Auf dem Sprung zur Gartenküche

Luftsprünge macht der zarte Trend noch keine, aber Schreiner Purtschert sieht das Potenzial dafür. Bild: Fabian Meierhans

Draussen kochen.  Mit dem eigenen Garten zu leben, ist für eine wachsende Minderheit längst zum unverzichtbaren Privileg geworden. Eine Küche gehört immer öfter dazu. Für Schreiner ist das ein spannendes Feld, auch wenn diese in der Schweiz erst bestellt wird.

Seine erste Outdoor-Küche sei nicht wirklich eine gewesen, sagt Schreiner Michael Purtschert heute mit einem Zwinkern. Ein Grill, der winzige Balkon der Mietwohnung und der Wunsch, eine funktionale Kochstation zu kreieren – das waren die Zutaten für den ersten Versuch. Immerhin gab es am Ende Abstellmöglichkeiten für die Utensilien, und das Möbel samt Grill waren sauber vor Ort eingepasst. Seit rund sieben Jahren hat man bei der PUR Schreinerei AG in Hindelbank BE, mit ihren zehn Mitarbeitenden, die Küche unter freiem Himmel fest im Blick. Vor dem Ausstellungsraum in Hindelbank sind zwei Modelle platziert. Purtschert macht seine Aussenküchen aus HPL. Mit den inzwischen verfügbaren Beschlägen für dünne Materialien gehe das gut. «Die richtigen Lösungen für die Eckverbindungen zu finden und das Verkleben von HPL hat uns deutlich mehr gefordert, als die passenden Beschläge zu suchen. Heute haben wir gute Lösungen gefunden», sagt Purtschert.

«Die meisten Kunden wissen noch gar nicht, dass sie eine Aussenküche haben möchten. Daran arbeiten wir.» 
Michael Purtschert, Inhaber PUr schreinerei AG, HIndelbank BE

 

Vom Beschlaghersteller Blum etwa habe er grünes Licht für den Einsatz im Aussenbereich, freilich ohne rechtlich verbindende Garantie. Lediglich bei hohen Minustemperaturen könne es zu Einschränkungen bei den ölgedämpften Beschlägen kommen. In der Praxis sei dies jedoch noch nie relevant geworden. Schiesslich würden die Küchen seit vielen Jahren eingesetzt und stetig verbessert. Es sei ein Prozess, genauso wie auf der Kundenseite auch.

«Es fängt mit einem günstigen Landi-Grill an, dann kommt ein besseres Modell und schliesslich der Wunsch nach einer Outdoor-Küche», sagt Purtschert. Das Potenzial zum Kochen draussen sei gross in der Schweiz, allerdings entstünde der Markt gerade erst. «Die meisten Kunden wissen noch gar nicht, dass sie eine Aussenküche haben möchten. Daran arbeiten wir», sagt Purtschert. Die Schreinerei werde so auch als innovativer Betrieb wahrgenommen.

In Lyss BE hat Schreiner Heinz Bürgi ebenfalls die Aussenküche für sich oder, besser gesagt, als Geschäftsfeld für sich entdeckt. Initialzündung dafür war vor einigen Jahren die Anfrage eines ehemaligen Spitzensportlers, der längere Zeit in den USA verbracht und von dort die Kultur des Lebens draussen mit zurück in den Schweiz gebracht hat. Gewünscht wurde eine ausladende Outdoor-Küche mit allerhand Innenleben. Neben dem grossen Backofen, einer Eiswürfelmaschine und einem 1200 mm langen Grill zählte auch eine Original-Guinness-Zapfstelle zur gewünschten Ausstattung. Für Bürgi war schnell klar, dass er auch seine Aussenküchen aus Holz machen will, auch wenn er sich vielen Unbekannten bei der ersten und gleich so aufwendigen Outdoor-Küche gegenübersah. «Aus Chromstahl oder Keramik gab es schon genügend Modelle, aber mit Holz war nicht viel zu sehen», sagt Bürgi. Er entschied sich für Dreischicht-Platten mit Altholz-Decklage, wasserfest verleimt. Klar war deshalb auch, dass die Küche nicht bewittert werden, sondern stets unter einem Dach stehen sollte. Das hat Bürgi bis heute als Konzept. Dazu versieht er die Küchenblöcke meist mit tragfähigen Rollen, so können diese am Ende des Abends mobil etwa vom Pool aus wieder in Richtung Bedachung rollen. Die fahrbare Konstruktion muss auch den Belastungen standhalten. «Das Material für die Abdeckung darf nicht zu spröde sein, um einer Rissbildung durch Stösse vorzubeugen», erklärt Bürgi.

