In 75 Prozent der Gebäude hat’s Asbest

Vorsicht ist auch bei Fensterkitt geboten, der zeitweise mit Asbestfasern verstärkt wurde. Bild: Suva

Nachgefragt.  Roger Spiess ist Experte für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Suva. Er warnt davor, die Gefahr durch Bauschadstoffe wie Asbest zu unterschätzen. Bei Umbauten rät er, das Gebäude in der Planung genau unter die Lupe zu nehmen, um Überraschungen zu vermeiden.

Schreinerzeitung: Die Gefahren, die von Asbestfasern ausgehen, sind seit Längerem bekannt. Seit 1990 ist deren Einsatz verboten. Dennoch sterben weiterhin Menschen an den Folgen von Asbest. Warum eigentlich?

Roger Spiess: Jährlich sterben über 100 Personen infolge einer asbestbedingten Krankheit. Zum einen, weil eingeatmete Asbestfasern oft erst Jahrzehnte später Krebs oder andere gravierende Krankheiten auslösen. Zum anderen, weil die Gefahr mit dem Asbestverbot nicht gebannt ist. Man geht davon aus, dass auch heute noch in 75 Prozent aller Wohngebäude der Schweiz Asbest verbaut ist. Bei baulichen Eingriffen wie Renovationen, Um- und Rückbauten stellen diese Baumaterialien eine erhebliche Gefährdung dar. Solange diese nicht mit den notwendigen Schutzmassnahmen rückgebaut werden, ist weiterhin mit asbestbedingten Krankheiten zu rechnen.

 

Welches ist der häufigste Fehler im Umgang mit Asbest und anderen Bauschadstoffen bei Umbauten?

Die Gefahr von Asbest wird leider häufig unterschätzt, und das Wissen fehlt, welche Baustoffe asbesthaltig sein können. In der Folge wird keine Fachperson beigezogen und keine oder nur eine ungenügende Bauschadstoffermittlung und Gefährdungsbeurteilung ausgeführt. Es kommen auch Fehler in der Kommunikation vor, wenn Handwerker beispielsweise davon ausgehen, dass die Bauleitung diese Abklärungen gemacht hat und die Arbeiten ausführen, obwohl dies nicht passiert ist.

 

Was raten Sie Schreinern, wenn sie einen Verdacht auf Bauschadstoffe in einer Umbauliegenschaft haben?

Bei Gebäuden, die vor 1990 gebaut wurden, muss man mit Asbest rechnen. In diesem Fall muss durch eine Fachperson abgeklärt werden, ob Asbest vorhanden ist. Die Praxis zeigt, dass es sinnvoll ist, einen ausgebildeten Bauschadstoffdiagnostiker beizuziehen. Bei einfachen Situationen kann der instruierte Schreiner Materialproben selbst einem Labor zur Asbestanalyse senden. Für Asbestsanierungsarbeiten muss je nach Gefährdungslage eine Suva-anerkannte Asbestsanierungsfirma beigezogen werden. Gewisse Arbeiten können instruierte Schreiner mit entsprechender Schutzausrüstung gemäss den Suva-Factsheets selbst ausführen.

 

Verzögerungen ärgern sowohl Bauherrschaft als auch die betroffenen Handwerker. Wie lassen sich Verzögerungen im Zusammenhang mit Bauschadstoffen verhindern?

Indem ein mögliches Vorkommen von Asbest bereits in der Planung des Umbaus berücksichtigt wird. Das bedeutet, dass in der Planungsphase das Gebäude detailliert durch einen ausgebildeten Bauschadstoffdiagnostiker untersucht wird und ein nachvollziehbares Bauschadstoffgutachten erstellt wird. Dieses bildet die Grundlage für eine detaillierte Submission der Schadstoffsanierung und des Termin- bzw. Bauprogramms. Um auch Architekten, Planer und Eigentümer von Liegenschaften auf die Gefahr von Asbest zu sensibilisieren, wurde eine Initiative lanciert, bei der unter anderem die Suva und weitere relevante Organisationen sich dafür einsetzen, das Bewusstsein für das Problem zu fördern, damit bei einem Umbau die korrekten Massnahmen getroffen werden.

hil

Veröffentlichung: 14. September 2023 / Ausgabe 37/2023

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