Ein neues Leben für den Boden

Der Mittelfriesboden als Vertreter der Tafelböden ist in vielen Altbauten anzutreffen. Bild: Wolfgang Markl

Parkett.  Holzböden sind täglich grossen Belastungen ausgesetzt. In gewissen Zeitabständen bedarf das Parkett einer Renovierung auf der Baustelle. Bei gröberer Beschädigung ist allenfalls gar eine komplette Restaurierung des ausgebauten Parketts und des Unterbodens angezeigt.

Parkett ist zeitlos und langlebig. Zwei gute Gründe, um auf diesen Bodenbelag zu setzen. Trotz seiner Strapazierfähigkeit bedarf Parkett von Zeit zu Zeit einer Auffrischung. In vielen Fällen reicht es, die Oberfläche vor Ort einer Renovation zu unterziehen, sie abzuschleifen, allfällige Beschädigungen auszuflicken und sie neu zu versiegeln oder zu ölen. Doch bei älteren Böden reicht eine einfache Renovation oft nicht aus. Da gilt es, die Situation ganzheitlich zu betrachten und eine umfassende Erneuerung des gesamten Bodenaufbaus ins Auge zu fassen. «Der Arbeitsaufwand bei alten Böden ist meist nur sehr schwer einschätzbar», sagt Wolfgang Markl (Bild), Mitinhaber der B & M Parkett AG in Zürich. Die Schäden am jeweiligen Bodenbelag seien oft nur die Spitze des Eisbergs. Für Markl ist deshalb klar: «Bei mir geht keine Offerte raus ohne eine vorgängige Analyse vor Ort.» Mache man das nicht, so könne es zu massiven Kostenüberschreitungen kommen. «Diese lassen sich dann im Nachhinein beim Bauherrn oder Architekten kaum mehr rechtfertigen», erklärt der Experte. Er habe über die Jahre hinweg ein recht gutes Gefühl für den Umfang eines Problems entwickelt. Als Beispiel spricht Markl eine neoklassizistisch geprägte Villa in einem Zürcher Vorort an, in welcher die Böden teilweise von Grund auf saniert werden mussten. Im Erdgeschoss des fast 100-jährigen Gebäudes war ein Mittelfriesboden verlegt. Dieser wies trotz seines hohen Alters eine ausreichende Stabilität auf, sodass er nicht ausgebaut, sondern vor Ort renoviert werden konnte. Stark beschädigte Elemente wurden durch exakte Nachbildungen ergänzt. Danach wurde das massive Parkett aus den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts sorgfältig geschliffen und neu geölt.

Komplizierter präsentierte sich die Ausgangslage im Obergeschoss der Villa, wo der alte Linoleumboden durch einen Fischgratparkett ersetzt werden musste. Grundsätzlich kein allzu kompliziertes Unterfangen, wäre da nicht die Sache mit dem Unterlagsboden gewesen: Der Linoleum war mit Sulfatkleber auf einen Gipsestrich verlegt worden. Eine ungünstige Kombination, wie Markl erklärt: «Wenn der Sulfatkleber mit Feuchtigkeit in Kontakt kommt, fängt er an zu schäumen und dringt in den Boden ein.» Dadurch habe der Gips und mit ihm der gesamte Estrich an Stabilität verloren. Aus diesem Grund musste der gesamte Unterlagsboden neu aufgebaut werden.

Doch wie oft in älteren Gebäuden war dieser durch Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) belastet, womit das Abschleifen zum Tabuthema wurde. «Es blieb uns nichts anderes übrig, als den Boden in grossflächigen Stücken rauszubrechen und fachgerecht zu entsorgen», sagt Markl. Ein Zusatzaufwand, der bei älteren Gebäuden zur Sicherheit immer eingeplant werden sollte.

Fischgrat versteht keinen Spass

Beim Wiederaufbau des Unterlagsbodens setzte die B & M Parkett AG auf das Turbolight-System der Uzin Utz Schweiz AG aus Buochs NW. Dieses besteht aus den drei Komponenten Leichtausgleichmörtel, Renoviervlies und selbstnivellierende Spachtelmasse, sogenannter Dünnestrich. Nach einer Dispersionsgrundierung wurde der Mörtel in drei Etappen in den Raum reingepumpt und mit einer Richtlatte plan abgezogen. Die ausgehärtete Grundlage wurde mit einem Renoviervlies belegt, welches mit seinen zugfesten Langglasfasern als Armierung dient. Den Abschluss des Estrichs bildete der in zwei Schichten aufgespachtelte Dünnestrich. Rund 15 Tonnen Bodenspachtelung waren laut Markl für den Abschluss des Estrichs nötig. «Für ein perfektes Resultat muss der Unterlagsboden topfeben sein», führt er aus. «Fischgrat versteht keinen Spass.» Dies gilt auch für dessen Verlegung. Hier muss das Kernstück, der Zopf, exakt in der Achsmitte des Raumes eingepasst und verklebt werden, bevor die weiteren Riemen angelegt werden. Ist der Zopf nicht vollkommen exakt eingepasst, ergeben sich über die Länge des Raumes grosse Summenfehler.

