Verhaltene Frühlingsgefühle

Wandelbarkeit: Die Flexinno GmbH zeigte, wie leicht sich der Wohn- zum Schlafbereich umwandeln lässt. Bild: Monika Hurni

Fachmesse.  Die IMM Cologne fand von Sonntag bis Mittwoch vergangener Woche für einmal als Spring Edition statt. Damit konnte die renommierte Kölner Möbelmesse nicht ganz an ihren sonstigen Erfolg anknüpfen. Dennoch waren einige Besonderheiten zu finden.

Dass die IMM Cologne in diesem Jahr als Spring Edition im Juni statt wie gewohnt im Januar stattfand, war der Coronapandemie geschuldet. Nachdem die Fachmesse in Köln (D) in den Jahren 2021 und 2022 ins Wasser gefallen war, wollten die Veranstalter dieses Jahr mit einem späteren Datum auf Nummer sicher gehen. Das Konzept ging nur bedingt auf, verzichteten doch einige namhafte Aussteller, darunter auch die meisten Schweizer, auf eine Teilnahme. Auch die Besucherzahl war im Vergleich zu anderen Jahren recht übersichtlich. 718 Aussteller und rund 30 000 Messebesucher wurden gezählt. 2018 waren es 1000 Aussteller und rund 130 000 Besucher. So ganz lassen sich die Zahlen aufgrund des veränderten Konzepts – so etwa, dass der Anlass als reine Fachbesuchermesse stattfand – nicht vergleichen. Und so zogen die Veranstalter in der Pressemitteilung dann doch ein positives Fazit: «Mit der IMM Spring Edition konnte aus Köln endlich wieder ein wichtiges Signal in den heimischen und den weltweiten Markt gesendet werden», sagte Gerald Böse, Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse GmbH.

Trotzdem wird es der Messe wohl guttun, dass sie 2024 vom 14. bis 18. Januar, und damit wieder zu Jahresbeginn, stattfindet.

Flexibilität und Wandelbarkeit

An der Messe zeichneten sich zwei Trends ab: die Kreislaufwirtschaft und das Bedürfnis nach Flexibilität und Wandelbarkeit.

Ein Beispiel für die Wandelbarkeit zeigte die Flexinno GmbH aus dem österreichischen Saalbach. Ihre Möbelsysteme lassen sich mit wenigen Handgriffen zu einer komplett neuen Nutzung umfunktionieren. So wird etwa das Sofa mit Ess- und Arbeitstisch durch einfaches Herunterklappen der Möbelwand zur Schlafstätte.

Variable Lösungen für das Homeoffice waren bei Movo, der Eigenmarke des kroatischen Möbelproduzenten Sobočan d.o.o., zu finden. Einen besonderen Blickfang bot dabei das Modell «The Visionary». Bestehend aus zwei mit einem Scharnier verbundenen Möbelhälften, lässt sich das schlichte Einrichtungsobjekt auf Rollen um bis zu 180 Grad aufklappen und wird so zum Eckbüro oder zum langen Arbeitsplatz, an welchem auch im Stehen gearbeitet werden kann.

Und ist der Arbeitstag erst mal beendet, so eignet sich das Homeoffice in zusammengeklapptem Zustand und seiner Ausführung in Kombination aus furnierten Tablaren und schwarzem Metall durchaus auch als Bar für das Feierabendbier.

Schlafen wie im Traum

Nomen est omen: Mit der Marke «Lifetime» präsentierte das dänische Unternehmen M. Schack Engel innovative Kindermöbel. Diese lassen sich variieren und begleiten die kleinen Nutzer so von ihrer frühsten Kindheit bis ins Jugendalter. Dies sieht der Hersteller auch als Beitrag an die Nachhaltigkeit. Oft nachgefragt werden laut Andrea Förg, Marketing Managerin bei der Agentur Al Lago in Rüschlikon ZH, welche den Hersteller in der Schweiz vertritt, deshalb die 4-in-1-Lösungen. Betten wie «The Hangout» (Bild oben) können sowohl als Kajütenbett als auch als einfaches Bett mit aufgesetztem Spielhäuschen genutzt werden.

Dem Thema Schlafen widmet sich auch die Dormiente GmbH aus Hessen (D). Unter dem Motto «Besser grün schlafen» präsentierte die Manufaktur Matratzen aus nachhaltig gewonnenen Naturmaterialien. Für einen gesunden Schlaf und eine angenehme Klimaregulation sorgen hier Füllmaterialien wie Hanf, Zirbe oder Seegras.

Effektvoll kombiniert

Manchmal sind es die unerwarteten Kombinationen, die den grössten Effekt erzielen. Dies bewies an der Messe die Ettlin Smart Textiles GmbH aus dem namengebenden deutschen Ettlingen mit ihrem Konzept «Ettlin Lux». Dabei handelt es sich laut der Herstellerin technischer Textilien um ein weltweit einzigartiges und patentiertes Gewebe, das durchlässig ist und dem Medium Licht eine weitere Dimension verleiht. Der spezielle Effekt wird realisiert durch Lichtquellen, welche hinter den Textilien angeordnet werden und dreidimensionale Lichtlinien erzeugen. Realisieren lassen sich mit «Ettlin Lux» unterschiedliche Leuchten. Einen besonderen Blickfang bieten ausserdem die hinterleuchteten Spiegelwände, welche als Designobjekt auf Mass konfektioniert erhältlich sind.

