Auf Dauer an der Decke


Mit den richtigen Befestigungsmitteln lassen sich nicht nur sichere, sondern auch rationelle Deckenmontagen realisieren. Bild: Isola AG
Mit den richtigen Befestigungsmitteln lassen sich nicht nur sichere, sondern auch rationelle Deckenmontagen realisieren. Bild: Isola AG
Deckenbefestigung. Bei der Montage von Bauteilen über Kopf spielen Sicherheitsaspekte eine wesentliche Rolle. Deshalb lohnt es sich, beim Auswählen der Befestigungsmittel genau hinzuschauen. Entsprechende Lösungen bedeuten nicht zwangsläufig einen grossen Mehraufwand.
Das Hallenbad in Uster oder das Erlebnisbad Bernaqua in Bern – zwei bekannte Fälle, bei denen aufgrund eines Deckeneinsturzes Personen zu Schaden gekommen sind. Man kann sie als tragische Einzelfälle taxieren, mit welchen der gewöhnliche Schreiner ohnehin nicht konfrontiert wird. Es finden sich aber weitere Beispiele von Vorkommnissen – zum Glück meistens ohne Personenschäden – die auch den Schreiner betreffen könnten: Restaurationsbetriebe oder Einkaufsläden, in denen sich Deckenelemente gelöst haben, oder Schiebetüren, die sich aus ihren Verankerungen lösten.
«Alles, was nach oben geht, kommt irgendwann wieder herunter.» Dieses Sprichwort trifft ebenfalls auf über Kopf montierte Bauteile zu. Die Aufgabe aller Beteiligten ist also, dafür zu sorgen, dass die Elemente während ihrer Lebensdauer oben bleiben. «Unsere Befestigungsmittel werden deshalb für eine Einsatzdauer von mindestens 50 Jahren ausgelegt und getestet», sagt Markus Unmüssig. Der Experte für Befestigungssysteme bei der SFS Unimarket AG stellt aber immer wieder fest, dass diese Thematik unterschätzt wird: «Das Argument ‹bis jetzt hat es immer gehalten› reicht einfach nicht aus, wenn es im schlimmsten Fall um Menschenleben geht.»
Die Krux der ganzen Sache ist, dass die Montagematerialien nur unter Einhaltung der Verarbeitungsvorgaben die entsprechenden Leistungen erbringen. Damit lässt sich auch schon die Frage beantworten, welche Befestigungsmittel der Schreiner für die Montage über Kopf verwenden soll: solche, die vom Hersteller für die jeweilige Einbausituation freigegeben sind.
Theoretisch ist also eine Montage an der Betondecke auch mittels gewöhnlichen Schrauben und Kunststoffdübeln möglich. In der Praxis findet sich aber kaum ein Hersteller, der seinen Kunststoffdübel für solche Anwendungen freigibt. Gemäss Markus Unmüssig hat das einen einfachen Grund: «Der Dübelproduzent hat keine Kontrolle darüber, ob der Monteur die richtige Schraube verwendet.» Insbesondere bei einer Deckenmontage ist die Kombination von Dübel und Schraube sowie deren fachgemässe Verarbeitung essenziell, weil sie vor allem auf Zug belastet wird.
Über die Jahre beginnt der Kunststoff zu «fliessen». In Verbindung mit einer Schraube, die das falsche Gewinde hat, zu dünn oder zu kurz ist, verliert die Befestigung ihre Haltekraft. Hinzu kommt, dass die Unterseite von Betondecken feine, bis zu 0,5 mm breite Risse aufweisen kann, welche die Befestigung überbrücken muss. Diese Risse entstehen durch Zugspannungen, Fachleute sprechen deshalb von gerissenem Beton.
