Technik am laufenden Band


Die 50 Schweizer Schreiner posieren im Biesse-Werk für ein Erinnerungsbild. Bild: Martin Freuler
Die 50 Schweizer Schreiner posieren im Biesse-Werk für ein Erinnerungsbild. Bild: Martin Freuler
Tech Tour. Rund 50 Schweizer Schreinerinnen und Schreiner sind kürzlich der Einladung des Maschinenherstellers Biesse gefolgt und haben dessen Werk in Italien besichtigt. Sie bekamen einen Einblick in die moderne Maschinenindustrie und schlossen gute Bekanntschaften.
Die Faszination für moderne Schreinermaschinen ist zu vergleichen mit jener für schnelle Autos. Dieser Bogen wurde auch an der Tech Tour des italienischen Maschinenherstellers Biesse gespannt, die vorletzte Woche 50 Schweizer Schreinerinnen und Schreiner an den Hauptsitz des Konzerns in Pesaro führte. Klar, eingeladen wurden alle wegen des Biesse-Werks und der raffinierten Holzbearbeitungsmaschinen, die dort produziert werden. Doch es lag auf der Hand, auf der Rückreise des dreitägigen Ausflugs noch im Ferrari-Museum in Maranello einen Boxenstopp einzulegen. Wenn schon, dann schon. Die Eindrücke waren bleibend und werden in der Erinnerung nun immer Ferrari, den italienischen Nationalstolz schlechthin, mit Biesse in Verbindung bringen. Ein geschickter Schachzug.
Dass sich Schreiner für Technik begeistern können, ist eigentlich logisch. Sie wissen ja auch viel darüber. Doch es kam deutlich mehr zum Vorschein, als die Biesse-Techniker am zweiten Tag der Reise in der Ausstellungshalle des riesigen Werks ausserhalb von Pesaro die Maschinen dröhnen liessen. Dicht an dicht stehend, schauten die Schreiner gebannt auf die Szenerie hinter den Glasscheiben, sie liessen sich sprichwörtlich aufsaugen von den Maschinen. Wohl keiner sah zum ersten Mal eine CNC-Maschine laufen, und dennoch schüttelte manch einer nach den Präsentationen etwas ungläubig den Kopf und wunderte sich: «Was heute doch alles möglich ist!»
In der Tat war es schon fast akrobatisch, was Bohrköpfe, Sägeblätter und Fräsen der Maschinen mit den Werkstücken anstellten. Zum Beispiel frästen sie in kürzester Zeit aus einem Holzblock einen filigran geschwungenen Becher, oder sie modellierten aus einem Würfel eine Weltkugel mit den fein eingeritzten Umrissen von «Bella Italia» und dem Biesse-Logo drauf.
Bevor die Maschinen tanzten, nahmen die Schweizer Gäste an einer Führung durch die Produktionshallen von Biesse teil. Die Gäste konnten die Entstehung der Holzbearbeitungsmaschinen von der Vorbereitung der Ständer bis zum Verlad der fertigen Ungetüme miterleben. Die Fabrik ist nach dem Lean-Prinzip organisiert, auch das schafft übrigens einen Bezug zur Automobilindustrie: Lean, die «schlanke» Produktion, hatte seinen Ursprung vor einigen Jahrzehnten beim japanischen Autohersteller Toyota. Bei Biesse bedeutet das: Maschinen wie etwa Kantenanleimer oder CNC-Zentren «laufen» auf Schienen durch die Werkhalle. Die Technikerteams haben an ihren Arbeitsstationen klar definierte Aufträge und bestücken die Maschinen Schritt für Schritt mit den verschiedenen Komponenten, bis sie schliesslich getestet und für den Abtransport vorbereitet werden.
Ungefähr 20 Maschinen verlassen das Werk täglich, 7 davon sind CNC-Bearbeitungszentren der verschiedensten Typen, 5 Kantenanleimmaschinen, hinzu kommen automatische Lager, Bohrmaschinen und Spezialausführungen. Ein besonders imposantes Exemplar, das derzeit letzten Tests unterzogen wird, ist eine Kantenanleimmaschine für den ausserrhodischen Küchenhersteller Elbau. Sie wird dort Teil einer 148 Meter langen Produktionslinie. In wenigen Wochen wird sie ausgeliefert.
Biesse beschäftigt rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Pesaro, einer mittelgrossen Stadt an der Adriaküste, die hauptsächlich von Industrie und Tourismus lebt. Weltweit arbeiten 4200 Personen für Biesse, die Firma erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von mehr als 690 Millionen Euro.
Zum Biesse-Konzern gehört auch das Mechatronikunternehmen HSD, das in Pesaros Nachbarstadt Gradara zu Hause ist. Auch hier konnten die Schreiner einen Augenschein nehmen, und sie erfuhren dabei, dass das Unternehmen im Bereich der Spindeln für CNC-Maschinen absoluter Weltmarktführer ist. Es beliefert sogar direkte Biesse-Konkurrenten mit Motoren. HSD macht einen Jahresumsatz von rund 100 Millionen Euro und beschäftigt 300 Mitarbeiter. Derzeit ist die Firma daran, Personal und Produktionsfläche massiv auszubauen.
Unter dem Namen Tech Tour führt Biesse Schweiz regelmässig mehrtägige Reisen an den Firmensitz in Italien durch. Geschäftsführer Marco Cerri zieht über die Ausgabe 2018 ein sehr positives Fazit: «Die Gäste waren begeistert und haben sicher Vertrauen gewonnen in Biesse.» Und natürlich darf man einen weiteren wichtigen Punkt nicht unerwähnt lassen: Die Reise in der Gruppe ermöglichte viele neue Kontakte, aus denen Bleibendes entstehen kann.
Veröffentlichung: 21. Juni 2018 / Ausgabe 25/2018
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