Mobil ist clever

Mit dem Konzept einer fahrbaren Küche aus Holz nimmt Bürgi einen besonderen Platz ein. «Unsere Kunden verstehen die Vorteile und den Gedanken dahinter, auch wenn diese manchmal erst noch eine Bedachung errichten müssen. Dafür ist dann ein kleines Baugesuch nötig, was ein wenig Vorlaufzeit braucht und uns dabei hilft, die Küche mit einer vernünftigen Zeitplanung zu realisieren», sagt Bürgi.

«Nach Corona kamen die Leute mit einem Foto ihres Gartens und wollten eine Aussenküche.»
Heinz Bürgi, Inhaber Bürgi Küchen, Lyss BE

 

Als Schreiner und Küchenexperte sieht sich Bürgi beim Thema Aussenküche in der Pole- Position. Schliesslich ist er es als Schreiner gewohnt, Küchen individuell zu fertigen. Bei den Beschlägen macht sich Bürgi heute ganz im Gegensatz zum Anfang keine Gedanken mehr. Er hat so manches probiert, und weil seine Küchen nicht im Regen stehen, braucht es auch keine besonderen Ausführungen. Das hat den Vorteil, dass alle marktüblichen Funktionen mit gewohntem Bedienkomfort auch bei seinen Aussenküchen eingesetzt werden können. Seit der Pandemie ist das Interesse an der Aussenküche deutlich gewachsen. «Danach kam die Kundschaft mit einem Foto vom Garten und wollte eine Aussenküche», sagt Bürgi. In Südeuropa kenne man die Aussenküche schon länger, aber während Corona hätten viele angefangen, sich mehr für das Thema zu interessieren, sagt auch Patrik König, CEO der Ackutech AG in Rotkreuz ZG. Seit nunmehr sechs Jahren hat Acku- tech die BBQtion-Outdoor-Küchen vom Hersteller Village Garden im Programm. «Die Küche wird draussen fest platziert und kann auch bewittert werden. Die Grundstruktur, sprich die Korpusse sind aus HPL, die Sichtflächen können auch aus Keramik, Edelstahl, Holz oder anderen witterungsbeständigen Materialien sein», sagt König. Produziert wird individuell nach Kundenwunsch. Und diese würden immer umfänglicher. Immer öfter wünschten sich Interessierte dieselbe Küchenausstattung wie bei einer Küche für den Wohnraum. Dazu soll auch die besonders elegante unsichtbar verbaute Induktionsfläche unter einer Spezialkeramik gehören. «Der Vorteil ist, dass keine Feuchtigkeit an die elektronischen Komponenten kommt und diese geschützt sind», sagt König. Aktuell entstünde eine Küche mit Gasgrill, Kamado-Grill, unsichtbarer Induktionskochfläche, einem Kühlschrank und einem integrierten Tischauszug.

«Ich schätze das Potenzial für Outdoor-Küchen in der Schweiz als sehr gross ein.»
Patrik König, CEO Ackutech AG, Rotkreuz ZG

 

Dank dieser Ausstattungsoption wächst auch in der Schweiz die Gruppe derer, die am liebsten an der frischen Luft kochen. Die Mehrheit der Weltbevölkerung kocht ohnehin draussen. Patrik König schätzt das Potenzial in der Schweiz für Outdoor-Küchen als sehr gross ein, auch wenn das Wetter in der Schweiz nicht ganz so sonnig ist wie in den vielen Ländern, in denen die Aussenküche beheimatet ist.

www.pur-schreinerei.chwww.buergi-kuechen.chwww.bbqtion.com

 

Klare Linie auch im Garten

Markenzeichen des italienischen Küchenherstellers Boffi ist die reduzierte äussere Formensprache. Das setzt das Unternehmen auch im Aussenbereich um. Etwa mit dem Küchenentwurf AH 01. Dieser umfasst einzelne Koch-, Spül- und Vorbereitungselemente sowie anzuschliessende Tischplatten. Die Module ermöglichen grosszügige Arrangements mit Tischen, Halbinseln und integrierten Sitzbänken. Ein Servierwagen als praktischer Helfer rundet das Sortiment ab.

