Ein viel diskutierter Basisschutz

Besonders auf Baustellen ist eine uneingeschränkt hohe Beweglichkeit auch bei den Schuhen wichtig. Bild: Engelbert Strauss

Sicherheitsschuhe.  Genauso wie man mit Turnschuhen nicht aufs Matterhorn klettern sollte, gibt es auch im Handwerk spezielle Anforderungen ans Schuhwerk. Je nach Arbeitsbereich müssen die Füsse sogar geschützt werden, was gesetzlich geregelt ist.

Wer einen Aussichtsturm baut, muss die Plattform mit einem Geländer ausrüsten, für das der Gesetzgeber die Höhe und Widerstandskraft vorschreibt. Wer ein CNC-Bearbeitungszentrum in seinem Betrieb stehen hat, verfügt über den erforderlichen, ebenfalls vorgeschriebenen Sicherheitsbereich mit automatischer Maschinenabschaltung, falls dieser überschritten wird. Will man das nicht, muss die ganze Anlage so mit Gittern oder Wänden gesichert sein, dass es durch äussere Einwirkung keinen Unfall geben kann. Beim Geländer wie auch bei der Abschaltautomatik ist es selbstverständlich, dass der Besitzer des Gebäudes oder der Anlage dafür sorgen muss, dass diese Sicherheitsvorkehrungen korrekt und am richtigen Ort vorhanden sind. Und natürlich übernimmt er auch alle Kosten dafür.

Wo es anders nicht geht, hilft die PSA

Bei einer Persönlichen Schutzausrüstung (PSA) bezeichnet das Wort «persönlich» den Umstand, dass die Schutzausrüstung der Person passt und für klar definierte Arbeiten zur Verfügung steht. So schützen Sicherheitsschuhe die Füsse durch rutschsichere, griffige, durchtrittsichere Sohlen und einen Zehenschutz, beispielsweise auf Rohbaustellen, vor den dortigen Gefahren.

Es gibt bezüglich PSA eindeutige Vorschriften vom Gesetzgeber, die einzuhalten sind. Dabei geht es um zwei Parteien, die beide eine wichtige Aufgabe zu erfüllen haben:

  • Der Arbeitgeber ist derjenige, der sich informieren muss, wo welche Gefahren vorhanden sind und wie der Schutz davor sein muss. Ist durch bauliche, technische oder organisatorische Massnahmen der Schutz nicht aus- reichend zu gewährleisten, muss die Person, die in diesem Bereich arbeitet, mit einer Persönlichen Schutzaus- rüstung wie eben Sicherheitsschuhen ausgestattet werden. Die Beschaffung sowie die Übernahme der Kosten für diese Ausrüstung sind Sache des Arbeitgebers. Das betrifft auch deren Reparatur und Ersatz bei einer der Arbeit angemessenen Abnutzung. Der Arbeitgeber muss auch kontrollieren und allenfalls durchsetzen, wenn diese Ausrüstung nicht oder nicht korrekt benutzt wird. Die PSA muss in ihrer Art und Ausführung für die Person an diesem Arbeitsplatz auch zumutbar sein.
  • Der Arbeitnehmer ist im Gegenzug verpflichtet, seine PSA immer ent- sprechend den Vorgaben einzusetzen, zu pflegen und Defekte umgehend zu melden. Eine private Verwendung bedarf der Erlaubnis durch den Arbeitgeber, und die unsachgemässe oder die über den Anforderungen grobe Verwendung gehen zulasten des Benutzers – wie das ja auch bei Werkzeugen üblich ist.

Zum Schutz verpflichtet

Bis hierher müsste für alle Leser noch so weit alles klar sein. Beim Aussichtsturm darf aber nicht je nach Besucher das Geländer mal kurz weggenommen werden. Jeder, der sich auf dieser Plattform bewegt, muss geschützt sein. Hätte es kein Geländer, müsste jede Person eine persönliche Absturzsicherung tragen und mittels einer Seil- oder Gurtverbindung am Turm gesichert sein – auch dann, wenn sie nur ganz kurz rauf will.

Sobald eine Arbeit in einem Bereich ausgeführt werden soll, wo eine PSA vorgesehen ist, muss diese getragen werden. Wie beim Turmgeländer gibt es keine Ausnahmen. Selbst ein ärztliches Attest befreit den Mitarbeiter nicht vom korrekten Einsetzen der PSA. Schliesslich gibt es dann ja keinen Schutz mehr. Das heisst: Wer diese Ausrüstung nicht tragen kann, darf nicht in diesem Bereich arbeiten – auch nicht nur kurz oder aushilfsweise.

Wer jetzt konsequent weiterdenkt, kommt zwangsläufig zum richtigen Schluss: Ja, auch Lernende, temporär angestellte Mitarbeitende und sogar Schnupperlernende müssen vom Arbeitgeber, wenn notwendig und eventuell auch nur leihweise, ausgerüstet werden. Bei temporären Mitarbeitenden lässt sich vielleicht etwas mit dem Vermittlungsbüro arrangieren, sodass diese ihre Leute entsprechend ausrüsten. Angestellte, die in verschiedenen Bereichen arbeiten, müssen überall richtig ausgerüstet sein. Wer mehr darüber wissen will, woher diese Vorschriften kommen, kann auf der Website der Suva «rechtliche Grundlagen für PSA» eingeben und kommt so auf die entsprechenden Seiten, welche auf die jeweiligen Gesetze verweisen.

