Schreinerblick in die Computerwelt


Für Anwendungen wie Lage-, Schnitt- oder Konstruktionspläne braucht es kein Farbmanagement. Wird am Bildschirm visualisiert, sieht das anders aus. Bild: Fotolia, PM Photo
Für Anwendungen wie Lage-, Schnitt- oder Konstruktionspläne braucht es kein Farbmanagement. Wird am Bildschirm visualisiert, sieht das anders aus. Bild: Fotolia, PM Photo
Hardware. Ob Apple oder PC ist bei Schreinern eigentlich keine echte Frage. Der Grund liegt in der rein auf Windows basierenden Branchensoftware. Aber viele andere Fragen stellen sich beim Umgang mit der Hardware, etwa zur Farbechtheit des Bildschirmes bei Visualisierungen.
Die Schweiz ist ein Mac-Land. Vor zwei Jahren überholte die Marke mit dem Apfel die bis dahin als Platzhirsch herrschende Firma Hewlett Packard (HP). Und das gilt für die Zahlen ohne Tablets, wie ein Blick in das «Weissbuch», eine Marktstudie von Robert Weiss Consulting, zeigt. In der Schweiz sind Apple-Geräte am häufigsten verbreitet, mit stetig wachsendem Marktanteil.
Für Schreinereien gilt das so nicht. Gerade bei CAD-Anwendungen, ERP-Systemen und CAM-Produktion ist Windows die gängige und in mancher Hinsicht auch notwendige Plattform. Denn ohne Datendurchgängigkeit nutzen teuere Soft- und Hardware wenig. «Die ERP-Systeme für Schreiner laufen nur mit Windows», weiss Erich Amgwerd, zuständig für die Schulung in C-Technologien an der Höheren Fachschule Bürgenstock. Will ein Anwender trotzdem mit Mac arbeiten, dann muss er die Schnittstellenproblematik in den Griff kriegen und das ist nicht ganz leicht, zumindest aber aufwendig. «Es gibt zweigleisig fahrende Anwender, die für das ERP-System dann von Mac einen Datenübertrag zu Windows machen. Aber wesentliche Vorteile des ERP sind damit nicht mehr gegeben, die Durchgängigkeit der Daten von der Massaufnahme auf der Baustelle bis hin zur Nachkal-kulation», so Amgwerd.
Mindestens die Hälfte der Designer, Architekten und Grafiker arbeiten mit Mac-Rechnern, denn CAD-Software ist ebenfalls für das Betriebssystem OS-X verfügbar. Bei den Schreinern ist das ein ganz kleiner Teil, der so Entwurf und Konstruktion von der Produktion und dem Rechnungswesen trennt. Den Anteil der Schreiner, die mit einer Mac-Version von Vectorworks arbeiten, schätzt Dominique Corpataux, CAD-Experte bei der Computerworks AG in Basel, auf 2 bis 3%. «Die Mac-Anwender haben ein Problem, wenn sie ein ERP-System verwenden. Man muss die Daten dann emulieren, und das geht natürlich nicht ohne Aufwand, so dass man dies auch wollen muss», beschreibt Corpataux die Situation. Bei der sogenannten Emulation wird das ganze System auf das andere nachgebildet und so übertragen. Aber: Mac-Anwender sind oft Überzeugungstäter und nehmen dann aus ideologischen Gründen Mehraufwendungen in Kauf, zumal Apple im Moment durch das neue Retina-Display einmal mehr neue Standards bei den Bildschirmen setzt. Die Fachwelt ist begeistert. Die fast in Stein gemeisselte Darstellungsqualität von 72 ppi wird damit bis auf 220 ppi hochgeschraubt, geht also in Richtung einer brauchbaren Druckauflösung. «Das Retina-Display wird ebenfalls einen Schub bei den anderen Herstellern bringen», zeigt sich Rolf Baumann, Product Manager bei der Triviso AG in Solothurn, überzeugt.
Hinter vorgehaltener Hand hört man oft, dass viele über die Zusammenhänge von Farbechtheit der Bildschirmdarstellung und dem Druckergebnis nur wenig oder gar nicht Bescheid wissen. Wer am Bildschirm die Farben so sehen möchte, wie sie tatsächlich sind, muss seinen Monitor regelmässig kalibrieren, vor allem dann, wenn die Daten gedruckt oder für Präsentationen verwendet werden, bei denen es dann auf die Farbechtheit ankommt, denn Monitore wer-den mit irgendeiner Einstellung von Farbe, Kontrast und Helligkeit verkauft. Die kann – muss aber nicht der Realität entsprechen. «Die Farbdarstellungen sind durchaus ein Problem, aber Bildschirmkalibrierungen werden in Schreinereien nur in den seltensten Fällen gemacht», weiss Corpataux aus eigener Erfahrung.
Wer Schluss machen möchte mit der beliebigen Bildschirmdarstellung, bedient sich in der Regel eines Colorimeters. Das ist ein gut mausgrosses Farbmessgerät mit Software, das ab 100 Franken erhältlich ist. Das Gerät wird dabei auf dem Bildschirm entsprechend der Darstellung über die Software positioniert. Der Colorimeter misst, vergleicht und errechnet die Differenz der dargestellten Farben. Daraus ergibt sich ein bildschirmabhängiges Korrekturprofil, das in einem ICC-Profil abgespeichert wird. Im Detail muss man sich jedoch auch damit etwas auseinandersetzen, auch wenn die Software Schritt für Schritt durch den Vorgang führt. So sollten etwa vor der Kalibrierung die Bildschirmeinstellungen in den Werkszustand zurückgesetzt werden, der Bildschirm eine halbe Stunde in Betrieb sein oder auch der Einfluss von externen Lichtquellen berücksichtigt und möglichst ausgeschaltet werden.
