Planen, programmieren, bearbeiten und ausstellen

Schreinerfachlehrer Hans-Peter Gerber hilft dem Lernenden Janis Reinhard, das CNC-Bearbeitungszentrum zu beschicken. Bild: PD

Für die meisten Lernenden des BZ Emme ist die Arbeit mit dem CNC-Bearbeitungszentrum unbekanntes Terrain. Die Schreinerklassen haben im Unterricht und im üK eigene Möbel kreiert und hergestellt. Zur Krönung werden diese am Schluss ausgestellt.

Die Tischkreissäge oder Kehlmaschine gehört für Lernende im vierten Lehrjahr zu einem gewohnten Arbeitsmittel. Ein CNC-Bearbeitungszentrum ist allerdings für die meisten etwas Neues, deshalb sind viele von ihnen gespannt auf den überbetrieblichen CNC-Kurs. Auch dieses Jahr entstanden im CNC- und Oberflächen-üK des Bildungszentrums (BZ) Emme in Langnau BE interessante Möbel. Die Lernenden im vierten Lehrjahr hatten im CNC-Kurs Zeit, ein eigenes Objekt zu erstellen, wobei sie sich mit der Planung des gewünschten Objektes schon in der Gewerbeschule auseinandersetzten. Im üK wurden zuerst die Grundlagen der CNC-Bearbeitung vermittelt. Anschliessend wurden die Teile programmiert, optimiert, Programme erstellt, Werkzeuge zugewiesen und zu guter Letzt alles auf der Maschine bearbeitet. Dafür brauchten die Lernenden zwei bis sechs Stunden Maschinenzeit – je nach Projekt. Im anschliessenden Oberflächen-üK wurde der Umgang mit unterschiedlichen Oberflächenmaterialien und die Möglichkeiten gezeigt, diese beispielsweise mit Pinsel, Rolle oder Spritzpistolen aufzutragen. Dadurch konnten die Lernenden ihren Projekten mittels Lackieren, Ölen, Wachsen oder Beizen ihre Projekte veredeln. Als Abschluss durften sie, so wie in den vergangenen Jahren, ihre Werkstücke Anfang Februar im Langnauer Einkaufszentrum Ilfis Center ausstellen.

Kurs mit grossem Lerneffekt

«Wenn ich die Arbeiten unserer Klasse sehe, ist es einfach beeindruckend, was für vielfältige Arbeiten man auf einer CNC machen kann», sagt Celina Gauchat. Für die angehende Schreinerin, die ihre Lehre bei der Team Graf AG in Münsingen BE absolviert, war der CNC-Kurs Neuland. «Im Betrieb haben wir zwar eine CNC, mit der arbeiten aber nur die Maschinisten.» Das Zeichnungsprogramm sei ihr von der Schule schon bekannt gewesen, allerdings hätten sie sich im Kurs viel intensiver damit auseinandergesetzt. Beim Programmieren hatte sie anfänglich etwas Schwierigkeiten, weil es ein anderes Programm war als das in der Schule. «Man musste sich einfach zuerst kurz reindenken, aber nach der ersten Übungsaufgabe konnte ich die ersten Schritte ziemlich gut alleine ­machen.»

Mit ihrem «Reitmöbel» aus lackierter Eiche ist die 19-Jährige aus Wichtracht BE zufrieden. «Auf die Idee bin ich gekommen, weil ich reite.» Ein Sideboard besitze sie bereits, aber einen kleinen Schrank habe sie gut gebrauchen können, um ihre Reitsachen darin zu verstauen. So habe sich der Kurs perfekt dafür angeboten. Das 1000 mm hohe, 450 mm breite und 450 mm tiefe Möbel bietet hinter der Tür Platz für Reitbekleidung wie Schuhe und Helm. Bei der Herstellung hatte Gauchat allerdings gewisse Herausforderungen: «Es war ein bisschen doof, weil geplant war, die Teile alle noch im üK zu umfahren, damit sie schön gefräst sind. Da aber viele Kanten dran haben, war dies nicht möglich, und ich musste die Teile schon aufs Fertigmass zuschneiden», sagt Gauchat.

