«Beim Steilkegel lagen einige Hundertstel drin, bei der HSK-Schnittstelle bewegt sich die Toleranzgrenze bei wenigen tausendstel Millimetern», sagt Thomas Oertli von der Oertli Werkzeuge AG. Die hochpräzi-sen HSK-Schnittstellen haben bei Anlagen mit automatischem Werkzeugwechsel viele neue Bearbeitungstechniken erst möglich gemacht. Zudem sind bei entsprechender Auswuchtung hohe Drehzahlen und Werkzeuggewichte realisierbar. Doch auch diese Schnittstellen weisen Nachteile auf. Gerät Schmutz auf die empfindlichen Stellen am Kegel und an der Planfläche, leidet die Rundlaufgenauigkeit. «Schon kleinste Ablagerungen können Auswirkungen haben», erklärt Toni Meister, Verkaufsleiter bei der Leitz GmbH in Lenzburg. Die Oberflächengüte dieser Referenzebene hat Einfluss auf die Passgenauigkeit der Schnittstelle, denn beim HSK verformt sich beim Spannen der Kegel so weit, bis das Werkzeug satt an diese Fläche gezogen ist.
Mit der Länge nehmen die Probleme zu
Das Verhältnis zwischen Anschlagsfläche und Spindellänge entscheidet, wie sehr sich Schmutz auf der Planfläche auf die Rundlaufgenauigkeit auswirkt. Bei grossen Anlagen kann die Spindellänge 300 mm und mehr erreichen. Mit 63 mm Auflagedurchmesser (HSK 63) bedeutet das Faktor 1:5 – ein Span von 0,2 mm Dicke wird die Drehachse an der Spindelspitze einen ganzen Millimeter weg von der Motorenachse bewegen. «Solche Fremdkörper dürfen beim Einwechseln keinesfalls auf der Planauflage liegen bleiben», sagt Oertli. Das passiert zum Glück auch kaum, denn die Anlagen verfügen über Abblaseinrichtungen, die das verhindern sollen. Trotz dieser Vorsorge kommt es aber immer wieder zu Problemen durch Verschmutzung, etwa weil klebriger Staub liegen bleibt. Das kann insbesonde- re bei der Bearbeitung von harzhaltigen Hölzern vorkommen. Die Verschmutzung nimmt dabei im laufenden Betrieb weiter zu, etwa wenn bereits eine Schicht auf den Werkzeugen klebt. Auf solchen Belägen haften dann die Verschmutzungen noch besser.
Tägliche Sichtkontrolle!
Die Werkzeughersteller sowie Maschinenbauer empfehlen darum, mindestens einmal täglich eine Sichtkontrolle an den Werk-zeugen vorzunehmen und nötigenfalls die Teile mit einem Lappen abzureiben. «Das sollte man am besten morgens vor dem Start erledigen und sich dieses Ritual angewöhnen», empfiehlt Meister. Je nach Exposition des Werkzeugstandortes reicht die tägliche Reinigung nicht aus. Verzichtet man über längere Zeit auf das Saubermachen der Schnittstellen, werden die Ablagerungen verdichtet und lassen sich kaum noch entfernen. «Zur Reinigung empfehlen wir einen sauberen Lappen und wenig Reinigungsmittel», sagt Toni Meister. Er setzt auf den ölhaltigen, wasserverdrängenden «WD40»-Spray. «Wichtig ist, dass kein klebriger Film zurückbleibt», so Toni Meister. Dieser würde den Schmutz nur noch mehr binden.
Handschuhe anziehen, Klima beachten
Neben Verschmutzungen durch umherfliegende Späne und durch Staub müssen auch die Belastungen durch Handschweiss beachtet werden. HSK-Schnittstellen sollte man nie mit blossen Fingern berühren. Montiert der Maschinist die Werkzeuge inklusive Fingerabdrücke in den Werkzeugwechsler, kann die oberflächliche Feuchte bereits zu leichter Korrosion führen. Das ist besonders bei wenig genutzten Fräsern der Fall. Wasser kann sich aber auch wegen Temperaturunterschieden auf den Schnittstellen niederschlagen. Ein möglichst gleichmässiges, trockenes Klima in den Produk-tionsräumen senkt dieses Risiko.
Nie schleifen!
