Sport. In der Lehrwerkstätten Bern können junge Spitzensportler den Aufbau ihrer Karriere mit einer soliden Berudsbildung verbinden. Ein Blick in die Schreinerwerkstatt, wo die Sporttalente beweisen, dass sie auch anpacken, wenn es nicht um Gold geht.
Auf den ersten Blick merkt man beim Besuch in den Lehrwerkstätten Bern (LWB)nicht, wie viel sportliches Talent sich hier versammelt. Auch die trainierten Muskeln der jungen Sportlerinnen und Sportler stechen einem durch die rot leuchtenden T-Shirts nicht direkt ins Auge. Doch die bisherigen sportlichen Erfolge dieser Lernenden sind verheissungsvoll. Viele von ihnen haben aufgrund ihrer guten Resultate eine Talents Card von Swiss Olympic.
Freie Zeit für Training und Wettkampf
Sie alle sind hier, weil sie nach dem Ende ihrer obligatorischen Schulzeit weiterhin voll auf den Sport setzen wollen. Und weil sie gleichzeitig eine handwerkliche Berufsausbildung absolvieren möchten. Nachdem die LWB bereits einige Jahre Erfahrung mit der Ausbildung junger Spitzensportler gesammelt hat, besteht seit 2010 ein offizielles Angebot. «Für junge Sportlerinnen und Sportler ist es unheimlich schwierig, das intensive Training, die vielen Wettkämpfe und die anspruchsvolle berufliche Ausbildung unter einen Hut zu bringen. Wir haben uns deshalb mit den grossen Berner Sportklubs an einen Tisch gesetzt und nach Möglichkeiten gesucht, wie alle Beteiligten profitieren können», erklärt der Initiant Matthias Affolter. Als Ergänzung zum gewöhnlichen Lehrvertrag schliesst er mit den Jugendlichen eine Zusatzvereinbarung ab. Sie gibt den Lernenden eine Garantie, dass sie jederzeit an wichtigen Trainings und Wettkämpfen teilnehmen können. Für Valentin Lüthi ist diese Flexibiltät ungemein wichtig. Der junge Eishockeyaner spielt als Verteidiger bei den SCL Tigers und in der U-19 Nationalmannschaft. Er hat diesen Sommer zum zweiten Mal mit der ersten Mannschaft trainiert und kann in der kommenden Saison bei Ausfällen anderer Spieler jederzeit aufgeboten werden. Ein zweites Beispiel ist die Seglerin Maja Siegenthaler (siehe SchreinerZeitung Nr. 44/2010, Seite 24). Für internationale Regatten verbringt sie oft mehrere Tage im Ausland. In einem gewöhnlichen Lehrbetrieb wäre das nur schwer möglich. Da in der LWB sowohl die Werkstatt als auch die überbetrieblichen Kurse und die Berufsschule unter einem Dach sind, lässt sich verpasster Stoff viel leichter nachholen.
Kein geschenkter Lehrabschluss
Trotz häufiger Abwesenheit können sich die Sportler nicht einfach durch die Lehre schmuggeln. Sie absolvieren das genau gleiche Programm wie gewöhnliche Lernende. Sie können dabei lediglich etwas weniger praktische Erfahrung sammeln. Sie haben die Schreinerlehre bewusst gewählt, weil sie sich für das Handwerk und den Umgang mit dem Werkstoff Holz interessieren. So hätte sich der Handballer Orode Godwin Ayko eine Ausbildung im Büro ebenso wenig vorstellen können wie die Schwimmerin Nina Bolzli, der Eishockeyaner Gabriel Stutz oder der Schwimmer Sandro Gygax. Die weiteren Teilnehmenden des besonderen Ausbildungsprogramms sind Liva Badertscher und Felix Huber (beide Unihockey) sowie Christoph Zaugg (Eishockey).
Das Leben nach dem Sport
Ihnen allen ist klar, dass Spitzensport nicht bis ins hohe Alter möglich ist. Selbst wenn sie sich in ihrem Sport durchsetzen und grosse Erfolge feiern werden, müssen sie in zehn Jahren oder schon früher eine zweite Karriere in Angriff nehmen. Und genau auf diese bereitet sie die LWB vor.
Matthias Affolter will deshalb verhindern, dass die sportlichen Handwerker der Schrei-nerbranche verloren gehen: «Diese jungen Leute sammeln nun wichtige Lebenserfahrung. Sie sind ehrgeizig, können mit Druck umgehen und sich enorm gut auf ihre Leistung konzentrieren. Diese Eigenschaften sind auch in unserem Beruf gefragt.» ARE
www.bernersportausbildungen.ch
Veröffentlichung: 01. September 2011 / Ausgabe 35/2011