Stopfmaterial aus dem Sack?
Schaumgebilde haben eine gewisse Anziehungskraft. Doch immer noch sind sie nicht ganz frei von unerwünschten Inhaltsstoffen. Bild: SchreinerZeitung
Schaumgebilde haben eine gewisse Anziehungskraft. Doch immer noch sind sie nicht ganz frei von unerwünschten Inhaltsstoffen. Bild: SchreinerZeitung
Dämmzöpfe. Je nach Hersteller enthalten Dämmzöpfe die unterschiedlichsten Materialien. Ihr Marktanteil ist zwar klein, dennoch stehen sie in manchen Fällen in der Ausschreibung für die Montage von Fensterrahmen. Wenn dem so ist, gilt es, dies zu berücksichtigen.
Während Schaum die letzten Jahre der einzig wahre Dämm- und Füllstoff bei Fensterrahmen zu sein schien, steht er heute vermehrt in der öffentlichen Kritik. Obwohl die Hersteller darauf bedacht sind, ihre Produkte stets zu verbessern, verlangen Ausschreibungen öfters nach Fensterzöpfen.
Namen für die dicken Wollschnüre gibt es viele: Als «Seidenzopf», «Fensterzopf», «Woll-zopf», «Dämmzopf» oder «Stopfschnur» wer-den sie angepriesen. Nicht immer enthalten die wolligen Schlangen jedoch die Inhaltsstoffe, die der Name vermuten lässt. Jeder Hersteller setzt auf andere Zutaten. Die Fritz Landolt AG beispielsweise führt mit «Frivolit» ein Produkt aus wiederverwerteten Baumwollresten im Sortiment. Die alten Kleider werden jedoch nicht in Näfels zu Dämmstoffen verarbeitet, wo die Firma ihren Sitz hat, sondern gemäss Produktmanager Roger Tresch in Frankreich.
Es gibt Zöpfe aus reiner Schafwolle oder aber Mischformen aus Baumwolle, Schafwolle und einem Anteil beigemischter synthetischer Fasern. Auch Stein- oder Glaswolle steht als alternatives Material für die Ausgestaltung des Rahmenanschlusses zur Verfügung. Und Seidenzöpfe – woraus bestehen sie nun wirklich? «Früher tatsächlich aus Seide», erklärt Josef Knill, Co-Präsident beim Fachverband der Fenster- und Fassadenbranche (FFF) und Geschäftsführer von Fensterinform. Er erstellt mit seiner Firma Expertisen und berät Fensterbauer. Von der Seide als Inhaltsstoff zeugt heute aber nur noch der Name.
«In der Praxis werden Seidenzöpfe vor allem im Bereich der Schallschutzmassnahmen eingesetzt, wo ein dauerhafter Schallschutz gefordert ist», sagt Roger Schneider, Bauphysiker beim Ingenieurbüro Grolimund und Partner AG. Etwas weniger häufig seien sie auch bei Minergie Eco, Eco-P oder Eco-A ein Thema. Und nicht zuletzt bei Sanierungen, wo die Denkmalpflege oder der Hei-matschutz darauf bedacht sind, die Bausubstanz möglichst originalgetreu wiederherzustellen.
Wenn die Ausschreibung explizit keine harten Schäume zulässt, müssen alternative Stopfmittel zum Einsatz kommen. Anderenfalls läuft man Gefahr, die Fenster kurz nach der Montage ersetzen zu müssen. Einige Kantone kontrollieren streng, womit die Fuge gefüllt wurde. In anderen Kantonen ist der Spielraum etwas grösser.
Im Schallschutz sei vor allem die Dauerhaftigkeit ein Thema, meint Schneider. Dank eigenen Tests ist er sich sicher: «Wer Gewähr haben will, dass die Konstruktion schalltechnisch über die Jahre funktioniert, für den kommt nur ‹Stopfen› in Frage.»
