Das Hotel Pax Montana in Flüeli-Ranft hat keine Rückseite. Trotzdem steht dort eine Wand, denn der stilvolle Holzbau mit Baujahr 1896 steht auf einem Hügel mit Rundumsicht. Dieser Bauplatz wurde von Bauherr und Hotelier Franz Hess gewählt, weil er eben keine Vorder- und Rückseite im abwertenden Sinn ermöglichte, sondern vier Hauptfassaden, jede in eine Himmelsrichtung. Das Pax Montana ist eines der wenigen Jugendstilhotels aus Holz, die noch übrig geblieben sind. Viele dieser Prunkbauten wurden ein Raub der Flammen, und immer wieder war es die wirtschaftliche Not der Hoteliers, die solche Häuser brennen liess, und nicht durchgeschmorte Kabel oder brennende Kerzen.
Kein Museum geplant
Entsprechend gross war und ist der allseitige Wille, das Haus mit Geschichte zu erhalten. Bereits 1993 wurde der Bau zum denkmalpflegerischen Schutzobjekt erklärt, was die Umbaumöglichkeiten deutlich einschränkte. Trotzdem entschloss sich die Pax Monatana AG als Eigentümerin und Betreiberin zur Renovation, auch weil Teile des Hotels nur im Sommer nutzbar waren und das Haus den Brandschutzanforderungen nicht mehr genügte. Der Umbau barg viele Schwierigkeiten, die es zu bewältigen galt. Funktion und Konstruktion, Erhaltung des Kuturgutes und die Ökonomie mussten unter einen Hut passen. Schliesslich sollte das Haus nach der Renovation nicht als Museum, sondern kostendeckend als Hotel und Seminarzentrum betrieben werden.
Brandschutzanschlüsse? Unmöglich!
Bereits sehr früh in der Planungsphase miteinbezogen wurden die Brandschutzexperten der Frank Türen AG in Buochs. «Die Bausubstanz bestand zuvor aus einem Holzskelett mit Zwischenböden und Wänden aus Holz, gefüllt mit allerlei Materialien wie Schlacke, Sägemehl, zerknüllten Zeitungen oder manchmal auch nur mit Luft», sagt Geschäftsführer Marcel Frank. Zudem seien fast überall Deckbeläge aus schilfverstärktem Gips oder Wandtäfer vorhanden gewesen. Diese Struktur brandtechnisch aufzurüsten und sichere Fluchtwege zu konzipieren, sei sehr schwierig gewesen. Sichere, geprüfte Anschlüsse an solche Bauteile, wie sie in Flüeli zu finden sind, lassen sich kaum realisieren. Damit blieb für die fluchtwegrelevanten Treppenhäuser eigentlich nur die Erstellung eines separaten Baus innerhalb der vorhandenen Strukturen. «Aus denkmalpflegerischer Sicht war dies aber unmöglich, denn die Originalsubstanz musste so weit möglich erhalten bleiben», sagt Christian Imhasly, verantwortlicher Projekt-leiter der Frank Türen AG.
Durchsicht vom Dach zum Parterre
Doch den Türenbauern kamen die Vorschriften bezüglich Erdbebensicherheit zuhilfe. Den Jugendstilbau erklärten die Baustatiker als unsicher, was Sicherungsmassnahmen erforderte. So wurden in den zentralen Bereichen neue, massive Binder und Verstrebungen aus Holz eingebaut. Für den Einbau trennte man das alte Bauwerk vom Erd- bis zum Dachgeschoss vollständig auf, um eine durchgehende Tragestruktur zu erhalten. Dazu erstellten die Holzbauer im Randbereich des Treppenhauses Schlitze durch die wertvollen Stuckdecken, die am Schluss wieder im gleichen Stil ergänzt wurden. «Teilweise konnte man durch das Bauwerk vom Dachgeschoss bis ins Erdgeschoss hinunterschauen», sagt Imhasly.
Rahmenfälze abdecken?
Erst an diesen Tragestrukturen fanden die Türenbauer brauchbare Anschlussdetails vor. «An diese Holzbinder konnten wir dann mit herkömmlichen, geprüften Details anschliessen», sagt Imhasly. Eine besondere Herausforderung boten aber die Fluchtwegabschlüsse zu den Treppenhäusern. «Diese zweiflügligen Türen sollten im Normalbetrieb stets offen und möglichst unauffällig in einer Wandnische versteckt sein», erklärt Imhasly. Aus baulichen Gründen war der Einsatz von Brandschutz-Rolltoren nicht möglich. Gelöst haben die Fachleute bei Frank das Problem mit der Konstruktion von Drehtüren mit einem speziellen Objektband. «Wir mussten den Drehpunkt soweit vom Falz wegnehmen, dass die Fläche der 90° offenen Tür so weit ins Türlicht hineinsteht, dass die offenen Rahmenfälze abgedeckt werden konnten», erläutert Imhasly.