Das Tischblatt und die Seitenteile hat sie aus massiver Eiche hergestellt, welche sie oben mittels Zinken verbunden hat. Die Trägerplatte der Türfront besteht aus schwarzem MDF und ist überfurniert. «Um das Bild zu erstellen, habe ich einen Stichelfräser verwendet. So kamen nach dem Fräsen die schwarzen Konturen des Pferdes und der Schmetterlinge zum Vorschein.» Für das Bild suchte sie im Internet nach einer geeigneten Vorlage, einem Linienbild. Dieses kopierte Gauchat dann ins Zeichnungsprogramm, wo sie den einzelnen Linien nachfuhr, um die gewünschte Kontur zu erhalten. «Etwas mühsam war das Zusammenspiel zwischen Zeichnungsprogramm und CNC-Programm: Da im CNC-Programm die gefrästen Linien nicht angezeigt wurden, musste ich diese parallel mit dem Laptop im Zeichnungsprogramm abhaken, um sicherzugehen, das alle gefräst werden», erklärt sie. Allgemein habe sie sich sehr gut überlegen müssen, wie sie die Planung und Ausführung macht; so seien ihr beispielsweise aufgrund von Herstellerangaben die richtigen Topfbandbohrungen nicht gleich beim ersten Anlauf gelungen.

Die Lernende befindet sich im Endspurt ihrer Ausbildung und ist gerade mit der IPA (Individuelle Praktische Arbeit) beschäftigt, bei der sie eine eichenfurnierte Garderobe für zu Hause plant. Das raumhohe Möbel soll oben eine Klappe erhalten, wo sich Velohelme verstauen lassen, unten sollen Schiebetüren entstehen, beispielsweise für Schuhe. Dass sie Schreinerin werden wollte, war schon immer klar. Am liebsten ist sie auf Montage, das Arbeiten mit Massivholz macht Celina Gauchat aber auch grossen Spass. «Das Ziel ist, noch im Betrieb weiterarbeiten zu können und dann im Winter 2026 ins Militär zu gehen. Was dann kommt, ist noch offen, aber vielleicht möchte ich noch den Projektleiter machen.»

Sehen, was Schreiner machen

Für Adrian Guggisberg war der CNC-Kurs ideal, um ein Sideboard zu produzieren. Der angehende Schreiner absolviert seine Lehre bei der Schreinerei Blatter AG in Zimmerwald BE. Auch für ihn waren die Kurstage sehr hilfreich. «Für mich war der CNC-Kurs ziemliches Neuland, weil wir im Betrieb keine CNC haben. Dort ar­beiten wir mit der Blum Minipress», sagt der 19-Jährige aus ­Nidermuhlern BE. Anfänglich sei er etwas überfordert gewesen. «Ich wusste wirklich nicht, wie man mit der Maschine umgeht und auf was man schauen muss.» Da sein altes Sideboard schon lange am Auseinanderfallen war, war er froh, sich im CNC-Kurs ein neues anfertigen zu können. Die Seiten und das Blatt seines Objektes bestehen aus massiver Eiche. Die Türen aus furnierten Spanplatten sind mit einem auffälligen Scherenschnitt-Muster verziert. «Ich schaute es mit meinem Fachlehrer an, der meinte, dass Eichenfurnier ziemlich heikel sei und beim Fräsen schnell absplittern und kaputtgehen könne.» Deshalb entschied sich Guggisberg, die Gravuren beim Hand­örgeli-Bauer Reist in Wasen im Emmental lasern zu lassen. Den Scherenschnitt hat er aus einem bestimmten Grund gewählt. «Wir betreiben als  Familie einen Bauernhof, und mir gefällt das Muster einfach gut.»

Glücklicherweise sei bei der Herstellung nichts schiefgegangen. Alles habe prima und ohne Zwischenfälle geklappt. Einzig die Programmierung war für Guggisberg eine Herausforderung. «Die Gehrungen musste ich schon vorgängig im Betrieb schneiden, weil im üK-Zenter kein Aggregat zur Verfügung steht, das den Fräser um 45 Grad schräg stellen kann.» Für das Möbelinnere hat Guggisberg eine Zwischenseite und zwei Tablare produziert, auf der Unterseite des Bodens beleuchtet eine aufgesetzte LED-Leiste den Wohnungsboden.

Von der Idee und Umsetzung der zwei Kurse ist der angehende Schreiner im vierten Lehrjahr überzeugt. «Ich finde es eine coole Sache, dass die Leute so auch mal sehen, was wir als Schreiner für Arbeiten machen. Normalerweise nimmt man ja die Möbel nach Hause, und niemand anders sieht sie mehr», sagt Guggisberg begeistert. Schliesslich sei es wirklich ein sehr interessanter Kurs für ihn gewesen, in dem er viel Neues dazulernen konnte.

