterbruch nicht realisierbar ist. Geschäftsführer Karl Bucher beschloss deshalb, die Produktion für eine Woche zu stoppen. Also wurde am Freitagabend der Hauptschalter in einem symbolischen Akt gedreht und sofort mit den ersten Arbeiten begonnen.
Layoutplan unverzichtbar
Stephan Auf der Maur betont, dass als Erstes die gesamte Infrastruktur am neuen Standort bereit sein müsse – Strom, Druckluft, Späneabsaugung und andere Betriebseinrichtungen. Alle neuen Maschinen und Einrichtungen würden am besten vorgängig installiert. Laut Auf der Maur sei dafür eine Layoutplanung unverzichtbar, damit die Anschlüsse an den richtigen Platz geführt werden: «Das Layout muss nicht auf den Millimeter genau sein, aber der Schreiner sollte schon wissen, wo er die Maschinen platziert haben will.» Bei der Karl Bucher AG transportierte man am Freitagabend als Erstes den Kompressor, um so schnell wie möglich die Druckluftversorgung sicherzustellen. Am Samstag folgte die etwa sieben Tonnen schwere Kantenanleimmaschine, deren Transport am schwierigsten war. Sie musste mit zwei Kranen aus dem oberen Stockwerk der alten Schreinerei gehievt werden.
Umzugsfachleute raten, dass man Kleinmaterial wie Beschläge oder Handwerkzeug am besten mit Paletten und Palettrahmen transportiert. Diese kann man einfach mit Rollis, Stapler und Kranen bewegen. Ausserdem lassen sie sich gut auf dem Lastwagen sichern. «Wägeli eignen sich dafür weniger», ergänzt Auf der Maur. Dasselbe gilt für Platten und andere Werkstoffe. Sie werden am besten liegend transportiert. «Für Platten eignen sich beispielsweise aber auch Glasböcke», empfiehlt Auf der Maur.
Konsequent entrümpeln
Beim Umzug der Karl Bucher AG kamen über 60 Palettrahmen zum Einsatz. Diese beschriftete man mit Nummern, damit klar war, was sich darin befindet und wo die einzelne Palette hinkommt. «Es war unglaublich, wie viel Material beim Umzug noch zum Vorschein kam», erzählt Peter Wagner. Umso wichtiger war das vorgängige Entrümpeln der Werkstatt. Laut Auf der Maur kann man alles, was über ein Jahr nicht mehr angefasst wurde, getrost entsorgen. Aus alten Platten können zum Beispiel zusätzliche Palettrahmen oder Transportkisten hergestellt werden. Dennoch gab es auch während des Umzugs viel zu entsorgen. Solche Vorbereitungsarbeiten sind laut Auf der Maur enorm wichtig, damit am Stichtag sofort mit dem Umzug begonnen werden kann. Er habe schon erlebt, dass am Zügeltag alle Maschinen noch angeschlossen gewesen seien und Werkstücke darauf gelegen hätten. «Dies ist natürlich äusserst ärgerlich und verzögert die Wiederaufnahme der Produktion am neuen Standort.»
Tagesziele definiert
Eine Herausforderung stellte auch die Koordination der personellen Ressourcen dar. Alle Beteiligten erhielten pro Tag einen «Laufzettel», auf dem Tagesziele, wichtige Telefonnummern und Anmerkungen notiert waren. Zusätzlich sprachen sich die Verantwortlichen jeden Morgen vor Arbeitsbeginn ab. «Am Schluss brauchte diese Zettel eigentlich keiner mehr. Aber zu Beginn halfen sie, den geordneten Ablauf sicherzustellen», ergänzt Peter Wagner. Zudem versuchte man, die Mitarbeiter so einzuplanen, dass sie möglichst ihren eigenen Bereich zügelten. So waren beispielsweise die zwei Furnierspezialisten ausschliesslich damit beschäftigt, über 25 000 m2 Furnier zu sortieren, beschriften, transportieren und im neuen Lager einzuräumen.
