Begleitung auf Schritt und Tritt
Bauwerk hat zwei Produktionslinien mit bereits integrierter Trittschalldämmung im Programm. Bild: Bauwerk Parkett AG
Bauwerk hat zwei Produktionslinien mit bereits integrierter Trittschalldämmung im Programm. Bild: Bauwerk Parkett AG
Parkett. Dröhnende und klackende Gehgeräusche über Parkettböden im Altbau können auch bei schalltechnisch ungenügender Bausubstanz beseitigt oder abgemildert werden. Auf eigene Berechnungen für das Mass der Schalldämmung sollte jedoch tunlichst verzichtet werden.
Sachverständige im Bauwesen sind Personen, die bemüht werden, wenn das Ergebnis einer Arbeit auf dem Boden der Tatsachen angekommen ist. Sprich das Resultat eines Werkes nicht dem entspricht, was zuvor erwartet oder sogar zugesichert worden ist. Erfahrene Vertreter dieser Expertenzunft wissen regelmässig über ganz besondere «Fälle» zu berichten. Etwa über das Beispiel eines Parkettlegers, der für den Neuaufbau eines Bodens die Kennwerte der Schalldämmung für die einzelnen Schichten schlicht aufaddiert hat. «Da kamen viele Dezibel zusammen. Für die zwei Schichten des elastischen Klebers und dazwischen den Kennwert des verklebten Korkes. Das Resultat der Aktion war jedoch, dass die Messung vorab mit dem Ergebnis nach der Arbeit identisch war. Der Bauherr selbst hatte die Trittschallmessungen in Auftrag gegeben, und der Bodenleger Versprechungen gemacht, die jeder Grundlage entbehren», berichtet Experte Bernhard Lysser vom Parkettverband ISP. Am Ende wurde im Renovationsobjekt der komplette Bodenaufbau wieder entfernt, eine Entkoppelungsmatte aufgebracht und mit zehn Millimeter Massivholzparkett belegt. «Am Ende hat dies sogar bessere Werte ergeben, als zuvor mittels Milchbüchleinrechnung ermittelt wurde», so Lysser.
Warum eine einfache Kumulierung der durchaus korrekt ermittelten, einzelnen Werte für das Gesamtmass der Trittschalldämmung nicht funktionieren kann, hat mehrere Ursachen. Ein wichtiger Grund liegt schon in den Prüfverfahren selbst. Die Materialien werden dabei normgerecht auf einer Rohdecke aus Beton kleinflächig aufgebracht und dann mit dem Schlagwerk attackiert. Der gemessene Trittschallpegel wird dabei im Empfangsraum gemessen. Das Mass der Verbesserung für die Trittschalldämmung ergibt sich aus dem Unterschied der Messung mit und ohne Bodenbelag, sprich auf der Rohdecke. Im Prüfverfahren dienen definierte und typische Beton- und Holzdecken.
Auf einer Rohdecke ohne Estrich, gleich welcher Art, wird aber in der Praxis kein Boden verlegt. Dazu kommt, dass sich ein flächiger Boden je nach Grösse schalltechnisch anders verhält als eine kleinformatige Prüffläche. Entscheidend aber ist, dass der schwimmende Estrich selbst die höchste Wirksamkeit bei der Vermeidung von Trittschallübertragung aufweist. Wird Parkett auf einen fachgerecht entkoppelten Estrich verklebt, trägt der Holzboden weder zur massgeblichen Verbesserung noch zur Verschlechterung des Trittschalls bei. Nur in der Prüfung ohne entkoppelten Estrich erreichen die Produkte die gut klingenden Werte.
