Bühne frei für die Theke


Modellcharakter: Die höhenverstellbare weisse Küchentheke erfüllt viele Funktionen. Als Teil der Kücheninsel bietet sie etwa einen Sichtschutz fürs Kochen und Abwaschen. Bilder: Häfele GmbH
Modellcharakter: Die höhenverstellbare weisse Küchentheke erfüllt viele Funktionen. Als Teil der Kücheninsel bietet sie etwa einen Sichtschutz fürs Kochen und Abwaschen. Bilder: Häfele GmbH
Theken. In der kleinen Küche war die Theke ein Zugeständnis an den fehlenden Esstisch. Im Zuge der offenen Raumplanung tritt ihre Verwandlungskunst zutage. Sie dient als Sichtschutz, für einen Apéro, für einen Smalltalk und ist überdies ein eigenständiges Designelement.
Schon immer war die Küche ein geselliger Ort, denn an diesem Platz versammelt man sich traditionell zum gemeinsamen Essen. Nur die enge Einbauküche der Siebzigerjahre sah eine Trennung von Essen und Kochen vor – ein überholtes Konzept. Von diesem übrig geblieben ist nur die Theke. Sie erlebt seit einigen Jahren eine Neuauflage in vielfältigen Formen.
Die Theke war oft ein schmaler, unauffälliger Stehplatz für ein schnelles Essen. «Heutzutage sind die Küchengrundrisse wieder grösser und der Essplatz ist nach Möglichkeit wieder integriert», so Oliver Borst, Marketingexperte von Häfele Möbel- und Baubeschläge. Die veränderte Raumplanung der offenen Küche sieht meist, als Übergang zum Essbereich, eine Kücheninsel vor. «Zu Beginn war die Theke ein Fremdkörper, der über die Jahre hinweg eine Verbindung mit Arbeitsplatte oder Insel gefunden hat.» Platzprobleme erforderten funktionale Lösungen. «Ausfahren, Einklappen und Ausschwenken liegen im Trend», so Oliver Borst. Und hier ist der Schreiner gefragt.
Häfele bietet Hublifte, Auszieh- wie auch Tischdrehbeschläge. Nur leider kenne der Schreiner oft zu wenig Beschlagslösungen, oder präsentiere sein Know-how nicht entsprechend. So wisse der Endkunde nicht, an wen er sich mit seinen Sonderwünschen wenden könne, «ein Mehrwert, der zu wenig gespielt wird», so der Marketingexperte. Und die wenigsten Endkunden wissen, dass eine Nachrüstung ihrer bestehenden Küche mit einer flexiblen Theke durchaus möglich wäre. Dabei ist sie insbesondere in kleineren Küchen stark gefragt. Denn gemeinsames Kochen mit Freunden und in der Familie bleibt ein Trend. An einer höhenverstellbaren Theke finden so die Ballerina und der Basketballer zum Gemüserüsten ihren Platz.
Als Essplatz dient die Theke dann allerdings kaum noch. Sie ist Arbeitsfläche ebenso wie Vorkosterbühne. Hier wird ein Apéro genommen, ein schneller Espresso zelebriert, ein Blick in die Zeitung geworfen. In der Regel handelt es sich um einen oder mehrere Stehplätze, es kommen jedoch hin und wieder Barhocker zum Einsatz. Die Theke kann auch nach Gebrauch in der Versenkung verschwinden, doch meist soll sie als architektonisch eigenständiges Element einen Blickfang bilden, gerne mit der Zusatzfunktion als Sichtschutz fürs Kochen und Abwaschen. Und sie dient als Bindeglied von der Küche zum Ess-Wohn-Raum. Wer möchte, kann sie sogar als zusätzlichen Stauraum konzipieren.
«Die klassische Konstruktion mit Barwand und Barabdeckung hat sich in jeder Hinsicht weiterentwickelt», sagt Albert Herzog, Geschäftsleiter der gleichnamigen Küchenfirma. Der Fantasie seien keine Grenzen gesetzt und vielfach komme die U-Form zur Anwendung.
Die eigentliche Abdeckung werde dabei mit dem gleichen Material seitlich nach unten gezogen, wie im Beispiel mit dem dunklen Granitstein. Bei der sogenannten schwebenden Abdeckung ragt diese über die Trägerwand hinaus und wird von unten durch leichte Konsolen gestützt.
