Alle drei Minuten ein neuer Ski

rts

Skiproduktion.  Mehr als 80 Arbeitsschritte sind nötig, damit aus dem hölzernen Herzstück ein fertiger Ski wird. Ein Blick in die einzige Schweizer Skifabrik, wo trotz serieller Produktion ohne Handarbeit gar nichts geht.

Wer die Produktionshalle der Firma Stöckli in Malters betritt, kann kaum glauben, dass in diesen überschaubaren Räumen jährlich 45 000 Paar Ski hergestellt werden. Und noch weniger, dass hier sogar die Rennskis für den Schweizer Olympiasieger Mike Schmid und die Weltmeisterin Tina Maze aus Slowenien entwickelt und fabriziert werden. Doch der erste Eindruck täuscht: Maschinen und Mitarbeitende wickeln die einzelnen Schritte so schnell ab, dass man mit dem Beobachten kaum nachkommt. Jedes Werkzeug passt, jeder Handgriff sitzt. Im Schnitt landet alle drei Minuten ein fertiger Ski im Lager. Verpackt und bereit für den Verkauf.

Bewährter Holzkern

Für drei Viertel aller Ski der Firma Stöckli beginnt die Produktion mit einem mehrteiligen Holzkern. Die linke Hälfte wird mit der rechten zusammengeheftet. Zum Einsatz kommen vorwiegend Buche, Esche und Pappel. Auch der Schreiner Ski, das speziell für den Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten hergestellte Jubiläumssportgerät (siehe Kasten auf der Seite 22) , hat ein Herz aus Holz. Das exklusive Produkt basiert auf dem Modell «Laser SC». Die Abkürzung steht für Super Carve. Es ist mit dem Aufkommen der Carvingski in den 1990er-Jahren entstanden und hat sich inzwischen zum meistverkauften Modell von Stöckli entwickelt.

Alle zwei Jahre werden seine Formen und Eigenschaften komplett überarbeitet. «Dieser Ski hat dank seinem Slalom-Charakter einen grossen Einsatzbereich und ist aufgrund einer neuen Konstruktion im Mittelbereich sehr ausgewogen zu fahren. Der präzise und stabile Race-Carver begeistert mittelstarke bis gute Skifahrer ebenso wie echte Carving-Fans», erklärt Walter Reusser. Als Brand Manager kümmert er sich um den Auf- und Ausbau der Marke Stöckli; für die SchreinerZeitung gewährt er einen Einblick in die Produktionsabläufe der inzwischen einzigen Schweizer Skifabrik.

Trocken verleimtes Sandwich

Sobald der Holzkern bereit ist für den nächsten Arbeitsschritt, endet die Verwandtschaft zwischen Skibauer und Schreiner. Denn für den restlichen Verlauf der Herstellung sind Materialien und Fertigkeiten gefragt, die wenig mit der Arbeit in einer Schreinerwerkstatt gemeinsam haben. Ski wie der «Laser SC» werden in einer Sandwichbauweise fabriziert. Abgesehen vom Holzkern kommen Aluminium, Fiberglas und Kunststoffe zum Einsatz. Sämtliche Schichten werden in der Fabrik auf jedes Produkt zugeschnitten. Bei 35 Modellen in drei bis fünf Grössen macht das rund 100 verschiedene Artikel. Jeder unterscheidet sich vom anderen, weil alle Produkte individuell gestaltet werden und verschiedene Eigenschaften verkörpern sollen.

Zusammengesetzt werden die Schichten in einer Passform. Davon gibt es logischerweise ebenso viele wie Produktvarianten. Diese Arbeit erledigen Zweierteams blitzschnell und gleichwohl äusserst sorgfältig. Routinierte Duos schaffen alle fünf bis sieben Minuten ein neues Paar. Auf den Belag folgen zuerst die Kanten, dann mit Trockenleim beschichtete Lagen. Zwischendurch wird ein Fliess aus Polyester platziert, damit der Leim sich regelmässig verteilt und nicht einfach auf der Seite herausdrückt. Für Elastizität zwischen den einzelnen Schichten sorgen Einlagen aus Gummi. Nach dem Kern in der Mitte geht es in umgekehrter Reihenfolge weiter bis zum Deckblatt. Schliesslich liegen 20 bis 25 Schichten aufeinander.

Frisch gepresst mit 50 Tonnen

Nun kommt ein Deckel darauf und das Sandwich wird in eine der zehn Pressen gelegt. Auch hier sorgen die vielen verschiedenen Produktvarianten für einen merklichen Zusatzaufwand. Die Presse muss von Hand immer wieder neu eingestellt werden, da sich die gewünschte Skispannung bei jedem Produkt unterscheidet. Bei einem Druck von 50 Tonnen und einer Temperatur von 140 Grad werden die Ski zwanzig Minuten lang erwärmt und verleimt, anschliessend zehn Minuten abgekühlt. Was aus der Presse kommt, sieht zwar schon wie ein Ski aus, ans Fahren auf der frisch präparierten Piste oder im Neuschnee ist aber noch längst nicht zu denken.