Trotzdem gibt es ein paar Produkte auf dem Markt, die auch zum Montieren von leichten, nicht tragenden Bauteilen eingesetzt werden dürfen. Die Langschaftdübel sind bereits ab Werk mit der richtigen Schraube bestückt. Sie verfügen über einen Kragen, damit bei der Durchsteckmontage die richtige Setztiefe und somit eine ausreichende Verankerungstiefe erreicht wird. Daraus folgt allerdings, dass der jeweilige Dübel nur bis zu einer bestimmten Dicke des Anbauteiles, zum Beispiel für 30er-Latten eingesetzt werden darf. «So hat man alle kritischen Faktoren unter Kontrolle und eine dauerhafte Befestigung ist gewährleistet», ergänzt Markus Unmüssig. Aber gerade weil die Anbauteildicke genau geregelt ist, eignen sich solche Befestigungssysteme nicht für Bauteile, die stark geschiftet werden müssen.
Allgemein empfehlen Experten auf Kunststoffdübel zu verzichten, wenn es sich um schwere, tragende oder dynamisch belastete Teile handelt. Für Beat Rupf, Geschäftsführer der Deckenbaufirma Isolag AG, ist deshalb klar: «Bei uns kommen an der Decke nur Stahlanker oder Betonschrauben zum Einsatz. Wir können es uns schlicht nicht erlauben, in diesem Bereich ein Risiko einzugehen.»
Beton- oder Direktschrauben stellen für den Schreiner eine gute Alternative dar. Immerhin kommen solche Produkte bei der Montage von Fenster- und Türrahmen sowie im Brandschutzbereich zum Einsatz. Man muss allerdings auf hochwertige, gehärtete Betonschrauben setzen. Nur deren Gewinde schneiden sich bis zum Schluss in den Beton und halten auf der ganzen Länge. «Nicht gehärtete Schrauben werden an der Spitze schnell stumpf, die Verankerung erfolgt dann nicht im ganzen Bohrloch», ergänzt Markus Unmüssig. Für den Monteur ändert sich auch bezüglich Arbeitsablauf und -aufwand kaum etwas. Im Gegenteil: Betonschrauben erlauben eine sehr rationelle Montage. Weil es sie mit Senkkopf gibt, eignen sie sich ebenfalls sehr gut für die Befestigung von Schiebetürschienen. Bei grösseren Serien oder langen Schrauben empfiehlt sich allerdings der Einsatz eines Tangential-Schlagschraubers. Das Eindrehen von Betonschrauben erfordert sehr viel Drehmoment. Gewöhnliche Akku-Bohrschrauber kommen hier schnell an ihre Belastungsgrenze.
Für extrem stark beanspruchte Deckenbefestigungen führt jedoch nach wie vor kein Weg an Bolzenankern vorbei. Durch das Anziehen der Mutter wird der Konusbolzen in den Spreizklipp gezogen und verspannt diesen gegen die Bohrlochwand. Je grösser die Zugbelastung, desto stärker verspannt sich der Klipp. Deshalb stellt diese Variante die ideale Deckenbefestigung für grosse und dynamische Lasten dar.
Ausserdem gibt es viele Bolzenanker, die über eine Europäisch Technische Zulassung (siehe Box) «Option 1» verfügen. Sie dürfen zum Beispiel für Einzelbefestigungen in gerissenem Beton eingesetzt werden. «Andere Befestigungsmittel dürfen oft nur als redundante Systeme eingesetzt werden», erklärt Markus Unmüssig, also Mehrfachbefestigungen, auf welche die Last verteilt wird, falls ein Befestigungspunkt ausfällt oder nicht richtig hält.
Dank all diesen Eigenschaften lassen sich Bauteile mit verhältnismässig wenig und kleinen Bolzenankern an der Decke befestigen, ein Vorteil, den gemäss Markus Unmüssig ein bekannter Schweizer Küchenhersteller nutzt: «Weil das Unternehmen schlechte Erfahrungen machte, montiert es Inseldampfabzughauben nur noch mit Bolzenankern. Aufgrund der sehr guten Festigkeitswerte reicht hier schon ein kleiner Anker, der auch bei den knapp bemessenen Platzverhältnissen der Abzüge problemlos eingesetzt werden kann.»