Eine Frage von Millimetern
Die Integration innerhalb der neuen Wandkonstruktion gestaltete sich sehr schwierig. «Wegen des Denkmalschutzes durften die neuen Wände nicht dicker sein als zuvor, sonst wären die wertvollen Stuckdecken zu sehr beeinträchtigt worden», meint Imhasly. Trotzdem sollten auch in der Türnische die brandtechnischen Vorgaben erfüllt sein. Das Einpassen in die Nischen sei eine Sache von Millimetern gewesen, er hätte regelrecht um den Platz gekämpft. «Unten und oben waren die Details einfacher zu lösen. Oben konnten wir an die neuen Geschossdecken anschliessen und unten war schwellenlos gefordert», erläutert der Projektleiter.
Im Normalfall nicht sichtbar
Den Falzbereich an der offenen Tür deckt eine Kulissentür mit herkömmlichen einzugsgefederten Möbelbändern ab. Im Normalbetrieb hält ein Magnet die EI30-Tür in der Nische zurück. Als Schliessantrieb dient ein folgegeregelter automatischer Türschliesser. Die Schliesskante an der Kulissentür ist schräg geschnitten, so dass sie bei der automatischen Schliessung von selber weggedrückt wird. Die stilechte Tapete sowie Sockel- und Simsprofile sind sowohl über die Kulissentür wie auch über die Brandabschlusstür weitergeführt. «Im Normalzustand ist die Brandabschlusstür praktisch nicht zu sehen», sagt Imhasly. Einzig die Fluchtweg-Drückergarnitur mitten in der Korridorwand und das obere Rahmenfries mit dem Hebelarm des Schliessers weist auf die Existenz einer Tür hin.
Verzug wegen Tapete?
Das Versteckspiel hat aber auch seinen Preis: «Eine Brandschutztür mit einer Tapete zu bekleben, kann Probleme verursachen», gibt Imhasly zu bedenken. Tapeten seien aus hygroskopischen Materialien gefertigt und würden nass aufgezogen. Beim Trocknen ziehen sie sich zusammen und spannen sich so selber. «Leider entwickeln sie viel Kraft und übertragen diese auch auf den Untergrund, also auf das Türblatt», erklärt der Türplaner. Schliesslich hat man eine klassische Türdoppellösung aus MDF verwendet, die eine solch hohe Belastung vom Türblatt fernhält.
Lösungen auch zum Schieben
Neue Konstruktionen mussten die Spezialisten aber auch für Schiebetüren entwickeln. Zum Beispiel die neue Verbindungstür zwischen Serviceraum und Speisesaal. «Die Wände bestanden in diesem Bereich aus einer Ständerkonstruktion mit aufge-doppeltem Wandtäfer ohne jeglichen Brand-schutz», weiss Imhasly. Also entfernte man die historischen Wandtäfer samt den bemalten Füllungen und konstruierte völlig neue Wände mit geprüftem Brandschutz. Die darin integrierte, automatische Brandschutz-Schiebetür schlossen die Schreiner direkt an die neuen Wände an. Am Schluss galt es, die historische Wandtäfelung wieder anzubringen. «Der Zugang zur Antriebstechnik erfolgt durch die bemalten Füllungen. Man kann sie einfach abhängen und gelangt so zum Motor», erklärt der Projektleiter. Nur so habe man auf Durchbrüche und damit auf schwer lösbare Schwachstellen auf der Brandschutzebene verzichten können.
Sicher schon während der Bauzeit
Dass man für Gebäude dieser Bauart überhaupt zu einer Freigabe durch die Feuerschutzbehörden kommt, hat mit der Installation einer Sprinkleranlage zu tun. «Nur so konnten wir überhaupt Fluchtwege mit brennbaren Materialien bauen», weiss Imhasly. Und damit auch während der Bauzeit kein Brand ausbricht, hat die Bauleitung ein umfassendes Schutzkonzept erstellt. Es wäre wohl nicht der erste Holzbau gewesen, der im Bemühen um mehr Sicherheit schon während der Bauzeit ein Raub der Flammen geworden wäre.
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