Wenn im Haus der Schwamm wütet

Der kleine fuchsrote Fruchtkörper, umringt von einem Myzelien-Geflecht.

Echter Hausschwamm.  Weil der Pilz schnell wächst, muss handeln, wer ihn entdeckt. Für die Diagnose, Prognose, Planung und Durchführung der Sanierung sollte ein Profi ans Werk. Die SchreinerZeitung hat einem über die Schulter geschaut.

Ein muffiger Geruch durchströmt den Kellerraum eines Hauses in der Agglomeration von Zürich. Er rührt definitiv nicht nur vom Naturboden oder den feuchten Mauern her. Wer darauf sensibilisiert ist, kann den Pilz förmlich riechen.

Den Schwamm analysieren

Es ist der Hausschwamm, der sich in dem etwa hundertjährigen Haus breitgemacht hat. Die Voraussetzungen sind gegeben: Im feuchten Keller wird Holz gelagert, denn die Mietwohnungen sind mit Holzheizungen ausgestattet. «Glücklicherweise haben wir es hier mit einem Hausschwamm im Anfangsstadium zu tun», entwarnt Daniel Bottignole, dessen Firma Sanawall von der Hauseigentümerin mit der Sanierung beauftragt worden ist. «Das heisst, dass der Pilz zwar bereits ein Wurzelgeflecht gezogen hat, aber noch keine Sporen in der Luft sind.» Es sei aber leider nicht immer der Fall, dass Hausschwämme so früh entdeckt werden. Und Bottignole – ein ehemaliger Landschaftsgärtner, der in Deutschland baubiologische Messtechnik studiert hat – bringt zum Ausdruck, weshalb ihn die pelzigen Lebewesen so faszinieren: «Man glaubt es kaum, aber dieser Pilz besitzt seine ganz eigene Art von Intelligenz. Er breitet sich im Untergrund meist unbemerkt aus, um erst in einem recht späten Stadium mit dem Fruchtkörper an die Oberfläche zu treten.» Der Fruchtkörper – also der eigentlich sichtbare, fuchsrote Pilz – dient dem Organismus dann lediglich zur Fortpflanzung. Er gibt Sporen ab, welche über die Luft transportiert werden. Wenn ein Pilz bereits Sporen geworfen habe, könne es schon mal vorkommen, dass der ganze Boden damit übersät sei, erzählt Bottignole aus Erfahrung. Es sehe dann aus, «als habe jemand im Zimmer Ziegelsteine zerbrochen». Weil die Sporen des echten Hausschwamms ein geringeres allergenes Potenzial besitzen als beispielsweise diejenigen des Schimmelpilzes, besteht für den Menschen hier kaum eine Gefahr.

Die Aufräumarbeiten beginnen

In vorliegendem Fall ist es zum Glück noch nicht so weit. Vor zwei Wochen hat man mit einem Schwammsperrmittel das Wachstum des Pilzes zu stoppen und vorhandene Sporen zu binden versucht. Dennoch beginnt Bottignole mit seinem Mitarbeiter, eine Schleuse zu bauen, welche den Dreck in der sogenannten schwarzen Zone halten soll. «Es ist wichtig, weder Sporen noch Myzelien zu verschleppen», spricht der Experte die Gefährlichkeit des pflanzlichen Schädlings an. Denn der Hausschwamm ist in der Lage, bis zu zehn Jahren in Trockenstarre zu verweilen, um sich dann erneut auszubreiten. Wichtig sei aber, vorerst das Gefährdungsrisiko abzuschätzen und die entsprechenden Sicherheitsmassnahmen zu ergreifen. Das könne nur ein Profi.

Reinigen und abbrechen

Weil das Risiko im zürcherischen Keller klein ist, reichen Handschuhe, Stiefel und normale Arbeitsbekleidung als Schutzmass-nahmen für die Sanierer aus. «Wir versuchen stets, die Staubbelastung so klein wie möglich zu halten. Kommt man nicht um hohe Belastungen herum, verwenden wir schon einmal Anzüge und Atemschutzgeräte», so Bottignole.

Nachdem die im Keller gelagerten Gegenstände ausgeräumt sind, beginnen die zwei, mit einem leistungsfähigen Staubsauger die Wände zu reinigen. Auch sichtbare Myzelien sowie den Fruchtkörper entfernt man mit dem Staubsauger. Befallenes Holz oder Mauerwerk wird im Radius von einem Meter um den sichtbaren Pilzbefall herausgeschnitten. «Es ist auch schon vorgekommen, dass wir eine Mauer um die andere abbrechen mussten, weil der Schaden grösser war als angenommen», meint Bottignole schmunzelnd. «Wenn dies der Fall ist, müssen wir jeweils schauen, dass uns nicht das Haus auf den Kopf fällt.» Oft sind dann temporäre Stützen das einzige Rezept.

Der befallene Boden wird grosszügig ausgehoben. Das entstandene Loch giesst man später mit Beton aus. Wenn nötig versiegelt Sanawall auch die Wand, um sie vor Feuchtigkeit zu schützen. Ob all der Sanierungsarbeiten darf jedoch nicht vergessen gehen, den Pilz an der Wurzel anzupacken, also die Ursachen für den Befall zu beseitigen.

Extremer Befall möglich

Die Ursache ist fast immer eine lokale Ansammlung von Feuchtigkeit. Hier setzt der Schwamm sein Zentrum. Von da aus wächst er, oft über weite Strecken. Da entstehen zuweilen ganz skurril anmutende Geschichten: «Wir haben schon erlebt, dass ein Hausschwamm aus dem Keller über Holzkonstruktionen in den dritten Stock eines Hauses gewandert ist, um dort quasi den Küchenschrank zu verspeisen», berichtet Daniel Bottignole.

Obwohl das natürlich ein Extrembeispiel ist, zeigt es auf, dass der Schädling auch trockenes Holz angreift, wenn er die lebensnotwendige Feuchtigkeit von einem anderen Ort beziehen kann. In der Theorie wächst der Hausschwamm bei Temperaturen zwischen 3 und 26°C sowie Holzfeuchten zwischen 25 und 55%. Die optimalen Wachstumsbedingungen findet er bei 21°C und einer Holzfeuchte knapp über der Fa-sersättigung.

Vorbeugen ist besser als heilen

Das herausgebrochene Holz weist die typische Würfelbrüchigkeit auf. Man kann es mit relativ wenig Druck von Hand zerbröseln. Abfallholz kommt in die Verbrennung, mineralisches Material auf eine Spezialdeponie, damit es nicht aus Versehen für neue Bauwerke benutzt wird. Der sanierte Raum sollte wenn möglich entfeuchtet werden, um einem erneuten Befall vorzubeugen. Denn eines ist sicher: Wenn die Ursache nicht bekämpft wird, kann der Schwamm immer wieder auftreten. Und Sanieren wird zur nimmer endenden Sisyphusarbeit. Wer also eine Hausschwamm-Sanierung in Auftrag gibt, tut gut daran, nach den Garantieleistungen zu fragen.

Detaillierte Informationen zum Thema Haus-schwamm können den gemeinsamen Richtlinien von Empa und Lignum entnommen werden.

www.sanawall.chwww.empa.chwww.lignum.ch

MW

Veröffentlichung: 19. April 2012 / Ausgabe 16/2012

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