Werden Korrosionsspuren entdeckt, muss man schnell handeln. «Leichter Rost lässt sich mit einer Polierpaste entfernen», sagt Oertli. Auf gar keinen Fall dürfe man aber zu Schleifpapier greifen und den Belag abrasiv entfernen. Bereits wenige hundertstel Millimeter Materialabtrag verwandeln eine HSK-Schnittstelle in Altmetall. Solche Beschädigungen gehören in die Hände von Fachleuten. Nur sie können die nötige Masskontrolle vornehmen und beurteilen, ob ein Kegel noch einsetzbar ist. Viele Beschädigungen erfolgen beim Hantieren am Fräser. «Wer eine HSK-Schnittstelle im Schraubstock einspannt – etwa um ein Spannfutter zu öffnen –, beschädigt die Kontaktflächen», sagt Meister. Um Wendeplatten zu montieren oder einen Bohrer einzuspannen, brauche es zwingend eine Montagevorrichtung. Ausserdem rät der erfahrene Werkzeugfachmann, mehrteilige Fräsgarnituren regelmäs- sig zu zerlegen und zu reinigen.
«Bleibt Schleifstaub zu lange zwischen den einzelnen Elementen, ist er kaum mehr zu entfernen», erklärt Meister. Viele Fräsgarnituren würden aus dem Verkehr gezogen, nur weil sie sich wegen der Ablagerungen nicht mehr auseinandernehmen liessen. Betroffen seien vor allem Werkzeuge zur Bearbeitung von MDF. Der hohe Bindemittelanteil und die stete mechanische Verdichtung lassen den Staub steinhart werden. Ultraschallreinigungsgeräte können beim Unterhalt gute Dienste erweisen.
Die Anlagen schützen
Mit einem angemessenen Serviceaufwand liesse sich bei den CNC-Werkzeugen viel Geld sparen. Dabei gilt es, nicht nur die Werkzeugkosten zu beachten, sondern auch den Aufwand bei Produktionsausfall und die abnehmende Fertigungsqualität. Mangelhafte Schnittstellen belasten zudem die Werkzeugaufnahmen und verkürzen die Lebensdauer von Lager und Getrieben an der Spindel. «Das geeignete Werkzeug am richtigen Ort muss die Devise lauten», sagt Meister. Man dürfe zum Beispiel auf keinen Fall ein Kehlmaschinenwerkzeug auf eine CNC-Spindel spannen. Solche Fräser seien zu wenig genau ausgewuchtet.
Moderne Anlagen reagieren mit Betriebsunterbrüchen, wenn die Rundlaufgenauigkeit zu schlecht ist. Sensoren überwachen die Spindeln und melden Abweichungen, um so die Anlagen zu schützen. Ältere Anlagen ertragen die ungeeigneten Werkzeuge einfach und leiden.
www.oertli.chwww.leitz.orgTipps zum unterhalt
Werkzeugseite
HSK-Schnittstellen sind aus hochwer-tigem Werkzeugstahl gefertigt, der leicht korrodieren kann. Das Aufbringen eines dauerhaften Korrosionsschutzes ist produktionsbedingt nicht möglich. Man sollte daher die empfindlichen Teile nie mit blossen Fingern berühren. Passiert es trotzdem, können die Berührungsstellen wieder abgerieben werden.
Leitz empfiehlt dazu einen leicht öligen, sauberen Lappen. Bei den Spindeln sollte man mindestens einmal täg-
lich eine Sichtkontrolle machen und Verschmutzungen mit einem Lappen oder mit einer speziellen Reinigungsvorrichtung entfernen. Ab und zu muss man die heiklen Flächen an der HSK-Schnittstelle (Kegel und Planauf-lage) mit einem wasserverdrängenden Reinigungsmittel abreiben. Oertli empfiehlt dazu den «Turbo Spray» von Brunox, Leitz den «WD40»-Spray. Wichtig dabei: immer trockenreiben, sonst kleben Verschmutzungen noch besser.
Maschinenseite
Die Werkzeugaufnahme an der Spindel wird ungleich stärker durch Schmutz und Gebrauch belastet als die Werkzeuge und erfordert deutlich mehr Unterhalt. Tägliche Reinigung und Schutz durch ein entsprechendes Mittel ist Pflicht. Haftende Beläge kann man mit einem Kegelreiniger mechanisch entfernen, das Einreiben mit den obgenannten Reinigungsmitteln sollte mindestens einmal täglich erfolgen.
Korrosion entfernen
Sind auf den Schnittstellen oder an der Spindel Flecken oder Roststellen entstanden, sollte man sie sofort entfernen. Korrosion auf den Werkzeugen kann die Werkzeugaufnahme beschädigen. Zum Entfernen der Beläge eignet sich eine Polier- und Reinigungspaste am besten. Keinesfalls darf man zum Schleifpapier greifen!
Lässt sich ein Belag nicht mehr entfernen, ist die Schnittstelle nicht mehr zu retten und muss aus dem Verkehr gezogen werden.
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