Die Basis aller Mitarbeiter

Als Schreiner führt man seinen Beruf hauptsächlich im Stehen aus, muss aber je nach Arbeitsbereich auch in der Hocke oder auf den Knien eine Aufgabe ausführen. Der ganze Körper wird in seiner Beweglichkeit gefordert, und die Füsse braucht man nicht nur zum Herumstehen, sondern sie müssen sich zwischendurch an anspruchsvolle Stellungen anpassen. Für eine gute Arbeit braucht es eine gute Grundlage, und die fängt mit einem sicheren und entspannten Stand in passenden und geeigneten Schuhen an, die eine dämpfende Wirkung beim Gehen haben. Besonders auf Baustellen ist eine durchtrittsichere, griffige Sohle wichtig, die auch keine Nägel durchlässt. Da Teile transportiert werden und auch mal etwas herunterfallen kann, sind Zehenschutzkappen zwingend notwendig.

Das ist laut Schuhanbieter noch wichtig

Bei der Uvex Arbeitsschutz Schweiz AG aus Kleinhüningen bei Basel weiss man: «Bei jedem Schritt ändert sich die Höhe des Fussgewölbes um 33 Prozent.» Zudem verändert sich die Fussform während des Gehzyklus dynamisch, was Auswirkungen auf die Fusslänge wie auch -breite hat. Da jeder Mensch seine eigenen, einzigartigen Füsse hat, sind diese auch individuell, was Grösse, Form und Veränderung anbelangt. Oft werden zu lange Schuhe gekauft, damit ein Modell in der Breite noch gut tragbar ist. Das kann genauso zu Problemen führen, wie wenn die Schuhe zu eng sind.

Die Protaction GmbH in Reinach BL weist darauf hin, dass bei der Anprobe die notwendige Flexibilität der Sohle und ein allfälliges Drücken der Zehenschutzkappe beispielsweise beim Knien getestet werden sollte. Auch das Thema Schuhreinigung sei sicher interessant.

Bei der Engelbert Strauss GmbH in St. Gallen wird vor allem der Klimakomfort und das Laufgefühl grossgeschrieben. Dämpfungselemente zur Schonung der Gelenke sind dabei genauso wichtig wie eine leichte und atmungsaktive Ausführung des Schuhwerks. Für Schreiner sei auch Folgendes noch wichtig, heisst es bei der Firma: «Durch die Arbeit mit Staub und Spänen sollte auf eine geschlossene Laschenkonstruktion geachtet werden.»

Die Haix Vertriebs AG in Egerkingen SO hat den schmerzenden Füssen, Beinen und Rücken den Kampf angesagt. «Schuld an den Beeinträchtigungen können die Faszien sein, ein Bindegewebe, das Muskeln, Organe und Knochen umhüllt und dem Körper seine Form gibt.» Laut dem Unternehmen lassen sich durch gut platzierte Vorrichtungen im Schuh die Faszien permanent leicht stimulieren, wodurch Spannungen gelockert und die Muskulatur aktiviert werden.

Der Schutz muss individuell sein

Alle genannten Anbieter von Sicherheitsschuhen sind sich einig, dass es keinen Sinn macht, allen Mitarbeitern das gleiche Schuhmodell zur Verfügung zu stellen. Zu verschieden sind die Füsse und somit auch die Anforderungen an die Schuhe.

Die Mitarbeitenden sollten bei der Auswahl des Schuhmodells mit einbezogen werden. Damit ist die Trageakzeptanz auch automatisch höher. Wer bereits Probleme mit den Füssen hat, braucht etwas Unterstützung, um gleich ausdauernd seiner Tätigkeit nachgehen zu können, wie das seine Kollegen ohne Einschränkungen tun können. Es lassen sich praktisch für jede Fussform und Grösse wirklich passende Schuhe finden, und viele Modelle kann man auch orthopädisch anpassen. Denn ermüdungsfrei und sicher auf den Füssen zu sein, beflügelt einen bei jeder Arbeit.

www.suva.chwww.uvex.chwww.protaction.chwww.engelbert-strauss.chwww.haix.ch

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Was vorher zu tun ist

Damit klar ist, in welchem Bereich Schuhe als PSA benötigt werden und was sie genau können müssen, lohnt es sich, sich einen konkreten Überblick zu verschaffen und den Umgang im Gefahrenbereich zu definieren:

  • Die Risiken in den einzelnen Arbeitsbereichen benennen (auch jene auswärts), wie zum Beispiel Zehen quetschen, Rutschgefahr, Lösemittel oder spitze Gegenstände am Boden, unebene und lose Untergründe usw.
  • Anforderungen an die Sicherheitsschuhe für jeden Bereich festlegen.
  • Überprüfen, wer in welchen Bereichen arbeitet – auch nur aushilfsweise oder temporär.
  • Eine betriebsspezifische Regelung über das Tragen von Sicherheitsschuhen erstellen. Die Suva empfielt eine allgemeine Tragpflicht für Sicherheitsschuhe.
  • Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Mitarbeitenden bei der Auswahl der geeigneten Schuhe mit einbezogen werden.
  • Die Überprüfung der Einhaltung der Sicherheitsregeln einplanen.

Andreas Brinkmann, AB

Veröffentlichung: 28. Oktober 2021 / Ausgabe 44/2021

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