Vom Bauernhof in den Dschungel
Der gelernte Schreiner Hans Flütsch (59) und seine Frau Marianne widmen sich in der Demokratischen Republik Kongo einer neuen Lebensaufgabe.
Der gelernte Schreiner Hans Flütsch (59) und seine Frau Marianne widmen sich in der Demokratischen Republik Kongo einer neuen Lebensaufgabe.
Die Demokratische Republik Kongo: Das ist an Fläche der zweitgrösste und an Bevölkerung der viertgrösste Staat Afrikas. Das sind jahrzehntelange Ausbeutung, jahrelange Kriege, ein Klima der ständigen Unsicherheit, Unruhen und Korruption. Und das ist vor allem Armut. Seit knapp vier Jahren ist just diese, zumindest auf den ersten Blick, nicht gerade besonders einladende Region auch Heimat von Hans und Marianne Flütsch. Doch was zieht ein Ehepaar, das auf einem Bauernhof in der kleinen Bündner Gemeinde Furna gelebt hat, nach Zentralafrika? Nun, ganz einfach: der Wille, Gutes zu tun und zu helfen sowie eine Vision, die Vision, mitten im afrikanischen Dschungel ein Selbstversorger-Dorf aufzubauen. «Ein Student aus dem Kongo wohnte einige Wochen bei uns», erinnert sich Hans Flütsch an die Anfänge der Auswanderungspläne. Seine Frau Marianne hätte ihn eingeladen, da sie bis zu ihrem zwölften Lebensjahr selber im Kongo – damals noch Belgisch-Kongo – gelebt habe. «Der junge Mann sah, was ich alles im und um das Haus herum gemacht und gebaut habe», erzählt der gelernte Schreiner Flütsch weiter. Deshalb sei er angefragt worden, um mit jungen Menschen auf einfache Art Möbel herzustellen. «So führte eines zum anderen», sagt der 59-Jährige. Und nun, rund vier Jahre danach, sind Hans Flütsch und seine Frau Marianne daran, ein rund 600 ha grosses Land im kongolesischen Dschungel zu bewirtschaften. In Zusammenarbeit mit den Einheimischen wollen die Flütschs dort Vieh-, Land- und Forstwirtschaft sowie Acker- und Gartenbau betreiben. Zudem sollen noch eine Fisch- und eine Bienenzucht sowie eine Schule, eine Ziegelei und selbstverständlich eine Schreinerei entstehen.
Kurzum: Es steht noch jede Menge Arbeit an. Dementsprechend ausgefüllt sieht ein gewöhnlicher Arbeitstag von Hans Flütsch aus. «Wir stehen jeweils sehr früh auf, damit wir in der Morgenkühle arbeiten können», erklärt er. Frühstück um 9 Uhr, ein kleiner Imbiss um 14 Uhr, Feierabend um 17 Uhr – und das bei Temperaturen von bis zu knapp 50 Grad Celsius. «Es muss immer sehr viel getrunken werden», kommentiert Flütsch die nicht gerade einfachen Arbeitsbedingungen. Bereut habe er den grossen Schritt vom idyllischen Bündner Bauernhof in die Ungewissheit des afrikanischen Dschungels nie, auch wenn es durchaus negative Erlebnisse zu verarbeiten gegeben habe. «Wenn man alles voraussehen könnte, würde man vieles anders oder gar nicht machen», sagt er. Durch negative Erlebnisse sei er zudem Gott näher gewachsen, erklärt der überzeugte Christ. Trotzdem sei es nicht immer ganz einfach. Mit Land kaufen, urbanisieren und dem Aufbau von neuen Strukturen verdiene er auch kein Geld, sondern gebe bloss viel davon aus. Derzeit ist Hans Flütsch oft in der Schweiz anzutreffen – um Geld zu verdienen. «Vor etwa 16 Jahren habe ich angefangen, von Hand Schindeln herzustellen, wie zu Grossvaters Zeiten», sagt Flütsch, eine Marktlücke, wie der Mann, dem das Handwerken sozusagen in die Wiege gelegt wurde, schmunzelnd anfügt.
«Meine Vorfahren waren Walser und haben viel mit Holz gearbeitet. Die handwerkliche Arbeit liegt mir also wohl tatsächlich ein wenig im Blut.» Trotz seinen regelmässigen Schweiz-Besuchen sieht Flütsch die Zukunft von ihm und seiner Frau ohne Wenn und Aber im Kongo. «Es ist sehr interessant hier», sagt er. Die Kreativität habe für ihn Priorität. Aus Nichts etwas machen, das gefalle ihm. So sei er mittlerweile auch schon zum Büchsen-Flicker, Ofenbauer, Schweisser, Architekten, Maurer, Zimmermann, Dachdecker, Mechaniker und Pfleger geworden.
«Wir stehen jeweils sehr früh auf, damit wir in der Morgenkühle arbeiten können.»
Veröffentlichung: 26. Juni 2014 / Ausgabe 26-27/2014
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