Herstellung und Restaurierung

Das Parkett für diese altherrschaftliche Villa wurde, wie bei vielen Projekten der B & M Parkett AG, von der Wey Parkett AG hergestellt. Eine der Kernkompetenzen des Unternehmen aus Wolhusen LU ist nebst der Herstellung von Parkett dessen Restaurierung. Eine Restaurierung in der Werkstatt wird dann notwendig, wenn eine Renovation vor Ort nicht mehr ausreicht, um die Schäden zu beheben. Die Entscheidung, das Parkett aus- und wieder einzubauen, hängt nicht nur vom Parkett selber ab, sondern wiederum von der Gesamtbeurteilung des Bodenaufbaus. Hat der Estrich nicht mehr die nötige Stabilität, so lässt sich der Ausbau des gesamten Parkettbodens nicht vermeiden. Ist beispielsweise die Lattung defekt, beginnt der Boden zu schwingen, wodurch störende Knarrgeräusche entstehen. Ausserdem besteht die Gefahr, dass die mit Federn verbundenen Parketttafeln aufgrund dieser Schwingungen brechen. «Wenn der Untergrund nicht stimmt, nützt das beste Parkett nichts», sagt Manfred Hügi (Bild), Geschäftsführer der Wey Parkett AG. Mit ein Grund für den Ausbau des Parketts ist oft auch eine fehlende Schalldämmung.

Böden mit Geschichte

Für den Laien stellt sich die Frage, warum das alte Parkett in aufwendiger Handarbeit aufgefrischt und nicht einfach durch neues Parkett ersetzt wird. Dies hat laut Hügi verschiedene Gründe: «Alte Parkettböden haben einen Liebhaberwert. Sie haben ihre eigene Geschichte und dadurch auch eine unverwechselbare Ausstrahlung.» Bei aufwendigeren Parketten kann sich die Restaurierung auch finanziell lohnen. So beispielsweise beim Tafelparkett, bei welchem verschiedene Holzelemente in geometrischen Mustern zu einer quadratischen Form zusammengefügt und auf eine Trägerplatte aus Holz, die Tafel, geklebt werden. Tafelparkett wurde früher oft in herrschaftlichen Häusern, wie in vorgängig erwähntem Objekt, verlegt.

Auflagen des Denkmalschutzes

Einer der wichtigsten Gründe für die Restaurierung und den Wiedereinbau von altem Parkett ist die Denkmalpflege.

«Seitens des Denkmalschutzes gibt es recht strenge Auflagen», sagt Hügi. Es gelte der Grundsatz, warum Parkett, der schon 100 Jahre gehalten habe, nicht nochmals 100 Jahre halten sollte. Eine Restaurierung erfordert ein sehr grosses Fachwissen und sollte deshalb von einem Experten ausgeführt werden. «Der Ausbau des Parketts erfordert ein hohes Mass an Sorgfalt», sagt Wolfgang Markl. Ist das Parkett verklebt, so ist ein Aus- und Wiedereinbau praktisch unmöglich, da sich das Parkett kaum ohne grössere Beschädigungen ausbauen lässt. Historisches Parkett ist jedoch meist auf einen Blindboden aufgenagelt. Bei der Demontage werden die Nägel versenkt und die einzelnen Elemente vorsichtig rausgenommen. «Oft lässt es sich aber auch mit der grössten Vorsicht nicht vermeiden, dass Nut und Kamm respektive die Feder brechen», sagt Markl. Denn das Holz sei nach so langer Zeit nicht selten spröde und brüchig. Für den Ausbau des Parketts rechnet der ausgebildete Renovationstechniker mit einem Aufwand von einer Stunde pro Quadratmeter.

Nutzschicht als wichtigstes Kriterium

Ist das Parkett ausgebaut, wird es in Rahmenpaletten bei der Firma Wey in Wolhusen angeliefert und dort einer eingehenden Kontrolle unterzogen. «Wir nehmen keinen Auftrag an, bevor wir das Parkett gesehen haben», sagt Manfred Hügi. Bei Bedarf wird das Material auch auf der Baustelle beurteilt. «Wenn wir einen Auftrag annehmen, dann hat der Kunde die Garantie, dass wir diesen auch ausführen können.» Das entscheidende Kriterium ist sowohl bei der Renovierung vor Ort als auch bei der Restaurierung im Betrieb die Stärke der Nutzschicht. Diese sollte mindestens 5 mm betragen.

