Den Blickwinkel öffnen

Die Imboden & Partner GmbH in Raron VS besteht aus einer Schreinerei, einer Zimmerei und einer Werkstatt für Bodenbeläge. Bild: Imboden & Partner GmbH

Beratung.  Das Ziel im Arbeitsalltag nicht aus den Augen zu verlieren, ist schwierig. Externe Berater können frische Ideen einbringen und helfen, den Betrieb auf die Zukunft auszurichten. Bis Ende 2018 bietet der VSSM ein kostenloses Coaching an: vom Schreiner für den Schreiner.

Schon von Weitem ist die Burgkirche von Raron über dem Rhonetal zu sehen. In dieser Oberwalliser Gemeinde hat Jörg Imboden 2000 die Imboden & Partner GmbH gegründet: Schreinerei, Zimmerei und Werkstatt für Bodenbeläge. Heute arbeiten 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Betrieb. Imboden und sein Geschäftspartner Moritz Werlen leiten das Unternehmen zusammen. Von Anfang an habe sich die Geschäftsleitung Inputs von aussen geholt und regelmässig Standortgespräche geführt, erzählt Imboden.

«Für uns war immer klar, dass uns frische Ideen dabei unterstützen, mit der Firma voranzukommen.» Auf das Mitarbeiterförderungstool und die Beratung durch einen Bildungscoach ist Imboden letztes Jahr auf der Fitmacher-Tour aufmerksam geworden. Beides sind Angebote, die der VSSM im Rahmen der Bildungsoffensive lanciert hat. Sie stehen den Betrieben noch bis Ende Jahr kostenlos zur Verfügung. Danach werden die Kosten für das Coaching verrechnet.

Sachlich Mitarbeitergespräche führen

Das Mitarbeiterförderungstool ist laut Imboden einfach zu bedienen und übersichtlich. Er setzt das Online-Hilfsmittel bereits seit einem Jahr bei den Mitarbeitergesprächen ein. Am Tool schätzt er insbesondere, dass man «konstruktiv auch über schwierige Punkte diskutieren kann, die es zu verbessern gilt». Die unterschiedlichen Kompetenzen der Mitarbeitenden werden separat eingeschätzt. So kann Imboden die fachlichen Fähigkeiten des Mitarbeiters, beispielsweise wie versiert ein Maschinist die CNC-Maschine programmiert, und seine sozialen Kompetenzen unabhängig voneinander beurteilen. «Wir können so konkreter und sachlicher miteinander kommunizieren», sagt er.

Imboden macht sich während des ganzen Jahres regelmässig Notizen, damit im jährlichen Gespräch nicht nur der Eindruck der letzten Tage oder Wochen zählt. Imboden gibt das Formular vor dem Gespräch unausgefüllt den Mitarbeitenden ab, damit sich jeder vorbereiten kann und weiss, welche Themen besprochen werden. «Zu Beginn haben einige Schreiner gelacht und gesagt, das sei ja wie in der Schule», sagt Imboden. Doch mittlerweile schätzten die Mitarbeitenden das Hilfsmittel. Die gemeinsam gesetzten Ziele dienen den Mitarbeitenden als Richtschnur, an der sie sich orientieren können. Imboden nutzt das Tool für alle Mitarbeitenden. Ob für den Monteur, die Buchhalterin oder Mitglieder der Geschäftsleitung: Die Vorlage hilft, die jährlichen Standortgespräche methodisch zu führen.

Beratung vom Schreiner

Michael Pieper, Geschäftsführer der Gemi Schreinereigenossenschaft in Erlenbach ZH, nutzt ein eigenes Formular für die Mitarbeitergespräche. Dennoch war die Personalentwicklung eines seiner Hauptanliegen, als er sich für das VSSM-Bildungscoaching angemeldet hatte. Dessen Bezeichnung fand Pieper dabei zwar irreführend. Würde es im Gespräch darum gehen, Weiterbildungsangebote kennenzulernen? Indem er telefonisch nachfasste, konnte die Frage rasch geklärt werden: Der VSSM-Bildungscoach unterstützt Betriebe darin, die Personalentwicklung nachhaltig zu planen und die eigene Ausrichtung zu überprüfen. Anders als im Falle eines klassischen Unternehmensberaters coacht hier auf Augenhöhe ein Schreiner den Schreiner.

Die Schreinerei Gemi gibt es bereits seit 70 Jahren. Gegründet wurde sie von Mitgliedern der Gewerkschaft und von Mitarbeitern, als dem ursprünglichen Betrieb der Konkurs drohte. Der Betrieb in Erlenbach, am rechten Ufer des Zürichsees und keine 50 Meter von der nächsten Badestelle entfernt, ist deshalb genossenschaftlich organisiert. «Das ist sicher mit ein Grund, wieso der Betrieb trotz des hohen Bodenwerts nie verkauft worden ist», erzählt Pieper. Die Nähe zum Kunden ist für die Schreinerei entscheidend. Die 14-köpfige Belegschaft baut Küchen, Bäder und Möbel für Kunden in der Region.