Das baldige Ausbildungsende beschäftigt ihn aktuell: «Ich bin schon voll daran, mich für die IPA vorzubereiten, den Plan zu zeichnen und Material zu bestellen.» Im Grossen und Ganzen sei das herzustellende Objekt klar, lediglich die Detailfragen müssten noch geklärt werden. Entstehen soll ein eichenfurnierter Schrank mit Drehtüren für sein Zimmer. Hat er seinen Lehrabschluss erstmal in der Tasche, weiss Guggisberg auch schon genau, was er machen möchte: «Der Götti meines Bruders führt eine Schreinerei; der freut sich, wenn ich ihn bei der Arbeit unterstütze.»

Neues Möbel ohne Holzkäfer

«Mir hat der Kurs gut gefallen, weil ich dadurch einen Einblick bekam, was mit der Maschine alles möglich ist», sagt Elina Jeige aus Zollbrück BE. Dort wohnt sie bei einer Gastfamilie, denn ursprünglich ist sie aus Lettland. Die 24-Jährige kam 2019 wegen dem Unihockey in die Schweiz. «Mir gefiel es hier sehr, deshalb entschied ich mich, noch eine Lehre als Schreinerin zu machen.» Aufgrund des Leistungssportes hatte sie eine Sportlehre bei der Kühni AG in Ramsei BE begonnen. Das heisst, dass sie mit einem Pensum von 80 Prozent arbeitete, während die restlichen 20 Prozent für Traning, Regeneration und Hausaufgaben bestimmt waren. Das sei toll, aber sehr intensiv gewesen. Nach der Arbeit standen jeden Abend jeweils noch rund drei Stunden Training auf dem Programm. «Ich spielte in der Nati A und musste mich entscheiden, was ich möchte. Da ich merkte, dass es knapp wird, die Lehre erfolgreich abzuschliessen und gleichzeitig noch Spitzensport zu ­betreiben», sagt Jeige. Um sich ganz auf einen erfolgreichen Lehrabschluss konzentrieren zu können, pausiert sie nun den Sport. Der gebürtigen Lettin gefällt die Arbeit mit Holz sehr. Ihr war recht schnell klar, dass sie als Kursmöbel einen Salontisch aus Massivholz machen möchte. Auf die Idee kam sie aufgrund ihres alten Tisches bei der Gastfamilie: «Wir konnten jeweils den Holzkäfern zuhören, wie sie diesen langsam wegfrassen. Weil wir in einem Blockhaus wohnen, sagte ich, es wäre nicht toll, wenn sich die ­Käfer entscheiden, vom Tisch aufs Haus zu gehen.» So nutzte die angehende Schreinerin den CNC-Kurs praktisch, um ein neues Projekt in die Tat umzusetzen und dem Käfer den Garaus zu machen. Einzig die Tischplatte aus Stein übernahm sie für den neuen Tisch, weshalb auch die Möbelmasse gleich blieben. Die Beine und den Rahmen fertigte Jeige aus Eichenholz, die Schublade hat sie mit einer Blum Legrabox ausgeführt. Zu Beginn des Planens habe sie ein paar Ideen bezüglich der Verbindung gehabt. «Ich dachte mir, dass eine Dübelverbindung zu einfach und dafür ja keine CNC ­nötig ist. Die Puzzle-Verbindung fand ich einfach spannend und dachte, es würde noch cool aussehen. Vor allem wenn die Schublade geschlossen ist, sieht man gar nicht direkt, dass eine Schublade im Tisch versteckt ist», erklärt
Jeige. Für die gefrästen Ahornblätter suchte sie im Internet nach einem Foto eines Ahornblattes, wovon sie dann einen Körper für das CNC-Programm erstellen konnte. Nach der Programmierung fräste die Lernende zuerst die Taschen für die Blätter in den Beinen, anschliessend die Blätter aus Ahornholz mit der gleichen Kontur. Beim Versuch, die Blätter in die Taschen einzuleimen, bemerkte Jeige allerdings, dass die Blätter zu satt hineingingen. «Deshalb korrigierte ich die Radiuskontur des Fräsers um etwa 0,3 Millimeter. Dann fräste ich die Teile nicht ganz durch und schliff sie anschliessend noch von der anderen Seite, bis sie sich vom ganzen Holzstück lösten und ich diese dann einleimen konnte.»

Die beiden Kurse hinterliessen bei der zukünftigen Schreinerin ­einen positiven Eindruck: «Ich kann mir gut vorstellen, nach der Lehre noch eine CNC-Ausbildung zu machen und dann als CNC-Maschinistin zu arbeiten.» Das Gleiche gelte auch für den Oberflächenkurs: «Der war sehr spannend und lehrreich.»

Michi Läuchli

 

www.bzemme.ch

Veröffentlichung: 06. März 2025 / Ausgabe 10/2025

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