Eine Investition kommt selten alleine

Rechts befindet sich der Anbau für den Bankraum.

Vorabklärungen. Beim Maschinenkauf kann es zu unvorhergesehenen Kosten kommen. Das Risi­ko lässt sich jedoch minimieren, indem das gesamte Betriebsumfeld in die Überlegungen mit einbezogen wird. Dies kann sogar der Anstoss für grundlegende Veränderungen sein.

 

Ein Maschinenkauf kann für eine Schreinerei sehr grosse Veränderungen im Bereich der Arbeitsabläufe, aber auch der Infrastruktur mit sich bringen. Die Schäfer Holzbau AG in Dielsdorf hat dies als Chance wahrgenommen:

«Im Verhältnis zu den Fixkosten generierten wir zu wenig Umsatz», erzählt Lukas Vatter, Abteilungsleiter der Schreinerei. Eine Analyse zeigte, dass die Arbeitsabläufe an den Maschinen zu ineffizient waren. Dies lag insbesondere am Layout, die Wege zwischen den Maschinen waren schlicht zu lang und umständlich. Das Unternehmen entschied sich deshalb für eine radikale Veränderung: Sämtliche Maschinen für das Kerngeschäft wurden im Maschinenraum im Erdgeschoss zusammengefasst und kom­plett neu angeordnet. «Die Maschinen für die Massivholzbearbeitung platzierten wir neu im Keller, da wir mehrheitlich Plat­tenmaterialien für Schränke, Türen und Sturzbretter verarbeiten», ergänzt Vatter. Gleichzeitig investierte die Schreinerei in den Ersatz des bestehenden Bearbeitungszentrums und in eine neue, liegende Plattensäge. 

Sicherheit geht vor

Im Zuge der Vorabklärungen wurde schnell  klar, dass die Kapazität der bestehenden Absauganlage für dieses Vorhaben bei Weitem nicht mehr ausreicht. Schon früh zog die Schreinerei deshalb die Ineichen AG für die Beratung hinzu. «Man machte uns darauf aufmerksam, dass die neue Anlage aus Sicherheitsgründen nicht mehr am alten Standort im Keller installiert werden kann», erklärt Lukas Vatter. Die neue Absaugung mit kleinem Spänespeicher musste darum ausserhalb der Werkstatt aufgebaut werden. Zusätzlich wurde sie durch eine Brikettpresse ergänzt. Ebenfalls komplett ersetzt hat man das Rohrleitungsnetz. Dank dem neuen Maschinenlayout reduziert sich dessen Länge wesentlich, was sich positiv auf die Absaugleistung auswirkt und den Installationsaufwand verringert.

Zudem hatte man jetzt genügend Leistung, um auch die Zimmereiabteilung im selben Gebäude unterzubringen und an die Absaugung anzuschliessen. Den Raum der alten Absauganlage möchte das Unternehmen in absehbarer Zeit für einen Hacker nutzen. Im Keller platziert, lässt er sich dann problemlos durch einen Schacht aus dem Erdgeschoss beschicken. «Zuerst müssen wir aber wieder etwas Geld verdienen», schmunzelt Lukas Vatter.

Der Rattenschwanz beginnt

Dies ist kaum verwunderlich, denn die moderne Absauganlage war erst der Anfang
einer Reihe von Investitionen: Durch das neue Maschinenlayout ging ein grosser Teil des Bankraumes verloren. Deshalb entschied man sich auch hier für eine radikale und nachhaltige Lösung: Es wurde kurzerhand ein kleiner Anbau realisiert, der Platz für mehrere Werkbänke bietet. «Der Anteil an Bankarbeiten nimmt zwar eher ab. Dennoch ist es wichtig, gut ausgerüstete und ruhige Arbeitsplätze zu haben», begründet Vatter diese Investition.

Alle diese Veränderungen brachten auch eine Anpassung der elektrischen Installa­tionen mit sich. Anschlüsse für die Maschinen, Steckdosen, Schalter und Netzwerkanschlüsse mussten versetzt oder neu verlegt werden. Dasselbe gilt für die Druckluftanschlüsse. «Den Kompressor haben wir aber schon vor ein paar Jahren durch ein neues, ausreichend dimensioniertes Modell ersetzt.» Hinzu kamen noch die automatischen Schieber an den Absaugrohren, die ebenfalls mit Strom und Druckluft versorgt werden mussten.

Eigentlich stabil genug, aber ...

