World Skills: Jetzt gilt's ernst

Loïc Santschi in der Kategorie Massivholzschreiner (Joinery) und Elmar Wyrsch in der Kategorie Möbelschreinern (Cabinetmaking) sind heute in den Wettkampf gestartet. Bild: Sven Bürki

World Skills. Rund 1400 Wettkämpferinnen und Wettkämpfer aus 65 Ländern sind heute in den Wettkampf gestartet. Auch die Schweizer Teilnehmer bei den Bau- sowie Möbelschreiner Loïc Santschi aus La Chaux-de-Fonds NE und Elmar Wyrsch aus Attinghausen UR haben ihre Arbeit aufgenommen. 

«Die Möbelschreiner sind heute etwas später in den Wettkampftag gestartet als geplant», sagt Tobias Hugentobler, Chefexperte Möbel des Verbands Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM). Die allgemeinen Informationen für die Teilnehmer haben länger gedauert als vorgesehen. Deshalb müsse sein Schützling Elmar Wyrsch heute Abend noch etwas länger den Fokus und die Konzentration halten, aber der Start sei dennoch geglückt. Die 22 jungen Schreiner haben heute Morgen das erste Mal den Plan für ihre Aufgabe an den World Skills Competition 2024 zu Gesicht bekommen, und sich auch sogleich damit auseinandersetzen müssen. Aus den im Vorfeld des Wettkampfes bereits bekannten Testprojekten wurden einige Elemente übernommen, doch im Grossen und Ganzen sei es ein neues Möbel, wie Hugentobler meint. 

Ein Objekt aus zwei Modulen

Bei den Massivholzschreinern sind in diesem Jahr keine Testprojekte bekannt gegeben worden. So soll erreicht werden, dass keine spezifischen Verbindungen oder Elemente der Aufgabe im Vorfeld trainiert werden können. Trainiert haben die 19 Teilnehmer in dieser Kategorie natürlich dennoch, aber wohl etwas breiter, um auf alles vorbereitet zu sein. Wie ihnen dies gelungen ist, werden die nächsten Tage zeigen. Mit der Situation gut umgehen konnte anscheinend Loïc Santschi. Der 21-Jährige ist erfolgreich in den Wettkampf gestartet und machte über den ganzen Tag einen fokussierten Eindruck.

«Loïc war auch kurz vor dem Start ruhig und konzentriert», sagt Roger Huwyler, VSSM-Chefexperte der Massivholzschreiner. Die Aufgabe sei schwierig und bei einigen werde bestimmt die Zeit ein Faktor darstellen. In dieser Hinsicht hat Huwyler jedoch grosses Vertrauen in seinen Schützling. Das zu fertigende Objekt besteht bei den Massivholzschreinern aus zwei Modulen. In diesem Jahr gilt es eine Tür inklusive Rahmen zu schreinern. Gestartet sind die Kandidaten heute mit dem ersten Modul, der Tür. Als allererstes musste ein 1:1-Aufriss erstellt werden, damit die einzelnen Werkstücke überhaupt angerissen werden können.

Rund, schräg und komplex

Für Huwyler liegt die Knacknuss der diesjährigen Aufgabe besonders bei den Mittelfriesen. Davon finden sich nämlich gleich drei in der Konstruktion der Tür, wobei alle in einem anderen Winkel angeordnet sind. In die dadurch entstehenden vier Zwischenräume müssen drei Füllungen eingepasst werden. Ein Zwischenraum bleibt als Öffnung in der Tür frei. Die Form dieser Öffnung wird über einen Rundbogen definiert, der über alle drei Mittelfriese läuft. Bei den Eckverbindungen der Rahmenfriesen sind Doppelzapfen gefragt, wobei auch hier verschiedene Winkel die Aufgabe erschweren. 
Das Türfragment muss Freitagmittag zur Bewertung abgegeben werden, anschliessend werden die Kandidaten mit dem zweiten Modul, dem Rahmen beginnen. 

Zeiten im Auge behalten

Die Möbelschreiner haben keine einzelnen Module, doch auch hier müssen die Kandidaten über den Wettkampf einige Fragmente zu fixen Abgabezeiten zum Bewerten abgeben. Diese Zeiten gilt es im Auge zu behalten, weiss Tobias Hugentobler. «Wer die Abgabezeit verpasst, bekommt für die entsprechende Bewertung null Punkte. Dies möchten wir natürlich vermeiden», sagt er. Damit nichts vergessen geht, arbeitet Elmar Wyrsch deshalb exakt nach einem Arbeitsablauf.

Die Aufgabe, ein Korpus mit Frontklappe, einem Untergestell und zwei Schubladen, gehöre nicht zu den schwierigsten, meint Hugentobler. Dafür besteht sie aus sehr vielen Werkstücken, was am Ende wohl bei vielen zu einem grossen Zeitdruck führen wird. Von den Teilnehmern werden unter anderem ein Furnierbild, verschiedene Zapfen-, Lamello und Dübelverbindungen gefordert, sowie Zinkenverbindungen bei den Schubladen. Hier kommen auch zwei verschiedene Auszugssysteme zum Einsatz. Während die obere Schublade am Ende auf metallenen Auszügen läuft, ist die untere klassisch mit Laufleisten ausgeführt. 

Erfolg und Misserfolg

Am Ende des ersten Wettkampftages haben bei den Möbelschreinern bereits einige Kandidaten Verbindungen zur Bewertung abgegeben. Unter anderem auch Elmar Wyrsch. Sein Experte ist mit der Qualität sehr zufrieden. «Seine Zapfenverbindungen waren nahezu perfekt, besser geht es fast nicht», sagt Hugentobler. Allerdings sei dem 20-jährigen Urner am ersten Tag auch ein kleiner Fehler unterlaufen. «Bei einer Füllungsnut hat er vergessen abzusetzen, was am Fragment ein kleines Loch zur Folge haben wird», sagt sein Experte. «Elmar hat den Fehler aber bereits bei ersten Fries erkannt und es bei den darauffolgenden besser gemacht.»

Dass Erfolg und Misserfolg manchmal sehr nahe zusammenliegen, zeigt auch das Beispiel des österreichischen Massivholzschreiners Thomas Leitner. Im Wettkampftraining hat sich der junge Schreiner wenige Tage vor den World Skills beim Arbeiten mit dem Stechbeitel schwer am Finger verletzt. Leitner nimmt nun zwar am Wettbewerb teil, sei aber maximal zu 70 Prozent fit, wie sein Experte Frank Wolfgang erklärt. An die Ränge ganz vorn sei somit kaum zu denken, dennoch erhoffe man sich im österreichischen Team einen Top-Ten-Platz.

Sven Bürki

Veröffentlichung: 11. September 2024

Artikel zum Thema

16. September 2024

Elmar Wyrsch ist Vizeweltmeister

Berufsweltmeisterschaften. An den World Skills in Lyon (F) hat Möbelschreiner Elmar Wyrsch aus Attinghausen UR die Silbermedaille gewonnen. Loïc Santschi aus La Chaux-de-Fonds zeigte in der Kategorie Massivholz ebenfalls einen starken Wettkampf, wurde Fünfter und erhielt eine Medaillon d'Excellence. 

mehr
13. September 2024

Tag drei: Viele Schweizer Fans an der Berufs-WM

World Skills. Rund 2000 Schweizer Fans feuern die Teilnehmenden in Lyon an. Mit den roten Flaggen und Shirts sind sie nicht zu übersehen. Bei den Teilnehmenden machen sich mittlerweile Unterschiede bemerkbar. 

mehr

weitere Artikel zum Thema:

News