Bauen mit Holz widerspiegelt Qualität

Mit seiner runden Ausführung und den rautenförmigen Photovoltaikelementen ist der Besucherpavillon von Novartis ein echter Blickfang. Bild: Novartis

Holzpavillon.  Mit dem Besucherpavillon will der Pharmakonzern Novartis den Interessierten Einblick gewähren in die Welt der Wissenschaft und der Medizin. Für das passende Ambiente sorgen die Tragkonstruktion aus Holz und der Innenausbau aus weiss lasierter Tanne.

Mitten in Basel, am Ufer des Rheins, ist der ringförmige Besucherpavillon des Pharmakonzerns Novartis kaum zu übersehen. Insbesondere beim Einbruch der Dämmerung, wenn die Fassade in unterschiedlichen Farben erleuchtet wird. Die Energie dafür liefern 10 000 rautenförmige Photovoltaikelemente mit ihren 30 000 darin verbauten LEDs. So bleibt die Energiebilanz der Fassade unter dem Strich positiv.

Orte der Begegnung und des Lernens

Nicht minder faszinierend ist der Besucherpavillon im Innern. Die Tragkonstruktion ist in Hybridbauweise ausgeführt, und so wird die Hightech-Gebäudehülle von einer Holzkonstruktion getragen. Damit ist der Pavillon das erste Gebäude auf dem Novartis-Campus mit Holz als Träger- und Gestaltungselement. Auf zwei Geschossen können Interessierte seit nunmehr zweieinhalb Jahren in die Welt der Medizin eintauchen. Das Erdgeschoss des Ausstellungs- und Veranstaltungsgebäudes präsentiert sich als Ort der Begegnung und eignet sich mit seinem öffentlich zugänglichen Café, dem grossen Veranstaltungsraum und dem interaktiven Angebot für Schulklassen für Veranstaltungen und den Dialog. Das gesamte Gebäude steht für Offenheit, und so erstrecken sich grosse Glasfronten sowohl nach aussen hin als auch zum runden Innenhof.

Die wenigen sichtbaren Tragkonstruktionen der Fassade und die hölzerne Deckenverkleidung sind ganz in Weiss gehalten, genauso wie die Verkleidungen der Trep-penaufgänge, die das Erdgeschoss mit dem Obergeschoss verbinden, in welchem die Dauerausstellung «Wonders of Medicine» zu finden ist. Das Obergeschoss ist ein Ort des Lernens mit der multimedialen Ausstellung zur Welt der Medizin und Pharmazie und einem Forum.

Rundungen als Herausforderung

Für die Tragkonstruktion und den Innenausbau, wie Dachelemente, Verkleidungen, Küche, Türen, die Atrium-Sitzbank und die Handläufe der Treppen, zeichnete die Erne AG Holzbau aus dem aargauischen Laufenburg verantwortlich. Um sämtliche Arbeiten am Pavillon koordinieren zu können, erfolgte die gesamte Bauplanung mit BIM.

Die generelle Herausforderung bei der Umsetzung des Projektes lag darin, dass das Gebäude rund ist und es somit keine geraden Flächen und Elemente gibt. Die Bau- elemente mussten in millimetergenauer Präzision aneinandergefügt werden und erlaubten keinerlei Spielraum für Abweichungen. Von Dezember 2020 bis Oktober 2021 arbeitete ein Team von rund 30 Zimmerleuten an der Produktionsstätte der Erne AG Holzbau im aargauischen Stein an den Elementen des Pavillons. Dass praktisch alle Holzelemente und Holzverkleidungen in den eigenen Produktionshallen hergestellt und komplett vorgefertigt auf die Baustelle geliefert werden konnten, sei ein wesentlicher Faktor gewesen für die Einhaltung der Termine und des Budgets, wie Markus Weiersmüller, leitender Projektentwickler bei Erne verrät.

Die 40 Pfosten-Riegelelemente wurden mit dem Lastwagen auf die Baustelle geliefert und dort mit dem Kran montiert. Dabei wurde jedes einzelne Element exakt zwischen die Trägerpfosten aus Holz platziert, dies mit maximal 5 Millimeter Luft auf jeder Seite. In sich hatten es insbesondere die vorgefertigten Elemente aus sechs fertig verglasten Fenstern, mit einer Gesamtlänge von 6 Metern und einer Höhe von 3,8 Metern, die bereits im Werk weiss lackiert worden waren.