Die durch die Produzenten von Dämmunterlagen, Klebstoffen und Bodenbelägen angegebenen Kenngrössen für die Minderung des Trittschalls können deshalb trotz korrekter Ermittlung der Messwerte in der Realität lediglich einen Hinweis über das schalltechnische Potenzial des Materials geben, aber nicht als Grundlage für einfache, rechnerische Experimente dienen. Die Folge: «Wird ein Bodenbelag, wie in der Praxis üblich, auf einer Fertigdecke, bestehend aus Rohdecke und Estrich, verlegt, erreicht dieser Bodenbelag nicht die nach Norm ermittelten, trittschallmindernde Wirkung», bestätigt das Fraunhofer Institut für Bauphysik im schwäbischen Stuttgart diesen Umstand im Rahmen einer Untersuchung zum Thema.
Für Bernhard Lysser ist deshalb ganz wichtig: «Kein Praktiker sollte sich dazu hinreissen lassen, konkrete Werte für die zu erwartende Verbesserung gegenüber Bauherren zu garantieren.»
Lohnend für die Überlegung, ob und gegebenenfalls wie die Trittschalldämmung einer Bausituation durch den Bodenaufbau verbessert werden kann, ist die klare Sortierung der Fakten im Vorfeld.
Denn: Bei Neubauten erfolgt die Trittschalldämmung durch den entkoppelten Aufbau des vorhandenen Estrichs. Die Unterlagsböden werden in der Schweiz im internationalen Vergleich auf hohem, technischen Niveau ausgeführt. Das gilt auch für Trockenaufbauten und auch für Holzkonstruktionen, sofern sie fachgerecht ausgeführt sind. «Dann kann man darauf verlegen, was man will, es bringt keine weitere, zusätzliche Schalldämmung, egal ob Parkett oder Kork oder zusätzliche Schichten im Produkt», sagt Lysser. Dementsprechend würden Reklamationen wegen Schallübertragungen bei Neubauten so gut wie gar nicht vorkommen. Trotzdem ist Vorsicht geboten, vor allem wenn Leitungen oder Stützen den Estrich durchdringen und eine Schallübertragung an diesen Punkten wegen fehlerhafter Ausführung gegeben ist. «Dann ist die ganze, gute Schalldämmung zerstört», weiss Lysser.
Etwas anders, weil komplexer, stellt sich die Realität bei Renovationen mit Parkettböden dar, weil im Altbestand die Aufbauten und Dämmungen in aller Regel nicht an das Niveau der Neubauten heranreichen. «Bei Bodenarbeiten im Bestand kann man auf Nummer sicher gehen, indem man eine Schalldämmung auf den Unterlagsboden aufbringt», sagt Lysser. Man könne jedoch nie vorab sagen, wie gross die Wirkung sein werde, auch wenn die Parketthersteller viel versprechen würden. In der Regel funktioniere die vorsichtige Herangehensweise jedoch, sodass Reklamationen und Streitfälle wegen schlechten Schallschutzes im Parkettlegerhandwerk selten vorkommen würden.
Fragen dazu aus der Praxis kämen meist vorab, um sich zu vergewissern, die Dinge richtig zu machen. «Konkrete Werte sollten niemals zugesichert werden», bekräftigt der Experte Lysser.
Bei schwimmend verlegten Parkettböden zwingend erforderlich, haben sich Trittschalldämmprodukte auch für vollflächig verklebte Parkettböden inzwischen etabliert. Fest mit dem Unterlagsboden verklebte Matten lassen sich zum Teil sogar für Massivholzparkett einsetzen. Es ist jedoch vorab zu klären, für welche Arten von Parkett eine Freigabe vom Hersteller gegeben ist. Dabei ist es unerheblich, ob Rollkork oder andere Materialien vorgängig aufgebracht werden. Um gute Resultate zu erzielen, sei es wichtig, die Systemkomponenten entsprechend der technischen Merkblätter zu verwenden. Die Anzahl der in der Praxis erprobten und wirksamen Produkte bei den Trittschallvliesen und -matten sei gross, so Lysser.
