Vom Spaltholz zum Engel

Bernhard Berchtold (64) fertigt mit Leidenschaft Engel aus verschiedenen Hölzern. Bild: Christian Bärtschi

Sein Hobby begann vor Jahren mit einem geschenkten Engel aus Holz. «Das Geschenk berührte mich. Gleichzeitig dachte ich aber, dass man einen Engel auch ganz anders herstellen kann», erinnert sich Bernhard Berchtold. Und so ging der gelernte Schreiner in seine Werkstatt, tüftelte herum und stellte schliesslich seinen ersten Engel aus Spaltholz her. Die Engel entstehen in reiner Handarbeit mit Beil, Säge und Stechbeitel aus Holzstücken, die beim Spalten von Feuerholz anfallen. «Ich sehe in einem Holzstück eine bestimmte Figur und beginne dann, diese herauszuarbeiten. Auch die Flügel muss ich im Holz erkennen und gewissermassen herausschälen», erzählt er. Die Hauptarbeit mache dabei jedoch die Natur.

Nach seiner Schreinerlehre war Berchtold einige Jahre auf Montage unterwegs. Später brachte er sein handwerkliches Können als Hauswart und Sigrist bei einer Kirchgemeinde ein. Heute ist Berchtold pensioniert, arbeitet aber immer noch als stellvertretender Sigrist im bernischen Zollikofen. Ob seine Faszination für Engel von seiner Arbeit in Kirchen herrührt, kann er nicht beantworten. «Ich glaube zwar, dass es jenseits des Zufalls etwas gibt, das man nicht anfassen kann, aber ob das Engel sind oder etwas anderes, kann ich nicht sagen.» Auf jeden Fall bereiten seine Engel aus Holz auch anderen Menschen Freude oder spenden ihnen Trost, denn manchmal stellt Berchtold auch Engel für Grabmale her. Bei diesen Werken setzt er auf witterungsbeständiges Eichenholz, ansonsten schätzt er eher Apfel- und Kirschbaum. Sein Sortiment ist vielfältig: Vom kleinen Engel aus Haselnussholz, der auf einem Stein sitzt, bis zum 50 Zentimeter hohen Engel aus Eschenholz mit Flügeln aus Götterbaum ist alles vorhanden. Wichtig ist ihm, dass jeder Engel ein Unikat ist. «Ich kann nicht genau denselben Engel nochmals herstellen. Er entsteht aus dem Moment und ist abhängig von meinem Gefühl und vom gerade vorhandenen Material in meiner Werkstatt.» Die Flügel sind immer der Knackpunkt: Berchtold will diese ebenfalls aus Spaltholz und ohne grosse Nachbearbeitung herstellen. Es ist nicht einfach, für einen Engel die richtige Flügelform für beide Flügel in der passenden Holzsorte zu finden. Doch glücklicherweise kann sich Berchtold Zeit nehmen für sein Hobby. Manchmal «spricht» das Holz zu ihm, und es entsteht im Nu ein neuer Engel. An anderen Tagen geht gar nichts, dann wendet er sich anderen Beschäftigungen zu. So entstehen auch Holzsterne oder Skulpturen, die er mit der Motorsäge kreiert. Berchtold verkauft seine Engel auch. Normalerweise im direkten Kontakt oder an Ausstellungen. Vor wenigen Tagen hat er erstmals am Berner Handwerkermärit auf der Münsterplattform einen Stand betrieben. Seine Engel hat er dabei nicht als Marktschreier, sondern eher still verkauft: «Wer sich von sich aus von einer Figur angesprochen fühlt, möchte sie wahrscheinlich auch so erwerben», sagt er mit einem Lachen im Gesicht.

Dass Berchtold immer wieder auf einige seiner Engel verzichten muss oder darf, bereitet dem 64-Jährigen keinen Kummer: «Mein Lieblingsengel ist ohnehin immer derjenige, der gerade auf meiner Werkbank steht», sagt er. Und er wirkt dabei sehr zufrieden.

«Ich sehe in einem Holzstück eine bestimmte Figur und beginne dann, diese herauszuarbeiten.»

cb

Veröffentlichung: 05. Dezember 2019 / Ausgabe 49/2019

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