Pleiten, Pech und Pannen

Heinrich Degelo zeigt das besagte Banner. Bild: Noah J. Gautschi

Fuckup-Night.  Wo gearbeitet wird, fallen nicht nur Späne, sondern es passieren auch Fehler. Damit man aus diesen lernen kann, ist im Betrieb eine offene Fehlerkultur notwendig. Die erste «Fuckup-Night» der Swissbau führte dem Publikum Beispiele aus der Praxis vor Augen.

An der Swissbau fand dieses Jahr zum ersten Mal eine sogenannte «Fuckup-Night» statt. Dabei erzählten drei Protagonisten aus der Baubranche von Projekten, bei denen nicht alles nach Plan gelaufen ist. Ganz nach dem Motto «Trial and Error», also Versuch und Fehler, schilderten sie vor über 200 Fachpersonen ihre Erfahrungen im Umgang mit Rückschlägen. Durch solche Veranstaltungen soll eine Fehlerkultur gefestigt werden: Ein Fehler ist mehr als Chance denn als Rückschlag zu betrachten.

Umstrittenes Banner

Zum Anfang erzählte der Architekt Heinrich Degelo, wie beim Umbau der Universitätsbibliothek Freiburg (D) ein Banner für rote Köpfe sorgte. Dieses sollte an einer Fassade angebracht werden, in der sich während ungefähr drei Wochen im Frühling und Herbst vormittags kurz die Sonne spiegelte und die so die Umgebung blendete. Das Banner sollte ursprünglich als Infobanner für Studenten und Besucher genutzt werden. Doch dem Uni-Direktor passte das nicht, und nach einigem Hin und Her wurde schliesslich, ohne Wissen von Degelo, ein Abbild der Fassade auf das Banner gedruckt. Es entstand in der Folge ein öffentlicher Shitstorm. Degelo kontrolliert heute auch kleinere Bauabschnitte besser, um solche Fehler nicht mehr zu übersehen.

Kill your Darling

Der Produktmanager Philipp Storrer von der Belimo AG entwickelte mit seinem Team eine automatische Komponentenabstimmung für Thermostate und Ventile übers Smartphone. Obwohl die Pilotobjekte funktionierten und alle Beteiligten überzeugt waren, wurde das Projekt wegen der zu hohen Komplexität gestoppt. Storrer und sein Team mussten ihre jahrelange Arbeit aufgeben, konnten jedoch ihre gewonnenen Erfahrungen in kleineren, umsetzbaren Projekten fortleben lassen. Es sei wichtig, Projekte gezielt zu verwerfen, damit der Fokus neu gesetzt werden könne.

Einige Jahre zu früh

Antje Kunze gründete 2012 das Start-up Smarterbettercities, das eine Software für Stadtplanungen entwickelte. Neben der Stadt Zürich setzten auch Harvard und Implenia auf die damals visionäre Software. Bereits 2014 war das Programm responsiv und überzeugte mit einem einfachen und intuitiven Interface. Da der Grossteil der Städteplaner erst jetzt langsam nach solchen Softwarelösungen suchen, ging dem Unternehmen 2017 das Geld aus. Für Kunze war dieser Weg sehr emotional und schwierig. Heute würde sie die Insolvenz nicht mehr so lange hinauszögern und auf Investoren mit mehr Zeit setzen.

Anschliessend an die eindrücklichen Schilderungen diskutierten die Referenten gemeinsam auf dem professionell moderierten Podium. Die Erfahrungen wurden in einen grösseren Kontext gesetzt und die Chancen sowie Herausforderungen dieser neuen Fehlerkultur diskutiert.

www.swissbau.ch

njg

Veröffentlichung: 23. Januar 2020 / Ausgabe 4/2020

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