Manuelle Qualitätskontrolle

Zuerst werden die Seitenwände von einer CNC-Maschine abgefräst, anschliessend übernehmen Mitarbeitende den Grobschliff an der Schaufel und am Skiende. In einem aufwendigen Verfahren werden nach und nach die Kanten und der Belag immer feiner geschliffen, bevor die Ski zum Schluss gewachst, poliert und verpackt werden. Von einer Maschine zur nächsten gelangen die Produkte nicht über eine komplett automatisierte Fertigungsstrasse, sondern von Hand. Diesen Vorgang nutzen die Skibauer für laufende Qualitätskontrollen und sorgen so dafür, dass defekte Ski sofort aussortiert werden. Im Zusammenspiel mit ihren Lieferanten setzt die Firma Stöckli ebenfalls auf einfache, bewährte Abläufe. Es gibt keine Just-in-time-Produktion, wo Lastwagen die Halbfabrikate quasi direkt auf das Förderband des Herstellers liefern. Das Unternehmen hält stets einen zeitlichen Puffer von zwei Wochen aufrecht. Nicht nur zur Sicherstellung kurzfristiger Produktionssteigerungen, sondern auch aus Qualitätsgründen. Die langjährige Erfahrung der Skibauer zeigt, dass sich Fehlproduktionen verringern lassen, wenn die Werkstoffe – insbesondere das Holz – genügend lang in den eigenen Räumlichkeiten akklimatisiert werden.

Eine eigene Druckerei

Eine weitere Eigenheit des Unternehmens ist die Herstellung der Skioberflächen. Die meisten werden im Siebdruckverfahren auf der eigenen Druckmaschine bearbeitet. Eine überdimensionierte Gummirakel streicht die Farbe automatisch durch die feinmaschigen Siebe auf das Deckblatt. Pro Farbe ist ein Durchgang nötig, jeweils einen Tag muss die Farbschicht zwischendurch trocknen. Skioberflächen mit bis zu sechs Farben werden im Haus gedruckt, solche mit mehr Farben respektive komplizierten Farbverläufen, wie das zum Beispiel beim Jubiläumsmodell des VSSM, dem Schreiner Ski, der Fall ist, werden extern als Sublimationsdruck hergestellt. Da werden Transferfolien zuerst mit Spezialtinten bedruckt, bevor diese auf das Deckblatt eingedampft werden.

Direktvertrieb als Erfolgsrezept

Die Geschichte der Firma Stöckli reicht weit ins letzte Jahrhundert zurück. Mitte der 1930er-Jahre fabrizierte Josef Stöckli Holzski für den Eigenbedarf. Aufträge für Kollegen kamen hinzu, und als die Nachfrage noch grösser wurde, entschloss er sich 1935, die Skifabrik Stöckli AG zu gründen. In dieser Zeit entstanden allein in der Schweiz gegen 30 Skiproduktionsbetriebe. Auch ein paar grössere Skifabriken wie Schwendener, Attenhofer und Authier florierten. Dem Margendruck durch Mitbewerber im In- und Ausland sind seither ausser Stöckli sämtliche Skihersteller in der Schweiz erlegen. Hätte man sich bei Stöckli 1967 nicht für den Direktvertrieb entschieden, wäre das Unternehmen wahrscheinlich ebenfalls eingegangen. Auch international verfolgt Stöckli eine Strategie des selektiven Vertriebs. In mittlerweile 33 Länder werden rund 40% der Jahresproduktion exportiert. Erstaunlicherweise gehört Österreich als führende Skiproduktionsnation zu den wich-tigsten Märkten. Ebenfalls beliebt ist die Schweizer Marke in den restlichen Alpenländern, Skandinavien, Kanada und den USA. Im Rennsport beschränkte sich das Engagement ursprünglich auf die regionale Szene. 1994 wurde die Marke in den Swiss Ski Pool aufgenommen, worauf Vize-Olympiasieger Urs Kälin als erster Schweizer Weltcupfahrer zu Stöckli wechselte. Aktuell setzen neben Mike Schmid und Tina Maze (Slowenien) auch Andrea Dettling, Fabienne Suter, Tobias Grünenfelder sowie Andrej Jerman (Slowenien) auf die Schweizer Skimarke.

www.stoeckli.ch

Exklusiv

Der Schreiner Ski

Zusammen mit der Firma Stöckli Outdoor Sports (Mitglied der Fachgruppe Wagner und Skibauer) realisiert der VSSM in seinem Jubiläumsjahr den exklusiven Schreiner Ski. Dieser basiert auf dem Erfolgsmodell und mehrfachen Testsieger «Laser SC», hat je- doch ein sehenswertes Holz-Design, das speziell entwickelt und gestaltet worden ist. Erhältlich ist der Ski exklusiv für Mitglieder des VSSM, deren Mitarbeitende sowie Familienangehörige. Er kann bis Ende Februar 2012 über den Schreinershop bestellt werden. Der Ski kostet inklusive Bindung «Z12» von Salomon 790 Franken. Zum Vergleich: Dieses Set kostet sonst im Handel 1290 Franken. Der «Laser SC» kann an drei Daten getestet werden: 28. Ja- nuar 2012, Schönried; 4. Februar, Stoos; 18. Februar, Lenzerheide. Anfragen, Informationen und Bestellungen erfolgen über die Webseite.

www.schreiner.ch/shop

ARE

Veröffentlichung: 19. Januar 2012 / Ausgabe 3/2012

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