Ergänzung mit neuen Elementen

Das ausgebaute Parkett wird gereinigt und von Nägeln befreit. Auch die alten Federn werden von Hand rausgenommen, bevor die Parkettelemente auf der Schleifmaschine oben und unten geschliffen werden. «Um eine möglichst hohe Stärke der Nutzschicht zu bewahren, wird oben so wenig wie nötig abgeschliffen», sagt Hügi. «Das heisst, wir bringen die ganze Fläche auf das gleiche Niveau, lassen gröbere Hicke aber drin. Diese stören bei altem Parkett nicht, sondern verleihen diesem Charakter.» Dasselbe gilt auch für kleinere Risse und Spalten. Gerade bei altem Parkett ist eine gewisse Patina meist durchaus erwünscht.

Nach dem Kalibrieren werden die Elemente, beispielsweise die Tafeln, winklig zugeschnitten und infolgedessen meist mit neuen Nuten versehen. Durch diese Bearbeitung reduzieren sich die Aussenmasse der einzelnen Tafeln und damit auch jene der gesamten Parkettfläche. Der Boden muss deshalb mit einer Umrandung oder mit originalgetreu nachgebauten Elementen ergänzt werden.

Natürlichkeit ist angesagt

Die Restaurierung des Parketts erfolgt bei der Wey AG mit klassischen Schreinerwerkzeugen und -maschinen. «Altes Parkett bearbeiten wir immer mit den gleichen Werkzeugen, da diese durch eingeschlossene Fremdkörper wie Sandkörner stark strapaziert werden», verrät Hügi.

Die Restaurierung ist ein sehr aufwendiger und zeitintensiver Prozess. Doch während der Arbeiten in der Werkstatt kann der Verlegebetrieb auf der Baustelle bereits den neuen Unterboden erstellen. Danach kann das restaurierte Parkett wieder eingebaut werden, wobei dieses aus Stabilitätsgründen in der Regel nicht mehr genagelt, sondern geklebt wird. Der Feinschliff und die Oberflächenbehandlung erfolgen beim eingebauten Parkett. Letztere ist ein grosses Thema bei der Renovation und Restaurierung von Parkett. Es stellt sich die Frage, ob der Boden versiegelt oder geölt werden soll. Ein versiegelter Boden ist generell robuster. Der Lack bietet eine Zusatzschicht, welche das Holz vor mechanischer Belastung, Feuchtigkeit und Schmutz schützt. Durch diese Schutzschicht verliert das Parkett aber auch etwas von seiner natürlichen Optik und Haptik. Ein geölter Boden sollte in regelmässigen Abständen nachbearbeitet werden. Dies ist beim versiegelten Parkett nicht notwendig. Allerdings muss ein versiegeltes Parkett bei Schäden über die gesamte Fläche neu behandelt werden, um sichtbare Lackansätze zu vermeiden. Beim geölten Boden können solche Schäden in der Regel örtlich nachgebessert werden.

Wolfgang Markl und Manfred Hügi sind sich einig, dass für die Oberflächenbehandlung – egal ob versiegelt oder geölt – möglichst ökologische Produkte eingesetzt werden sollten. Denn das Parkett soll seinem Ruf als natürlicher und nachhaltiger Bodenbelag in allen Teilen gerecht werden.

www.bm-parkett.chwww.wey-parkett.ch

Die Geschichte des Parketts

Der Ursprung von Holzböden geht auf das 13. Jahrhundert zurück. Das Parkett, ähnlich demjenigen von heute, wurde erstmals im 16. Jahrhundert verlegt, war aber lange Zeit der Oberschicht vorbehalten. Als Folge der industriellen Revolution wurde das Parkett im 19. Jahrhundert für breitere Kreise erschwinglich. Mitte des 20. Jahr- hunderts wurde das Mehrschichtparkett patentiert. Dieses besteht aus zwei oder drei verleimten Holzschichten. Die oberste wird als Nutzschicht bezeichnet, darunter liegt die Trägerschicht. Mehrschichtparkett wird heutzutage vor allem aus Kostengründen häufig anstelle von Massivholzparkett eingesetzt.

Monika Hurni, mh

Veröffentlichung: 23. September 2021 / Ausgabe 39/2021

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