Wie das Fenster selbst, haben beide Systeme ihre Licht- und Schattenseiten. «Dämmzöpfe sind sehr dauerhaft», sagt David Stadelmann, Verkäufer bei Fiwo in Bischofszell. Der Verein steht für Arbeitsintegration und verfilzt nach traditioneller Art Schafwolle zu Zöpfen. Dass Zöpfe bezüglich Lebensdauer nicht schlecht sein können, sieht man alleine schon daran, dass beim Abbruch von alten Fenstern auch nach 50 Jahren immer wieder gut erhaltene Exemplare zum Vorschein kommen. Nicht zuletzt aufgrund dieser tollen Referenz werden sie vermutlich allgemein wieder vermehrt eingesetzt, denn Stadelmann kann in seiner Firma eine steigende Produktionsmenge ausmachen. «Bei keinem anderen Produkt verspürten wir in den letzten Jahren ein so starkes Wachstum wie bei den Wollzöpfen», sagt er. Das habe mehrere Gründe. Einerseits seien Wollzöpfe aus erneuerbaren Rohstoffen gefertigt, andererseits sei der Zopf dem Schaum spätestens dann überlegen, wenn das Fenster aus irgendeinem Grund wieder demontiert werden muss. «Bei der Demontage entsteht dann nicht so eine Sauerei», bringt es Stadelmann ganz pragmatisch auf den Punkt. «Auch nisten keine Bienen oder Wespen darin», sagt er und spielt damit auf weitere Geschichten an, die vom Schaum erzählt werden.
Luis Carmona übernimmt mit seiner Firma Montas AG die Dichtungsarbeiten für grosse Fensterhersteller. Er und seine Mitarbeiter bevorzugen Dämmzöpfe aus Schafwolle: «Diese sind besser zu verarbeiten als gleichartige Produkte aus anderen Materialien», erklärt er. «Schafwolle löst kaum Allergien aus», nennt er einen weiteren Grund für seine Wahl. Kein Wunder, dass die 1000 Laufmeter Fensterzopf, die er mit seinem Team tagtäglich verarbeitet, fast ausschliesslich aus dem natürlichen Material bestehen. Er mag auch die weiteren positiven Eigenschaften der Schafwolle: «Sie ist atmungsaktiv, winddicht und filtert Schadstoffe aus der Luft.» Schaum benutzt er selten. «Der kommt bei Situationen zum Einsatz, in denen seine tragende und stabilisierende Wirkung erwünscht ist», führt Carmona aus und nennt damit einen negativen Aspekt der Fensterzöpfe. Mit Stopfschnüren werde halt eben gestopft und nicht konstruiert.
Auch bei der Firma Gyso AG besteht gemäss Aussage von Pius Meile zurzeit eine grosse Nachfrage nach Dämmzöpfen. Nichtsdestotrotz ist man bei Gyso nicht bedingungs- los von deren Eigenschaften überzeugt. Für Pius Meile ist klar: «Ob die gewünschten bauphysikalischen Eigenschaften von Dämmzöpfen innerhalb der Konstruktion wirklich erreicht werden können, hängt stark von der Beschaffenheit des Untergrundes sowie einer absolut einwandfreien Montage ab.» Insbesondere bei schmalen Fugen oder unebenen Untergründen sei es nahezu unmöglich, Dämmzöpfe fachgerecht einzubringen. In solchen Situationen, welche im Übrigen in der Schweiz nach wie vor mehrheitlich anzutreffen seien, ist eine wirklich saubere Abdichtung der Fensteranschlussfuge nach Ansicht der Firma Gyso ausschliesslich mit nachexpandierenden Materialien möglich (siehe SchreinerZeitung Nummer 9/2012, Seite 10) .
Angesprochen auf die ökologischen Merkmale von nachexpandierenden Materialien erläutert Pius Meile: «Seit einiger Zeit sind mit Produkten wie dem «Gyso Dämmstoff E» neue Technologien verfügbar, welche nachweisbar keine Schadstoffe hinterlassen und auch in bauphysikalischer Hinsicht gute Werte erzielen.»
Letztlich kommt es auch auf die Philosophie des Architekten an, welches Dichtungssystem bevorzugt wird. Weil bei Minergie Eco die Grauenergie eine Rolle spielt, dürften Produkte, die in der Schweiz hergestellt werden, keine so schlechte Wahl sein.
www.grolimund-partner.chwww.fensterinform.chwww.montas.chwww.gyso.chVeröffentlichung: 11. Oktober 2012 / Ausgabe 41/2012
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