Wer die Theke als eigenständiges Element positionieren möchte, sollte ein anderes Material wählen. Viele wünschten Massivholz, so der Geschäftsleiter. «Da die Fronten der Küchen vielfach hell sind, bietet Holz eine schöne, kontrastreiche Ergänzung.» Das Holz kann speziell auf den Parkettboden und den Massivholzesstisch abgestimmt werden. Bei der Kücheninsel mit den lavafarbenen Kunstharzfronten wurde ein umgekehrtes «L», weiss lackiert, als Theke angebaut.
Nach wie vor kommen auch die altbewährten Barkonsolen aus Edelstahl und verchromtem Stahl zum Einsatz. Im günstigeren Segment empfiehlt sich HPL-Laminat, da es frei formbar ist. Wenn das Budget nach oben offen ist, dann sollte man eher zur Vollkernplatte greifen.
Mit den vielfältigen Oberflächendekoren bieten sich auch viele Gestaltungsoptionen. Auch Granitstein oder Mineralwerkstoff er- geben elegante Produkte. Doch Auszugslösungen sind mit Stein, wegen des Gewichts, denn kaum möglich. Denn das Zuladungsgewicht verringert sich dadurch deutlich. «Vor einigen Jahren wurde zum Beispiel auf eine gemauerte Brüstung eine Abdeckung aus Granit, Holz oder Glas verbaut. Heutzutage wird mit verschiedenen Formen und Materialien ein Möbelstück kreiert», fasst Stefan Fuchs von Bisag Küchenbau die aktuellen Tendenzen zusammen. In Zukunft sieht er noch vielfältigere Materialkombinationen.
Die Planung will wohlüberlegt sein. In der Regel gilt die Theke als Bestandteil des gesamten Küchenentwurfs. «Es ist von Vorteil, alles aus einem Guss auszuführen, denn der Platzbedarf muss eingeplant werden.» Fuchs empfiehlt auch, die Anwendungswünsche mit dem Kunden direkt bei der Planung abzuklären. Entsprechend können auch die gewünschten und passenden Materialien integriert werden.
Auf dem Beispielfoto dient die Theke auch als Vitrine für Dekorationsobjekte wie Vasen und ein Kaffeeservice. Sie erhalten den buchstäblich passenden Rahmen aus Seitenwänden, die auf Gehrung geschnitten sind. Das ruhige Nussbaumfurnier fasst die Objekte hinter den Glasschiebetüren ins Bild. Die Glastablare sind von hinten mit integrierten LED beleuchtet – ein Designerstück.
Die Küchentheke gewinnt als Designelement an Bedeutung, meint auch Wolfgang Gampp, Geschäftsführer der Wefi Schreinerei. Entsprechend wichtig ist auch die Abstimmung der verwendeten Materialien. Eine elegante Lösung stellt etwa die Verbindung von polierter Granit-Arbeitsfläche und Edelstahl-Inselhaube dar. Die weiss lackierten Küchenfronten nehmen sich dezent zurück. Ein bündig in den Granitstein eingelassenes Glaskeramik-Induktionsfeld unterstreicht die klare Linie. Insel und Theke verschmelzen zu einem Möbel.
Bei Grundrissen, in denen ein kleiner Raum in einen grösseren mündet, stellt die Theke häufig eine Art fliessenden Übergang zum Essraum dar. Bei der Küche mit den Ahornfurnierfronten wurde dafür eine gebürstete Granitabdeckung ausgewählt. Sie wird von unten mit drei Konsolen abgestützt und entspricht so wieder dem Bar-Prinzip.
«Wir beobachten die andauernde Öffnung des Küchenraums und glauben nicht, dass sie ihren Abschluss schon gefunden hat. Der Trend geht immer mehr zur frei stehenden Küchentheke mit integrierter Kochinsel, was sicherlich auch eine Folge des sogenannten Show-Cookings ist, das seit einigen Jahren verstärkt in den Fernsehsendungen zu sehen ist», meint Wolfgang Gampp.
www.haefele.comwww.herzog-kuechen.chwww.bisag-kuechen.chwww.wefi.ch
Veröffentlichung: 04. September 2014 / Ausgabe 36/2014
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