Eine kleine Knacknuss stellte auch die horizontale Plattensäge dar: Gemäss den Bauplänen sollte der Boden des Erdgeschosses eigentlich ausreichend stark dimensioniert sein, um das Gewicht der Säge tragen zu können. Die Schreinerei zog trotzdem ­einen Statiker zu Rate, um auf Nummer
sicher zu gehen. Er stellte jedoch fest, dass die Fuge zwischen den Betonplatten zu gross ist und die statischen Eigenschaften negativ beeinflusst. Dabei spielte aber laut Lukas Vatter nicht nur das Maschinengewicht eine Rolle: «Schwer abzuschätzen waren die dynamischen Belastungen und Vibrationen, die während des Betriebes auftreten können.» Aus diesen Gründen musste die Kellerdecke zusätzlich mit einem Stahlträger stabilisiert werden. «Alleine der Träger war schon ziemlich teuer», merkt Vatter an. Für den Einbau benötigte man zusätzlich mehrere hydraulische Stützen, um den Boden ein wenig anzuheben.

Es geht auch ohne Kran

Eigentlich ging man in der Schreinerei davon aus, dass später noch ein Plattenkran für die Beschickung der Säge hinzukommt. Um aber sofort nach Inbetriebnahme mit der Produktion beginnen zu können, stapelte die Schreinerei die Platten einfach ­vorübergehend liegend auf einen grossen Wagen. Dieser hat eine hoch liegende Ladefläche und grosse Nutzlast, zudem lässt er sich mit dem Stapler manövrieren. Schon bald stellte der Maschinist fest, dass er die meistens 16 oder 19 mm dicken Platten auch ohne Kran problemlos vom Wagen auf den Maschinentisch ziehen kann. Ausserdem ist über der Maschine der Platz sehr knapp. Deshalb verzichtete das Unternehmen auf den Kauf eines Plattenkrans. Dies klappt allerdings nur, weil die Schreinerei grosse Mengen derselben Platten verarbeitet und der Lieferant beinahe jeden Tag Nachschub liefert. «Dadurch können wir den Lagerbestand tief halten und der Maschinist muss kaum Platten umstapeln», fügt Lukas Vatter an.

Ein grosser Schritt vorwärts

Trotz erheblicher Mehrkosten hat sich das Vorhaben gemäss Lukas Vatter gelohnt: «Durch die konsequente Umstellung  machten wir einen echten Schritt vorwärts und verschafften uns so einen kleinen Wettbewerbsvorteil.» Glücklicherweise hatte bereits ein Maschinist Erfahrung mit liegenden Plattensägen. Das Know-how musste in diesem Bereich also nicht von Grund auf erarbeitet werden. Infolge gestiegener Produktivität musste das Unternehmen aber zusätzliche Projektleiter einstellen. «Mittlerweile generieren wir etwa doppelt so viel Umsatz wie vor drei Jahren», sagt Lukas Vatter stolz. PH

www.schaefer-holzbau.ch

www.ineichen.ch

 

Vorabklärung: Die wichtigsten punkte 

Produktionsablauf

Wie beeinflusst die neue Maschine den Arbeitsfluss in Planung, Produktion und Montage? Muss das Layout im Ma--
schinenraum neu geplant oder die Werk-statt komplett umgestellt werden?

Platzierung der Maschine

Ist genügend Platz vorhanden oder sind bauliche Veränderungen nötig? Reicht die Bodennutzlast an dieser Stelle aus, um das Maschinengewicht zu tragen? 

Späneabsaugung

Reicht die bestehende Leistung aus? Ist über oder neben der Maschine genügend Platz vorhanden für die Absaugleitungen?

Druckluft

Wie hoch ist der Druckluftbedarf der neuen Maschine? Reichen die Leitungsquerschnitte aus? Moderne Maschinen benötigen bis zu 8 bar Arbeitsdruck.

Stromversorgung

Grosse Maschinen benötigen meistens einen 400 Volt-Anschluss mit einer Leistung von bis zu 50 kW. Allenfalls ist sogar eine Vergrösserung der Leistung des Hausanschlusses nötig.

Netzwerkanschluss

Müssen Daten aus dem Büro an die Maschine übermittelt werden? Ist eine Internetverbindung nötig, zum Beispiel für Fernwartungen?

Programmierung

Braucht es einen zusätzlichen Computerarbeitsplatz für allfällige Programmierungen?

Maschinisten

Sind Mitarbeiter vorhanden, die Erfahrung im Umgang mit der neuen Maschine haben? Müssen zusätzliche Mitarbeiter ausgebildet oder eingestellt werden?

Werkzeug

Wer liefert und schärft die Werkzeuge, wo werden diese aufbewahrt?

Kauf oder Leasing

Wie soll die neue Maschine finanziert werden?

Lieferung

Wie gelangt die Maschine an den vorhergesehenen Platz im Gebäude? Eventuell müssen andere Maschinen verschoben, Mauern aufgebrochen oder der Boden abgestützt werden.

 

 

 

 

Veröffentlichung: 09. Juni 2011 / Ausgabe 23/2011

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