Den Transit auf die Schiene verlagern


Materialhandling. Hängebahnen sollen das allseitige Beschichten von Bauteilen ermöglichen und den Arbeitsablauf rationalisieren. Die SchreinerZeitung hat bei zwei Betrieben nachgefragt, ob sich die Verlagerungspolitik im Spritzraum bewährt.
Schwere Bauteile sind nicht nur zum Montieren auf der Baustelle ein hartes Stück Arbeit, sondern auch bei der Oberflächenbehandlung. Zum Transportieren und Wenden der Teile benötigt der Oberflächenspezialist meistens eine Hilfskraft – oder entsprechende Hilfsmittel. Oft sieht man mit Böcken oder Wagen improvisierte Einrichtungen. Diese stellen eine Erleichterung dar, weisen aber häufig verschiedene Nachteile auf. Abhilfe versprechen Hängebahnen, wie sie in anderen Bereichen seit geraumer Zeit eingesetzt werden.
«Bei den Schreinern sind solche Systeme noch nicht sehr verbreitet», sagt Harry Unternährer, Leiter Technik bei der Subis GmbH. Das Unternehmen aus Küssnacht am Rigi hat sich auf Lösungen für das Materialhandling spezialisiert. «Langsam interessieren sich aber auch immer mehr Hölzige für solche Lösungen», hält Harry Unternährer fest.
Zum Beispiel hat die Heim Holz AG beim Bau des neuen Produktionsgebäudes in Waltenschwil auch gleich eine Hängebahn im grosszügigen Lackierraum eingebaut. Im hinteren Bereich des Raumes befinden sich mehrere Bahnhöfe, wo aufgehängte Teile abgestellt werden können.
«Mit der Hängebahn konnten wir den Durchlauf bei der Oberflächenbehandlung wesentlich verbessern» sagt Produktionsleiter Daniel Portmann. Konkret ist Oberflächenspezialist Michael Landa in der Lage, bis zu 60 Türen pro Tag fertig zu lackieren. «Dafür muss man beim Lackieren schon aufpassen, dass es keine Läufe gibt», sagt Landa. Ein positiver Nebeneffekt davon ist, dass der Lackverbrauch merklich zurück- gegangen ist. Heikle Bauteile oder solche, die sich schlicht nicht aufhängen lassen, spritzt Landa aber trotzdem noch liegend. «Das Aufhängen der Teile ist sowieso eine kleine Wissenschaft», fügt Harry Unternährer an. Je nach Kundenanforderung entwickelt und produziert Subis individuelle Aufhängungen. «Wichtig dabei ist, dass die Aufhängungen ein Schwingen der Teile zulassen. Ansonsten können die Aufhängungen brechen oder es gibt Risse im Bauteil», ergänzt Unternährer.
Auch die Heim AG hat für die Türen verschiedene Aufhängungen schweissen lassen. Dabei handelt es sich um einfache Ringe aus Stahl, bei denen Schrauben in verschiedenen Grössen angeschweisst wurden. Diese werden dann in ein Loch auf der oberen Kante der Tür geschraubt. Das Loch wird bereits standardmässig auf dem Bearbeitungs- zentrum vorgebohrt. Gebrochene Schrauben hat Michael Landa auch schon erlebt, ihm ist deshalb eine schwere Tür auf den Fuss gefallen. Problematisch sind insbesondere verbogene Schrauben, die wieder gerade gebogen werden. Oder manchmal werden schlicht zu schwere Teile an nur eine Aufhängung gehängt. «Solche Überbelastungen können auf Dauer auch die Lauf- eigenschaften der Schienen und Laufwagen negativ beeinflussen», erklärt Unternährer. Deshalb muss der Schreiner bereits im Voraus abklären, welche Belastungen eine Hängebahn aushalten soll. «Für eine gewöhnliche Schreinerei empfehlen wir in der Regel ein System, das 200 kg pro Meter Schiene und 150 kg pro Wagen aushält», erzählt Harry Unternährer. Zudem muss abgeklärt werden, ob die Decke die Belastungen aufnehmen kann. Anderenfalls braucht es Verstärkungen mit Stahlträgern oder Holzbalken.
Solche Verstärkungen waren auch nötig, als man bei der Heim AG das Schienensystem bis zur Schleifmaschine und in einen Nebenraum erweiterte. Bei der Schleifmaschine werden die Teile aufgehängt und zum Lackieren vorbereitet. «Hier wird noch ein Kran mit Vakuumsaugern platziert, damit eine Person diese Arbeiten erledigen kann», ergänzt Betriebsleiter Portmann. Im Nebenraum werden die Teile nach dem Spritzen wieder abgehängt, Beschläge mon- tiert und für den Transport vorbereitet. Das komplette Schienensystem wurde übrigens von der Heim AG selber montiert, der Systemlieferant hat lediglich die Planung übernommen. «Die Ergänzungen habe ich zusammen mit einem Schreiner an zwei Samstagen montiert», fügt Daniel Portmann an. Dennoch beläuft sich der Aufwand für das gesamte System auf mehrere zehntausend Franken. Insbesondere Spe- zialteile wie zum Beispiel Weichen gehen sehr schnell ins Geld.
Dass Hängebahnen nicht nur für grössere Betriebe Sinn machen, zeigt das Beispiel der Schreinerei Annen in Arth am Zugersee: Drei Schreiner und ein Lernender führen Schreinerarbeiten aller Art aus. «Wenn ich früher grössere Teile lackierte, musste manchmal extra jemand von der Baustelle in die Werkstatt fahren, um mir zu helfen», erläutert Oberflächenspezialist Bernhard Rauchenstein. Trotz der relativ geringen Raumhöhe investierte man etwas über 3000 Franken in eine einfache Hängebahn. Sie führt von der einen Raumecke vorbei an der Absaugwand in die andere Ecke. «Jetzt hängen wir am Morgen zu zweit schnell alles auf und ich kann den ganzen Tag ohne Hilfe arbeiten», sagt Rauchenstein.
Aber auch er gibt zu bedenken, dass das Lackieren von hängenden Teilen anspruchsvoll ist. Mit etwas Erfahrung und einem Trick sei dies aber kein Problem. «Vor dem eigentlichen Lackieren netze ich das Teil mit Lack ein wenig an. Dadurch entsteht ein klebriger Film, der Läufe im Lack verhindert.» Bei der Aufhängung am Laufwagen empfiehlt Rauchenstein, etwas mehr Geld in Drehlager mit Rasterung zu investieren. Diese verhindern, dass die Teile sich beim Herumfahren oder durch den Luftdruck beim Spritzen drehen.
Als einzigen echten Nachteil nennen beide Oberflächenspezialisten die grössere Gefahr von Staub auf der Oberfläche. Auf den Schienen sammelt sich Staub an, der durch die beim Schieben hervorgerufenen Erschütterungen auf die Teile herunterrieselt. «Um dies zu vermeiden, reinigen wir die Schienen fast wöchentlich», sagt Landa. Darüber hinaus sind Hängebahnen sehr wartungsarm. Harry Unternährer empfiehlt dennoch aus Sicherheitsgründen, alle Installationen jährlich zu überprüfen. Richtig umgesetzt scheint sich die Verlagerungs-politik in diesem Bereich also durchaus zu bewähren.
www.heim-holz.chwww.subis.chwww.schreinerannen.chwww.serva-airsystems.chwww.protechnik.chVeröffentlichung: 22. März 2012 / Ausgabe 12/2012
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