Dauerhafte Schliesstechnik

Die Türen in Meeresnähe aus Accoyaholz sind eine besondere Herausforderung für die Beschläge. Bild: Amwest

Korrosion.  Funktionalität und Eleganz vieler Baukomponenten aus Schreinereien haben mit hoch entwickelten Beschlägen zu tun. Gerade Türschlösser werden in ihrem technischen Aufbau immer komplexer und damit auch anfälliger für äussere Einflüsse wie Korrosion.

Wenn in der Schweiz ein Haus gebaut wird, geht man traditionellerweise gerne davon aus, dass es für lange Zeit hält. Gerade bei privaten Bauten soll die Investition auch nachkommenden Generationen dienen können. Büro- und Industriebauten müssen später umgenutzt, vermietet oder weiterverkauft werden können. Entsprechend stabil werden die Baustoffe gewählt, und es wird im Normalfall umsichtig geplant.

Ein Haus soll zudem gut aussehen und zeitgemäss in seiner Gestaltung sowie der verbauten Ausrüstung sein. Jeder möchte teilhaben am technischen Fortschritt wie an Türschlosslösungen, die bis vor Kurzem nur für viel Geld die besonderen Sicherheitsanforderungen abdeckten. So bieten heutige Hauseingangstüren Schutz vor allen äusseren Widrigkeiten, egal wie sie positioniert werden. Aber ist die Positionierung wirklich egal, und gilt es da nicht auch, allenfalls die Konsequenzen zu tragen, wenn gewagte Lösungen wie fassadenbündige Haustüren auf der Westseite angestrebt werden?

Vorbestimmte Funktionszeit

Wohl jedes Produkt auf dieser Welt nutzt sich mit der Zeit ab, und sei es nur die schlechte Luft, die an ihm nagt. Ein Türschloss besteht aus vielen Teilen, und etliche davon sind beweglich. Wird eine Tür häufig benutzt, bewirkt das Herunterdrücken des Drückers die Bewegung mehrerer Teile im Schlosskasten sowie das Zurückziehen der Falle. Diese streift bei Gelegenheit an der Ausschnittkante des Schliessblechs, wodurch beide Teile etwas abgenutzt werden. Der entstehende Metallstaub kommt auch in den Schlosskasten.

Panikschlösser mit Selbstverriegelung beispielsweise, also solche, die man für Fluchtwege braucht, verriegeln bei jedem Schliessen der Tür automatisch. Das heisst, jedes Mal, wenn die Tür zugedrückt wird, fährt nicht nur die Falle ins Schliessblech, sondern auch der Riegel darunter. Bei einem Mehrpunktschloss bedeutet dies, dass sich auch die Treibstange unter dem langen Stulp bewegt und weitere Riegel ausfahren. Das nutzt mit jedem Vorgang das Schloss etwas ab und begrenzt somit seine Lebensdauer. Bewegliche Beschläge werden für eine vorgegebene Anzahl Intervalle gebaut und auch getestet, damit über die Einsetzbarkeit eines Produktes Klarheit besteht.

Erschwerende Umstände

Abgeriebene Flächen und der feine Staub, der dabei entsteht, begünstigen die Korrosion der Bauteile, wodurch die Funktion des Schlosses gestört werden kann. Abhängig davon, wo und wie ein Schloss in einer Tür verbaut wird, muss dem langfristigen Oberflächenschutz besonders grosse Aufmerksamkeit geschenkt werden. Schliesslich soll die Mechanik die angegebenen Intervalle auch durchstehen. Für die Hersteller von Türschlössern heisst das, dass ihre Produkte für vorgegebene Situationen am Einsatzort ausgelegt sein müssen.

Bei der Assa Abloy Schweiz AG im zürcherischen Richterswil weist man darauf hin, dass es einen enormen Unterschied machen kann, ob eine Eingangstür einen Witterungsschutz aufweist oder nicht. Wasser kann direkt in die Schlosstasche eindringen oder über eine undichte Türblattoberfläche den Weg nach drinnen finden. Nicht zu vergessen ist auch das mögliche Kondenswasser bei Minergie-Haustüren. In einer ersten Phase können die Metallteile Weissrost und später dann Rotrost ansetzen. Die Schlossqualität und der Schutz der Innenteile bestimmen dann, wie lange die Funktion gewährleistet ist.

Die Glutz AG in Solothurn nennt viele Umstände, unter denen auch vermeintlich gut geschützte Metalloberflächen angegriffen werden. Auslöser sind vor allem Elemente, die in der Atmosphäre vorkommen, und solche, die im Wasser und in der Luft enthalten sein können. Meeresluft wirkt bereits recht aggressiv, Streusalz ebenso. Luft-Öl-Gemische, Abgase, Russ, Bremsstaub sowie verschiedenste Gase greifen Oberflächen an und führen zu Korrosionen. Beispielsweise ist Chlor im Schwimmbad eine sehr grosse Herausforderung für Metalloberflächen.

Geprüfte Tauglichkeit

Gerade technische Produkte wie Türschlösser mit vielen beweglichen Teilen können nicht unbedingt aus nur einem Material hergestellt werden. Jedes Element hat in der Hauptsache eine eigene, wichtige Aufgabe zu erfüllen, die auf mechanischen Grundsätzen beruht. Türschlösser werden getestet und sind in Korrosionsklassen nach der EN 1670 definiert.