Die Krux mit dem Knick

Dank der vielen Fenster und den weiss lasierten Innenausbauelementen aus Tannenholz, wie den grossflächigen Wandverkleidungen, wirken die Räume des Besucherpavillons hell und freundlich. Über eine sichtbare Innenverkleidung verfügen auch die gewölbten Dachelemente. Um die Rundungen der Elemente fertigen zu können, setzte man bei Erne eine formgebende Presse ein. «Der Charme des runden Gebäudes widerspiegelt sich in den Wandverkleidungen und Möbeln bis ins kleinste Detail», zeigt sich André Lüttin, Projektleiter Schreinerei, begeistert.

15 Schreinerinnen und Schreiner kamen während der Bauphase im Juni 2021 zum Einsatz. Insgesamt leisteten sie für den Innenausbau über 7000 Arbeitsstunden. Einzelne, individuelle Schreinerarbeiten fanden direkt vor Ort statt. So beispielsweise die Handläufe der Treppen, die das Erd- mit dem Obergeschoss verbinden. Diese aus massivem Eichenholz gefertigten Elemente erforderten aufgrund ihrer aussergewöhnlichen Form Präzisionsarbeit vor Ort. Aussergewöhnlich deshalb, weil sie weder rund noch geradlinig, sondern mit einem «Knick» in der Mitte ausgeführt werden mussten. Daher waren ungewöhnliche und aufwendige Schnitte für die Verbindung der einzelnen Abschnitte notwendig.

Ausgewähltes Holz

Das Obergeschoss des Pavillons ist komplett mit dem weiss lasierten Tannenholz verkleidet. Um das Material hat sich die Roser AG aus Birsfelden BL gekümmert. «Wir haben die Tannenstämme geviertelt und im Echtquartierschnitt gemessert. Die schlichten Furniere wurden anschliessend geplankt. Dabei werden verschieden breite Furnierblätter wild gemischt und so gefügt, dass keine Ornamentik entsteht», erklärt Tobias Scherg, Geschäftsführer der Roser AG, das Vorgehen. Es sei ganz schön gewesen, wieder mal ein grösseres Projekt auszuführen, bei dem nicht die Eiche die Hauptrolle gespielt habe, sagt er mit einem Lächeln. Ganze 3000 Quadratmeter des Tannenfurniers waren nötig, um die gesamten Ausstellungsräume zu verkleiden und ihnen ein durchgängiges Bild zu verleihen.

«Tanne ist nicht gleich Tanne», sagt Scherg. «Jeder Hersteller hat sein eigenes Rezept bei der Produktion respektive der Messerung der Furniere. Deshalb ist wichtig, dass das gesamte Holz aus einer Produktion beziehungsweise von einem Produzenten stammt, um eine Homogenität in gleicher Farbe und Struktur über das gesamte Objekt zu gewährleisten.» Die Roser AG habe hier Sorge getragen, dass alles wie «aus einem Guss» erscheint. «Wir haben es uns auf die Fahne geschrieben, Verantwortung zu tragen und bei grösseren Projekten den Overview zu übernehmen.» Denn nur so könne eine einheitliche Qualität erreicht werden.

Wert legten alle Beteiligten darauf, die Transportwege möglichst kurz zu halten und auf europäisches Holz zu setzen.

Wandel der Zeit

Auffallend im Ausstellungsraum ist die ruhige Atmosphäre. Um diese zu erreichen, wurden die Platten der Verkleidung grossflächig geschlitzt und mit einem Vlies hinterlegt; sodass der Schall geschluckt wird. Dieses Gefühl der Ungestörtheit soll den Besuchenden ermöglichen, sich vollkommen auf die «Wonders of Medicine», die Wunder der Medizin, zu konzentrieren.

Für die Ausführung des Innenausbaus hat man sich ebenfalls für Tannenholz mit weisser Lasur entschieden, um dem Raum Ruhe zu verleihen. Unbehandelt hätte das Holz wohl zu lebendig gewirkt und wäre zu sehr dem Wandel der Zeit unterworfen gewesen. Der Wandel der Zeit in Wissenschaft, Forschung und Medizin hingegen soll im Pavillon durch die moderne Ausstellung vermittelt werden.

www.erne.netwww.roser-swiss.com

Monika Hurni

Veröffentlichung: 24. Oktober 2024 / Ausgabe 43/2024

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