Wenn seitlich Tageslicht auf den Bildschirm fällt, hilft eine Verblendung des Monitors. Anleitungen zur Kalibrierung gibt es detailliert im Internet, wo dann ebenfalls die einzelnen Parameter erklärt werden. Da sich Bildschirmeinstellungen im Laufe der Zeit auch wieder selbständig verstellen können, sollte man das Prozedere von Zeit zu Zeit wiederholen. So kann man eine farbechte Darstellung relativ leicht und kostengünstig umsetzen. Rolf Baumann kalibriert seinen eigenen Bildschirm regelmässig, «etwas Kompetenz braucht es schon, damit man auch weiss, welche Parameter man eingibt», so Baumann.
Von einer rein visuellen Einrichtung des Bildschirmes raten die Experten dringend ab. Dies führe zu keinen brauchbaren Ergebnissen, auch wenn immer noch Produkte am Markt erhältlich sind, die mittels eines gedruckten Referenzfotos einen Abgleich mit der Bildschirmdarstellung versprechen. Die subjektiven Einflüsse bei einer solch visuellen Beurteilung seien dabei aber so gross, dass davon allseits abgeraten wird.
«Die Arbeit mit mehreren Screens hat sich heute in Schreinereien etabliert», weiss Erich Amgwerd. Kein Wunder, wer gleichzeitig mit der CAD-Oberfläche und dem Mailprogramm arbeitet, dabei Stücklisten im Blick und die Branchensoftware offen haben muss, benötigt dafür ausreichend Fläche, um den Überblick zu behalten. Die Frage nach dem einen grossen Bildschirm oder doch lieber zwei kleineren beantwortet Rolf Baumann eindeutig: «Zwei grosse oder eben Notebook und ein grosser Bildschirm», denn «heute ist ein Full HD 24 Zoll Screen keine Kostenfrage mehr. Aber das ist ein derart grosser Produktivitätsgewinn bei der Arbeit am Rechner, da muss man nicht lange überlegen», so der Experte.
Zeigt der Bildschirm dann die Farben, wie sie sind, ist die nächste Baustelle der Drucker. Haben sich für Office-Anwendungen Laserdrucker durchgesetzt, zeigt der Farblaser im Grafikbereich seine Schwächen. Die einhellige Expertenmeinung: für Grafikanwendungen ist der Tintenstrahldrucker die erste Wahl. «Am besten einen Fotoprinter mit möglichst vielen separaten Farbpatronen, damit die Farbtöne feiner gemischt werden können», weiss Baumann. In der Wirklichkeit vieler Schreiner können deren Drucker jedoch Visualisierungen gar nicht adäquat darstellen. Auch für Drucker gibt es Kalibrierungszubehör, damit Farben möglichst wirklichkeitsgetreu ausgegeben werden. Das Profil muss aber ebenso auf das eingesetzte Papier abgestimmt werden. Grossformatige Farbdrucker, die mit sechs oder acht Tintenpatronen ausgestattet sind, stellen auch eine Investition dar und sind deshalb im Nicht-Profi-Bereich wenig verbreitet. Die Mischung aus eigenem Druck von Schwarz-Weiss-Schnitt- und Konstruktionszeichnungen, der Präsentation von Visualisierungen am Bildschirm sowie der Bemusterung beim Kunden vor Ort dürfte deshalb bis auf Weiteres Standard bleiben.
Für hochwertige Drucke einen externen Dienstleister zu bemühen, ist für Schreiner nicht die schlechteste Lösung. «Aber auch dafür braucht es ein technisches Grundwissen über die Zusammenhänge für Grafik», sagt Rolf Baumann.
Bei der Rechnerleistung verweisen die Anbieter von CAD-Programmen auf ähnliche Leistungsdaten als Mindestanforderungen. Orientierung gibt auch die Anwenderklasse für Rechner. So hätten sich Computer mit Spielhardware für CAD-Anwendungen bewährt, während ein spezieller CAD-Rechner dreifach so teuer sei, weiss Corpataux. Reine Office-Rechner seien für CAD-Anwendungen nicht tauglich. Wer einen neuen Rechner anschafft, sollte ein Modell mit einem 64 Bit-Prozessor mit mindestens 3 GHz Geschwindigkeit für das Betriebssystem Windows 7 oder 8 auswählen. Der Arbeitsspeicher sollte ein Volumen von 4 GB haben, die Festplatten sind in der Regel deutlich ausreichend dimensioniert.
Wichtig ist die Grafikkarte, denn Einsteigermodelle taugen nicht für 3-D-Anwendungen. Die Ansprüche liegen etwa bei einer Farbtiefe von 1600 × 1050 mit mindestens 256 MB, besser 512 MB, denn auch hier steigen die Anforderungen. Gerade mit den neuen Entwicklungen bei der Bildschirmauflösung mit einer höheren Pixeldichte ist bei den notwendigen Leistungsdaten an die Grafikkarte eine Steigerung zu erwarten. Das hochauflösende Retina-Display von Apple lässt grüssen und wird wohl so auch beim Schreiner zumindest indirekt Einfluss nehmen.
www.hfb.chwww.computerworks.chwww.triviso.chwww.datacolor.comVeröffentlichung: 15. November 2013 / Ausgabe 46/2013