Zum Test wird das Schloss in einem Plexiglassockel einer klar definierten Salzsprühnebelprüfung unterzogen. 48 Stunden entsprechen beispielsweise dem, was ein solcher Beschlag ohne Meeresumgebung – also für den Schweizer Markt – aushalten sollte. Das ist die Klasse 2, und sie verlangt das Doppelte wie die Klasse 1. Panikschlösser müssen eine Stufe höher liegen und 96 Stunden bestehen. Die Klasse 4 verlangt 240 und die oberste Klasse 5 sogar 480 Stunden. Bestanden ist dann, wenn die Funktionen gemäss der Norm noch gewährleistet sind. Das Erscheinungsbild ist dabei unwichtig. Bei Elektroschlössern ist besondere Vorsicht geboten, weil die Steuerung und der Motor Schaden nehmen können. Da ist die fachmännische Verlegung sehr wichtig, und besonders beim Kabelanschluss kann Feuchtigkeit eindringen. Es lohnt sich daher durchaus, diese Bereiche allenfalls speziell zu versiegeln.

Notwendiger Service

Den Kunden wird der Rotrost im Schlosskasten nicht wirklich stören, aber die Optik von Stulp, Falle und Riegel sind wichtig. Diese werden aus rostfreiem Edelstahl hergestellt, doch dieser ist anfällig auf Fremdrost, der sich einfressen kann. Mit guter Pflege lässt sich das verhindern. Zwar wird Edelstahl durch eine «Passivschicht», die sich beim Kontakt mit Sauerstoff bildet, natürlich gegen Einflüsse von aussen geschützt und ist daher grundsätzlich eher pflegeleicht. Doch sichtbare Flächen im Aussenbereich müssen dennoch gepflegt werden. Glutz gibt dafür, je nach Anwendungsort, ein Intervall von sechs bis zwölf Monaten als optimal an.

Je komplexer ein System ist und je mehr es sich in einem Risikobereich befindet, desto kürzer sollte das Serviceintervall sein. Panikschlösser müssen jährlich auf ihre Funktionen überprüft werden.

Damit die Schlosskomponenten für den vorgegebenen Einsatzbereich korrosionsbeständig sind, werden von den Herstellern die ausgewählten Metalle zum Teil noch veredelt. Bei einer sehr hohen Belastung, wie sie etwa im Tunnelbau vorkommt, werden bei der Firma Glutz Edelstahlflächen auch mal mittels einer Noroxydvernickelung zusätzlich geschützt.

MSL von der Assa Abloy Schweiz AG bietet die Möglichkeit einer Dickschichtpassivierung, wenn höhere Anforderungen gestellt werden, als das Normalsortiment bietet. Das ist eine Chrom-VI-freie, korrosionsbeständige Oberflächenveredelung auf der Basis von Chrom-III-haltigen Verbindungen. Sie erzielt ein grünschimmerndes bis buntes, irisierendes Aussehen.

Bei der Gretsch Unitas AG in Rütlingen BE wird die hellgraue Beschichtung «Faceguard» für den zusätzlichen Schutz angeboten. Sie wird mittels Spritzverfahren appliziert. Wie auch die anderen Hersteller weist die Firma darauf hin, dass der Schreiner die Türkomponenten mit einem Sperrlack behandeln soll, um keine Feuchtigkeit in die Tür kommen zu lassen.

Verhinderer von Korrosion

Die Produkte von Maco, die in der Schweiz von der Maico GmbH in Appenzell AI vertreten werden, verfügen bei Bedarf über einen ganz anderen zusätzlichen Schutz. Zwar werden Stulp, Treibstangen und auch Verschlusselemente ebenfalls mit einer Beschichtung namens «Tricoat» geschützt, darüber hinaus erhalten aber die Schlosskästen eine Schutzhülle. Diese enthält die VCI-Technologie der Firma Excor aus Birmensdorf ZH, die als Korrosionsverhinderer wirkt. VCI steht für Volatile Corrosion Inhibitor. Excor befasst sich mit Schutzfolien für die Lagerhaltung von Metallteilen. Laut Maco hält ein so geschütztes Schloss auch die Säure von Accoyaholz aus, die dieses anfänglich abgibt. Maco hat seit diesem Jahr noch einen weiteren Schutz zu bieten: Die Oberflächentechnologie «Silverlook-Evo» ist korrosionshemmend und hat eine schmierende Wirkung. Die Beschichtung ist in der Lage, kleine Verletzungen wieder aufzufüllen und so die Versiegelung über lange Zeit aufrechtzuerhalten.

Für die allermeisten Anwendungen in der Schweiz sind sicher normale Schlösser ab Lager eine gute Wahl. Im Falle von Schlössern an exponierteren Lagen weisen aber alle Hersteller darauf hin, dass es sich lohnt, mit ihnen Rücksprache über allfällige Möglichkeiten zu halten.

www.assaabloy.chwww.glutz.comwww.g-u.comwww.excor.comwww.maco.eu

andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 19. November 2020 / Ausgabe 47/2020

Artikel zum Thema

18. Juli 2024

Der Kunde baut es selbst zusammen

mehr
18. Juli 2024

Nexu

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Beschläge