Alles, was rund ist
Anna Gehrig, im zweiten Lehrjahr, fertigt an der Drehbank einen Fuss an. Bild: Alex Meier
Anna Gehrig, im zweiten Lehrjahr, fertigt an der Drehbank einen Fuss an. Bild: Alex Meier
Drechslerlehre. Die Lehre zum Holzhandwerker mit Fachrichtung Drechslerei ist vom Aussterben bedroht, es werden kaum mehr Lehrstellen angeboten. Anna Gehrig ist eine von vier Lernenden in der Schweiz, und sie erzählt vom Reiz des runden Holzes.
Anna Gehrig aus Basel ist 21 Jahre alt und eigentlich im zweiten Lehrjahr bei der Stich AG Drechslerei und Holzdesign in Kleinlützel SO. Eigentlich deshalb, weil sie gleichzeitig das zweite und das dritte Lehrjahr absolviert. Vor der Lehre in der Drechslerei hatte sie bereits eine Matura im sozialen Bereich gemacht. Doch sie wollte etwas Handwerkliches lernen. Schreiner und auch Zimmermann hatte sie sich angeschaut, beides gefiel ihr gut. Weil der Vater einer Kollegin Drechsler ist, kannte sie den Beruf bereits ein wenig. Ihr gefiel besonders das Kreative an dieser Tätigkeit.
«Was rund ist, können Schreiner nicht machen. Das machen wir», sagt Anna Gehrig. Natürlich können auch Schreiner runde Formen sägen, aber Tischbeine, Treppengeländer und Vasen sind das Metier der Drechsler. «Wir machen auch Dinge, die zu fein sind für Schreiner», sagt Anna Gehrig. So zum Beispiel Besteckkisten für die Hotellerie oder Kleiderknöpfe.
Der Arbeitsplatz der Drechslerin ist die Drehbank. Dort wird das Holzstück eingespannt und mit Formröhre und Meissel bearbeitet, bis es die gewünschte Form erhält. Im Gegensatz zur Schreinerei passiert in der Drechslerei fast alles mit Massivholz. Sperrholz, Span- und Faserplatten haben hier kaum etwas zu suchen.
Zurzeit sind gemäss dem zürcherischen Lehrbetriebsverbund Schreinermacher SVZ in der ganzen Schweiz über die vier Lehrjahre verteilt vier Lernende in der Ausbildung. Dem Lehrbetriebsverbund, der sonst Schreinerlernende ausbildet, ist es ein Anliegen, Lehrstellen im Drechslerberuf zu erhalten und neue zu schaffen. Die Vision ist, die Anzahl an Lehrstellen sogar auf zwölf zu steigern. «Wird die Lehre nicht mehr angeboten, ist es eine Frage der Zeit, bis der Beruf verschwindet. Mit dem Beruf verschwindet dann auch ein Teil schweizerischer und traditioneller Handwerkskunst», sagt Christian Mettler von den Schreinermachern SVZ.
Für die Arbeit an der Drehbank lasse sich jede Holzart verwenden, wobei Nadelhölzer nicht besonders gut geeignet sind. Sie sind zu faserig. Am besten sind kompakte Hölzer ohne Astlöcher. «Es muss aber nicht zwingend Holz sein», sagt Anna Gehrig, «an der Drehbank lassen sich auch Kunststoffe oder Speckstein bearbeiten.» So stellt die Drechslerei Stich zum Beispiel auch Wallhölzer aus Kunststoff her.
Die Ausbildung heisst korrekt Holzhandwerkerin EFZ Fachrichtung Drechslerei. «Das Coole daran ist, dass der Beruf so abwechslungsreich ist», sagt Anna Gehrig. «Technik und Kunst, Modernes und Traditionelles sind miteinander verbunden.» Beim Holzhandwerker EFZ gibt es auch die Fachrichtung Weissküferei. Letztes Jahr hat ein Weissküfer abgeschlossen. «Seit mehr als zehn Jahren gab es keinen mehr», weiss Anna Gehrig. Das Schnitzen hingegen gehört nicht zum Beruf des Holzhandwerkers, sondern zu jenem des Holzbildhauers oder der Holzbildhauerin EFZ.
«Es gefällt mir sehr. Wenn sie mir vorschlagen zu bleiben, dann werde ich bleiben», sagt Anna Gehrig zur Frage nach ihren Zukunftsplänen. «Später könnte ich mir auch vorstellen, Architektur zu studieren oder etwas Soziales zu machen.» Das Handwerkliche und das Soziale lassen sich etwa in einer Behindertenwerkstatt gut verbinden.
«Wenn du in einer Werkstatt mit Behinderten arbeitest, dann ist das eine grosse Bereicherung», sagt sie. Und vielleicht wird sie dann doch noch Schreinerin lernen. «Das kann ich mir schon vorstellen.»
Veröffentlichung: 04. Oktober 2018 / Ausgabe 40/2018
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