Dank den umfassenden Planungs- und Vorbereitungsarbeiten sowie dem vorbildlichen Einsatz aller Beteiligten waren innert zweier Tage alle Maschinen am neuen Standort. Bereits am Mittwoch konnten die ersten wieder in Betrieb genommen werden und nach einer Woche war die Produktion wieder voll hochgefahren. «Natürlich gibt es noch einige kleine Details zu erledigen, aber ansonsten lief alles nach Plan», fügt Peter Wagner an. ph
Umzugs Ratgeber
Folgende Punkte gilt es zu beachten:
Entscheid Betriebsunterbruch Ja oder Nein
Verschiedene Offerten und Referenzen von Transportunternehmen prüfen
Wenn nötig, Transportversicherung abschliessen
Falls möglich, Umzugszeitpunkt auf Auftragslage abstimmen
Anschlüsse vorbereiten
Elektriker, Absaug- und Druckluft-spezialisten auf Abruf bereithalten
Betriebslayout festlegen
Zufahrt sicherstellen
Neue Maschinen vorgängig installieren
Transportsicherungen für Maschinen bereithalten
Abdeckplanen und Verpackungsmaterial für schlechtes Wetter vorbereiten
Genügend Paletten und Rahmen organisieren
Entsorgungsmulde bestellen
Werkstatt vorgängig rigoros entrümpeln
Personal den verschiedenen Arbeiten zuweisen
Interview. Der sichtlich zu-friedene und erleichterte Geschäftsführer Karl Bucher zieht nach dem Standortwechsel eine erste Bilanz.
SchreinerZeitung: Wie haben Sie den Umzug erlebt?
Karl Bucher: Das ganze Vorhaben war für uns eine riesige Herausforderung. Hinzu kam die ausserordentlich gute Auftragslage, zurzeit arbeiten wir zweischichtig, um das Volumen zu bewältigen. Aber der Zeitpunkt für einen Umzug ist wohl nie ideal.
Gab es irgendwelche Probleme?
Am meisten Probleme bereitete uns der Bauverzug beim Neubau. Insbesondere die Anschlüsse waren nicht alle so fertiggestellt, wie sie hätten sein sollen. Dank den Bauverzögerungen hatten wir aber auch etwas mehr Zeit für die Vorbereitung des Umzuges, das war gar nicht so schlecht. Wir haben natürlich auch sehr viel von der Diplomarbeit von Peter Wagner profitiert.
Ursprünglich war kein -Produktionsunterbruch geplant ...
Nein, aber die Produktion für eine Woche einzustellen, war sicher die richtige Entscheidung. Zudem dauerte der Unterbruch keine ganze Woche, am Mittwoch begannen wir -bereits, am neuen Standort zu produzieren.
Entstanden während des Umzuges Schäden?
Die Maschinen kamen alle heil in der neuen Produktionshalle an. An dieser Stelle muss ich Stephan Auf der Maur ein dickes Lob aussprechen. Ich -hätte nie gedacht, dass er den Zügelauftrag in der kurzen Zeit und zum offerierten Preis schafft. Man muss auch anfügen, dass es bei diesen ungewohnten Arbeiten bis auf eine Fussverletzung keine Unfälle gab.
War beim Verlassen der alten Liegenschaft und beim Entsorgen auch ein wenig Wehmut dabei?
Eigentlich kaum, der neue Standort stellt für das ganze Unternehmen einen Quantensprung dar – zwei aktuelle Aufträge hätten wir mit der alten Produktion nicht bewältigen können. Auch das Entsorgen war einmal fällig. Es kamen Sachen zum Vorschein, von denen keiner mehr etwas gewusst hat. Der neue Hacker war wohl von allen Maschinen am häufigsten in Betrieb.
Sie und Ihre Mitarbeiter haben sich also gut eingelebt?
Selbstverständlich muss sich jetzt die Teamdynamik neu entwickeln. Auch die Einrichtungen sind noch nicht alle komplett, beispielsweise im Bankraum. Hier sind wir derzeit daran, Erfahrungen zu sammeln und dann alles auf unsere Bedürfnisse abzustimmen.
Veröffentlichung: 06. Januar 2011 / Ausgabe 1/2011
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