Auch bei den eingesetzten Materialien fährt man eine klare Linie. Neben rostfreiem Chrom-Nickel-Stahl, dem dauerhaften Iroko-Holz wird das Verbundmaterial PaperStone aus Altpapier und nicht erdölbasierten Harzen verwendet.

Um das edle Stück vor der Witterung zu schützen, wird eine Hülle aus Segeltuch passend angefertigt. Trotzdem sollte auch diese Küche für draussen besser unter Dach stehen.

www.boffi.com

 

Ins Grüne mit Profis

Àtria heisst das jüngste Modell aus dem Hause Abimis. Das Unternehmen ist ursprünglich bei den Profiküchen zu Hause und fertigt seit einigen Jahren auch Küchen für den Privatbereich. Jede Küche ist ein Unikat und wird auf der Grundlage der Entwurfslinien neu geplant. Wie in Grossküchen üblich kommt dabei das biologisch neutrale und antibakterielle Material Edelstahl zum Einsatz.

Auch Àtria besteht vollständig aus Edelstahl und ist mit ein wenig Farbe an Griffen und Gestell versehen.

Das Modul besteht aus einer in die Struktur integrierten Spüle, einem Induktionskochfeld, einer Rückenlehne mit einem Regal und einer Art «Leiste» mit Ablagefächern für die Aufbewahrung empfindlicher Lebensmittel. Das Gestell kann aber auch durch Korpusse bis zum Sockel oder auch offene Elemente ersetzt werden. Typisch für Abimis sind die Profi-Details wie etwa der leicht hochgezogene Rand der Abdeckung, damit Flüssigkeiten nicht auf den Boden tropfen.

www.abimis.com

 

Einfach kombinierbar

Der schwedische Outdoor-Spezialist Röshults bietet so ziemlich alles, was es zum angenehmen Leben draussen braucht. Von der Dusche bis zum Pizzaofen, von Sitz- und Liegemöbeln bis zur Feuerstelle, die im Couchtisch integriert ist. Und natürlich Küchen. Vor allem die modulare Küchenlinie fällt ins Auge, da sie sich vielfältig kombinieren lässt und als solitäre Elemente wie auch als Zeile wirkt.

System mit stimmigen Elementen

Dazu setzt die schwedische Manufaktur mit langer Erfahrung im Outdoor-Bereich auf wenige Materialien. Beim Holz kommt Teak aus Thailand zum Einsatz. Neben hochwertigem Chrom-Nickel-Stahl wird in ausgewählten Farbtönen anderes Metall pulverbeschichtet, und auch die Auswahl an Stoffen und des Leders ist nicht endlos, sondern konzeptionell ausgewählt. Bei Röshults kann man deshalb zu Recht von einem System sprechen, das sich mittels Online-Konfigurator planen lässt. In der Schweiz sind die Schweden über verschiedene Partner vertreten.

www.roshults.com

 

Werkstatt im Freien

Begonnen hat Jokodomus 1962 mit der Herstellung von Hackklötzen aus Holz für Metzgereien. Heute produziert das südtiroler Familienunternehmen funktionale Einheiten für die Küche draussen. Die mobilen Küchenmodule werden mit hochwertigen Elektrogeräten ausgestattet. Die Module lassen sich beliebig kombinieren und anordnen. Jüngste der inzwischen drei Linien ist Ono, welche gestalterisch dem Zeitgeist der kantigen und schlichten Kuben folgt, während Cun sowie Auxilium stärker nach dem praktischen Nutzwert ausgerichtet sind. Gemeinsamkeit sind die funktionalen Module auf Rollen mit Bremse und Höhenjustierung. Je nach Bedarf lassen sich Aufbewahrungsmodul, Spüle, Teppanyaki, Big Green Egg, Kühlschrank, Getränke-Kühlschrank und weitere Elemente zu einer mobilen Küche zusammenstellen.

Aufbau und Abbau im Handumdrehen

Da jedes Modul separat mobil ist, lässt sich die Küche wie eine Werkbank vor Ort platzieren und nach getanem Werk wieder verstauen. Eine Vielzahl von praktischen Details wie ein magnetischer Messerblock zum Anheften an ein Modul oder die als Geschirrtuchhalter nutzbaren Griffleisten sind typisch für Küchenelemente von Jokodomus. Elemente mit Hirnholz-Hackklotz aus Hainbuche gibt es auch noch, zumindest bei der älteren Linie Auxilium.

www.jokodomus.com

christian härtel, ch

Veröffentlichung: 29. Juni 2023 / Ausgabe 26/2023

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