Eine Alternative dazu ist die schwimmende Verlegung von Parkett im Altbau, bei der auch die Trittschallunterlage lediglich aufgelegt wird. Die klackenden Geräusche beim Begehen, besonders mit hartem Schuhwerk, werden dabei lauter. Der Geh- oder Raumschall verhält sich bei schwimmender Verlegung materialbedingt ungüngster gegenüber den schubfest verklebten Varianten. Denn Holz ist ein guter Klangkörper, sonst wäre der Einsatz im Musikinstrumentenbau nicht so weit verbreitet. Der schwimmende Parkettboden als grosse Holzplatte wirkt wie ein Resonanzkörper. Dabei ist es unerheblich, ob die Stösse mittels Nut und Kamm verleimt oder per Klick- System lose verbunden werden. Es klingt in jedem Fall.
Ein Sonderfall und ein Plus für die in der Schweiz wenig verbreiteten schwimmenden Parkettböden fällt dem Experten Lysser noch ein. Wer gerne barfuss geht, der erzeugt durch den harten Fersenauftritt dumpfe, dröhnende Trampelgeräusche. Bei eher schlechter Schallentkoppelung des Unterbodens ist in diesem Fall der schwimmende Boden besser geeignet, weil dieser federnder wirkt als ein vollflächig verklebter Boden. Je besser der Unterlagsboden schallentkoppelt werden kann, desto eher wird man zum Verkleben neigen, weil sich die klackenden Gehgeräusche durch die starre Verbindung mit dem wenig schwingenden, massebeladenen Unterboden deutlich reduzieren lassen. Es entsteht ein Eindruck von Einheit.
Um möglichst viele Varianten und Gegebenheiten abdecken zu können, finden sich bei einigen Herstellern auch Parkettvarianten für die Verklebung mit integrierter Schallschutzlage. Der Schweizer Hersteller Bauwerk aus St. Margrethen SG hat gleich mehrere Produktlinien dieser Art im Programm. Bei «Silente» der Modelle «Cleverpark» und «Multipark» ist eine dämmende Matte werksseitig auf der Unterseite der Parkettfriese aufgebracht. «Monopark Komfort» besitzt eine 1,2 mm dicke, vorab aufgeklebte Korkunterlage. Vorteil solcher Systeme scheint vor allem die mögliche Zeitersparnis, weil das sonst vorgängig vollflächige Verkleben von Trittschallunterlagen entfällt.
Bei Laminatprodukten ist die bereits integrierte Trittschalldämmschicht weiter verbreitet. Wie das Fraunhofer Institut in seiner Studie analysiert, gilt es auch hier, vorsichtig mit den genannten Werten umzugehen, weil das Mass der angegebenen Schalldämmung in der Praxis nicht erreicht werde, weshalb es immer wieder zu Beschwerden komme. Zudem gebe es bislang keine wissenschaftliche Untersuchungen dazu, inwieweit messbarer Schall mit dem tatsächlichen Höreindruck von Nutzern übereinstimme. Und: «Die empfundene Störwirkung von Geräuschen hängt im Allgemeinen nicht allein vom messbaren Schalldruckpegel ab», bemerkt die Autorenschaft der Studie des Institutes.
www.parkett-verband.chAusbreitung von Schallwellen über die Luft, etwa durch Musik oder das Sprechen. Entscheidend für die Wahrnehmung der Raumakustik. Vermeidung der Übertragung durch eine hohe Masse der Bauteile und den Einsatz von «schluckenden», absorbierenden Materialien.
Die Übertragung erfolgt durch feste Stoffe, die in Schwingung versetzt werden.
Besondere Form des Körperschalls, etwa durch das Begehen einer Fläche erzeugt. Die Wahrnehmung erfolgt dröhnend etwa im Raum darunter.Vermeidung der Übertragung durch Entkoppelung von wirksamer Fläche und Baukörper.
Daneben taucht auch oft der Begriff «Gehschall» auf. Damit sind die «klackenden» Geräusche gemeint, die etwa beim Begehen eines Bodens hörbar werden und nur im selben Raum wahrgenommen werden. Diese sind materialspezifisch und werden bei harten Böden wie Laminat oft als unangenehm empfunden.
Veröffentlichung: 22. April 2021 / Ausgabe 17/2021
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