Allerdings wird für die Montage mit Bolzenankern ein Drehmomentschlüssel benötigt. Damit stellt man sicher, dass die Schraube mit dem vom Hersteller vorgegebenen Dreh- moment angezogen wird. Zudem lassen sich einmal gesetzte Anker kaum noch lösen oder entfernen.
Bei der Montage von nicht tragenden, abgehängten Decken kommt häufig noch eine abgewandelte Form des Bolzenankers zum Einsatz: Der Nagelanker. Er zeichnet sich vor allem durch eine sehr schnelle Montage aus, weil er ohne spezielles Werkzeug in das Bohrloch geschlagen werden kann. Er weist jedoch geringere Auszugwerte auf und lässt deshalb nur einen Einsatz als Mehrfachbefestigung zu.
Unbestritten ist, dass die hochwertigen und geprüften Deckenbefestigungsmittel mehr kosten als eine gewöhnliche Schraube oder Distanzschraube in Kombination mit einem Standardkunststoffdübel. Bei kleinen Aufträgen wie der Montage einer Schiebetür dürfte dies aber kaum ins Gewicht fallen. Anders sieht es bei Decken-Projekten aus: «Natürlich stellen Stahlanker und Betonschrauben einen Kostenfaktor dar, zumal wir die ganze Konstruktion so planen, dass sie mindestens das dreifache Gewicht der Decke tragen kann», sagt Beat Rupf. Auf solche Aspekte gilt es Bauherren und Planer aufmerksam zu machen. Insbesondere wenn mit anderen, günstigeren Angeboten argumentiert wird. «Die Schlagbohrmaschinen der Konkurrenz bohren ja nicht schneller als unsere», ergänzt Rupf.
Aufgrund der Fülle an Befestigungsmitteln, Untergründen und Konstruktionen gilt es, Planer sowie Monteure entsprechend zu schulen. «Wie ein Bauteil an der Decke befestigt wird, sollte bereits bei der Planung ein Thema sein, nicht erst, wenn der Monteur schon am Montieren ist», meint Markus Unmüssig.
Trotzdem kann es vorkommen, dass der Monteur vor Ort auf eine unvorhergesehene Situation trifft. «In solchen Fällen sind unsere Mitarbeiter angewiesen, die entsprechenden Massnahmen zu treffen», erklärt Rupf. Die Isolag hat beispielsweise eigene Testgeräte, um den Ausziehwiderstand einer Verankerung vor Ort zu testen. In schwierigen Fällen wird auch mal direkt ein Spezialist des Befestigungsmittelherstellers auf die Baustelle gerufen, um die Situation zu beurteilen.
www.sfsunimarket.bizwww.isolag.ch
Nationale Zulassungen wie zum Beispiel die «allgemeine bauaufsichtliche Zulassung» in Deutschland werden vermehrt durch die European Technical Approval (ETA) ersetzt.
Die ETAG 001 «Metalldübel zur Verankerung im Beton» teilt mögliche Zulassungen von Metalldübeln in 12 Optionen ein. Die Optionen 1 bis 6 sind für den Einsatz im gerissenen Beton, die Optionen 7 bis 12 nur für den Ein- satz in ungerissenem Beton gültig. Zulassungen nach der Option 1 reizen die Dübelverbindungen am meisten aus, die nach der Option 12 sind am stärksten eingeschränkt.
Das heisst, Dübel mit Zulassungen nach Option 1 sind am hochwertigsten und die Wertigkeit nach Option 12 ist am geringsten. Durch die Art und Weise der Bemessung und die Unterteilung der Zulassungen in verschiedene Optionen ist es möglich, Verankerungen optimal auszunutzen. Genaue Angaben zu den Klassierungen finden sich in den technischen Unterlagen der Dübelhersteller.
Veröffentlichung: 27. März 2014 / Ausgabe 13/2014
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