Auf eine nicht alltägliche Kombination setzt auch die Wimmer Wohnkollektionen GmbH aus dem bayerischen Waldkirchen und pries diese an der Messe mit dem Slogan «Massivholz trifft auf Lehm» an. Zu sehen war dann am Stand auch gleich noch ein Kurzfilm zur Herstellung der mit Farnen und Gräsern dekorierten Lehmfronten. Mit ihrem Gesamtkonzept reihte sich Wimmer nahtlos in das Thema der Nachhaltigkeit ein, welches auch bei den Jungunternehmern konsequent verfolgt wurde.

Die Natur in der Stube

Die Stände der kreativen Jungunternehmer in Halle 10.1 an der IMM gehörten zwar nicht zu den grössten, stachen aber wegen der gezeigten Produkte dennoch ins Auge. Da waren etwa Silvia Lorger-Michel und Ulrich Michel aus Brühl (D). Als Branchenfremde fingen sie vor einigen Jahren an, Möbel zu entwickeln, weil sie für ihr Eigenheim nichts Passendes fanden.

2017 gründeten sie die Firma Lomio. Ihre Produkte sind modulare Möbel aus Massivholz, die sie mit Teilen mit einem mehrschichtigen, gepressten Belag aus Moos oder Heu sowie Blumen belegen. Die Auflagen verleihen den Objekten Farbe und Duft. Lomio lässt die Möbel aus europäischem Holz bei regionalen Schreinereien fertigen und vertreibt sie online. Die gepressten Heublumen bezieht das Start-up aus Österreich. «Das Material ist so gebunden, dass es auch für Allergiker kein Problem ist», erklärt Silvia Lorger.

Büro ohne grosses Büro

Aus der Corona-Not eine Tugend gemacht haben die beiden Studentinnen Stefanie Kormis und Pia Zitzmann aus Hamburg. Sie entwickelten für sich ein tragbares Homeoffice, in dem sich Laptop, Netzteil, Unterlagen etc. verstauen lassen und das nach der Arbeit am Esstisch einfach beiseitegestellt werden kann. Ausserdem kann «Hox, das Büro in der Box» so verstellt werden, dass auch im Stehen gearbeitet werden kann. «Unser erstes Modell ist mit 10 Kilo doch stattlich», sagt Pia Zitzmann und weist auf das kleinere Modell «Hox 2.0» daneben, das nur gut 4 Kilo wiegt. «Das ist unser Prototyp, der gerade rechtzeitig zur Messe fertig wurde.» Die Boxen gibt es mit oder ohne Stehpult im eigenen Online-Shop oder bei einschlägigen Anbietern, wie etwa dem Blickfang-Shop. Das Material ist Pappel- respektive Birkenmultiplex. Beschläge und Schubladenseiten sind aus Metall. Gefertigt wird «Hox» in der Region Hamburg.

Eine Leiste zum Dranhängen

Eine deutsch-italienische Kooperation ist «Variand», das ebenfalls in der Schau der Jungunternehmer zu sehen war. Hinter der Produktlinie stehen fünf Architekten, die während ihres Studiums ein modulares Möbelsystem entwickelt haben. Herausgekommen ist «Variand». Dieses basiert auf einer horizontalen Holzleiste, in welche die unterschiedlichsten Zubehörteile eingehängt werden, um etwa in der Küche, im Büro oder im Wohnbereich Dinge zu versorgen. Es gibt die Leiste auch mit Magnet oder integrierter LED-Leuchte. «Variand» ist heuer mit dem «German Design Award Special» ausgezeichnet worden. Hergestellt werden die unterschiedlichen Elemente im Südtirol. Der Sitz der Firma Variand Furniture GmbH ist in Köln.

Flexibilität und Modularität sind grosse Trends moderner Inneneinrichtung, sei es zum Wohnen oder Arbeiten. Was Büro-Möblierung angeht, hat Corona hierbei einige Entwicklungen angestossen respektive beschleunigt. Ein drittes grosses Thema ist die Akustik, denn niemand hält sich gerne dort auf, wo es hallt und lärmt. Hier stellte die Firma Architected Sound aus Krakau (PL) ansprechende Paneele auf Basis von wiederverwendetem PET vor. Die Firma hat ein beachtliches Portfolio an Akustik-Lösungen für Decke und Wand, unter anderem auch Lampen, die Schall absorbieren.

Bei der Herstellung von Schuhen und Taschen der Luxusbranche fallen viele Lederabschnitte an, die meisten davon in Schwarz. Diese Lederreste setzt die Firma Nabore aus Süddeutschland mit dem Berliner Gestalter und gelernten Schreiner Thomas Beck in einen neuartigen Schichtwerkstoff um. In Köln zeigte Beck unter anderem den Prototypen eines Schreibtischs mit einer Platte aus Leder, dazu passend einen Stuhl, ebenfalls mit Leder. Der Werkstoff kann auch für Küchenfronten verwendet werden oder lässt sich zwischen zwei dünnen Holzschichten verleimt auch für Formteile einsetzen. «Jeder Schreiner kann den Werkstoff verarbeiten», sagt Beck.

Heavy-Metall und Holz aus Holland

Weniger filigran und mobil, dafür umso eindrücklicher sind die höhenverstellbaren Tische von «Sturdy-Legs» aus Emmeloord (NL). Die Tüftler vom Deich kombinieren altertümlich anmutende Mechanik mit massiven Holzplatten. Gemäss Auskunft liefern sie den Unterbau auch ohne Platte aus, etwa an Schreiner in der Schweiz.

www.imm-cologne.de

Monika Hurni und Stefan Hilzinger

Veröffentlichung: 15. Juni 2023 / Ausgabe 24/2023

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