Weiterentwicklung im Zentrum

Obwohl der Betrieb gut aufgestellt ist: Pieper wollte im Gespräch mit einem externen Berater ausloten, wie sich die Schreinerei weiterentwickeln kann, wo noch Potenzial besteht. So will er bei der Digitalisierung und Automatisierung weiterkommen. Zwar wurde bereits mit einer CNC-Maschine aufgerüstet, doch noch laufen die Daten nicht automatisch von der Planung über die Bearbeitung bis zum Projektabschluss durch, weil Verknüpfungen fehlen. Dass er sich dabei mit Branchenkenner Bruno Krucker, Mitglied der VSSM-Geschäftsleitung, austauschen konnte, war für Pieper hilfreich. Krucker kennt solche Herausforderungen aus eigener Erfahrung, «und wir reden von der gleichen Sache».

Gemeinsam haben sie im Beratungsgespräch die verschiedenen Themen priorisiert und eine Zeitachse entwickelt, um die nächsten Schritte zu planen. «Die Sicht von aussen hilft, die eigenen Gedanken zu ordnen und neue Anstösse zu bekommen», sagt Pieper. Er empfiehlt das Angebot weiter. «Egal, wie gross ein Betrieb ist, von einer Beratung kann eigentlich jeder profitieren.» Nun gelte es, anzupacken und die neuen Inputs auch umzusetzen, sagt Pieper. Wie immer ist das eine Frage der Ressourcen und der Zeit.

Freiraum für strategische Fragen

Bruno Krucker hat als Bildungscoach im Rahmen der VSSM-Bildungsoffensive bereits über 20 Betriebe beraten, er kennt die Situation vieler Unternehmen der Schreinerbranche. «Die Geschäftsleiter stehen unter einem enorm hohen Arbeitsdruck, oft sind sie in zahlreiche operative Aufgaben eingespannt. Um die Zukunft eines Betriebs strategisch zu planen, fehlt vielen die Zeit», sagt er. Die Unternehmer an der Spitze der Firmen sind oft als Einzelkämpfer unterwegs, die ihre strategischen Ideen nicht mit den Angestellten diskutieren können.

Dort setzt das Coaching an: Einen Morgen lang schafft man sich den nötigen Freiraum und stellt sich den Fragen, die sonst nebenherlaufen. «Wo stehen wir? Wohin wollen wir, wie und wann kommen wir dahin?» Ist ein Ziel gesteckt, geht es darum, die nächsten Schritte zu definieren. Ist beispielsweise in fünf Jahren eine Firmenübergabe geplant, dann gilt es, Fristen einzuhalten. Was muss ich heute unternehmen, damit ich in fünf Jahren bereit bin?

Meilensteine setzen

Gemeinsam werden Meilensteine mit konkreten Terminen gesetzt. Nicht immer reicht eine Sitzung aus, in Einzelfällen kann es auch Nachfolgetermine brauchen, bis die Zielsetzung geklärt ist. Krucker verweist auch an weiterführende Stellen, Firmen, Schulen und Spezialisten, die bei spezifischen Fragen weiterhelfen können – wie etwa in Bezug auf eine durchgängige Computervernetzung bei Gemi. Jörg Imboden und sein Partner Moritz Werlen wissen, wohin sie wollen. Imboden & Partner soll künftig Ansprechpartner für alle Fragen der Kunden sein. Dazu wird das Unternehmen ein bestehendes Geschäftsfeld weiterentwickeln und vorantreiben.

An der Höheren Fachschule Bürgenstock besucht die Geschäftsleitung zurzeit ein Seminar, in dem unter Anleitung von Fachleuten ein Businessplan ausgearbeitet wird. Imboden weiss: «Viele Betriebe unserer Grösse haben das gleiche Problem. Wir sehen vor lauter Arbeit den Horizont nicht mehr. Im Coaching haben wir unseren Blickwinkel wieder erweitern können.»ho

VSSM-Bildungscoach

Support vor Ort
Der VSSM-Bildungscoach unterstützt den Schreiner dabei, die Personalentwicklung im Unternehmen wirkungsvoll zu planen. Gemeinsam werden die fehlenden Kompetenzen im Betrieb eruiert und mögliche Lösungswege erarbeitet – von der Wahl der richtigen Weiterbildung über die notwendige Unterstützung für Mitarbeitende bis hin zu finanziellen Aspekten. Als wertvolles Hilfsmittel dient dabei das Mitarbeiterförderungstool des VSSM.Ein kostenloser Beratungstermin von drei Stunden kann per Mail an bildungscoach[at]mft-vssm[dot]ch oder tele- fonisch unter der Nummer 044 267 81 01 vereinbart werden.

www.mft-vssm.ch

VSSM-Mitarbeiterförderungstool

Vier Software-Partner integrieren das Mitarbeiterförderungstool
Die vier renommierten Software- Unternehmen Triviso, Borm/WDV und SwissSoft Solutions unterstützen den VSSM beim Einsatz des Mitarbeiterförderungstools in der Schreinerbranche. Noch im laufenden Jahr implementieren sie das vom VSSM entwickelte digitale Hilfsmittel in ihre Branchensoftware. Alle vier Partner sind überzeugt, mit dieser Integration einen wichtigen Beitrag zur Personalentwicklung respektive Wichtigkeit im Umgang mit den eigenen Mitarbeitenden im Betrieb leisten zu können. Informationen gibt es direkt bei den Software-Partnern abzuholen.

www.triviso.ch
www.borm.ch
www.wdv.ch
www.swiss-soft.ch

Veröffentlichung: 25. Oktober 2018 / Ausgabe 43/2018

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