Nie vom Holzweg abgekommen

Das Holz und die Holz haben im Leben von Peter Siegrist (72) immer eine zentrale Rolle gespielt. Bild: Beatrix Bächtold

Portrait. Peter Siegrist besucht seit 60 Jahren die Messe Holz. Er hat keine Messe verpasst und geht auch heute mit der gleichen Begeisterung durch die Hallen, wie damals als Zwölfjähriger.

Vor Aufregung unruhig schlafen, früh aus den Federn. Sonntagskleider anziehen und mit dem Vater zum Bahnhof. Rein in den Zug und ab nach Basel. «Wie war ich als Zwölfjähriger aufgeregt als ich 1959 das erste Mal durch das Tor der Holz-Fachmesse, wie sie damals hiess, lief. Und dann, die vielen Eindrücke!», schwärmt der heute 72-jährige Peter Siegrist. Weil sein Vater eine kleine Möbelschreinerei in einem Liestaler Altstadthaus betrieb, interessierte sich dieser, praktisch denkend wie Schreiner nun mal sind, für Produkte und Innovationen, immer in Bezug auf den eigenen Bedarf. Den ganzen Tag liefen Vater und Sohn also von Vorführung zu Vorführung, von Stand zu Stand. Inspiriert vom Geschehen, schleppte der Bub Kataloge von grösseren und komplexeren Maschinen nach Hause, um dort noch einmal alles Revue passieren zu lassen. «Der Messebesuch war bestimmt anstrengender als eine Bergwanderung. Aber das spürte ich nicht», sagt er mit einem Schmunzeln und berichtet dann, dass sich ja auch allerlei Nützliches in der Tasche befand. «Bleistifte, Blöckli – und ganz selten und neu damals auch Rollmeter. Als Bub freute ich mich riesig über diese brauchbaren Andenken.» Eventuell haben all diese Eindrücke, die gemeinsamen Erlebnisse mit dem Vater, die Fachgespräche mit interessanten Berufsleuten schliesslich dazu geführt, dass Siegrist dem Holz und der Holz, wie die Messe bald hiess, ein Leben lang treu blieb. «Ich war jedes Mal dort», sagt er. Nach der Lehre im väterlichen Betrieb sammelte der junge Schreiner Erfahrung in anderen Unternehmen und absolvierte 1973 die Meisterprüfung.

«Dann zog es mich wieder nach Hause. Weil der Vater im Betrieb das Ruder hielt, hatte ich Zeit, nebenbei Fachunterricht an der Berufsschule Liestal zu geben», sagt er. Ende der 70er-Jahre holte er sich pädagogischen Hintergrund am Schweizerischen Institut für Berufspädagogik (SIBP) in Bern und unterrichtete von da an hauptberuflich. «Der Messebesuch mit den Schülern war ein Muss und jedes Mal ein Highlight», schwärmt er. 32 Jahre lang hat Siegrist unzähligen Schreinern und seit den 60er-Jahren auch Schreinerinnen Wissen vermittelt, mit dem Resultat, dass er heute kaum mehr unerkannt durch die Holz gehen kann. «Die Holzbranche ist unglaublich vernetzt. Jeder kennt jeden», sagt er und bringt gleich ein Beispiel. Er erzählt: «Kürzlich war ich in den Bergen. Da machte ein Mountainbiker eine Vollbremsung, kehrte um und kam auf mich zu. Ich dachte, er wolle wegen irgendetwas reklamieren.» Doch er habe ihn genau angeschaut und freudig gesagt: «Grüezi Herr Siegrist. Erinnern Sie sich? Sie waren doch mein Berufsschullehrer.» So etwas sei halt schon schön. Und weil der längst pensionierte Peter Siegrist immer noch durch und durch aus echtem Holz ist, läuft er auch an der diesjährigen Ausgabe der Messe mit der gleichen Begeisterung wie vor 60 Jahren durch die Hallen. Er hat sich schon vorgemerkt, was er unbedingt sehen will. Enthusiastisch zählt er die Stationen seines Postenlaufs durch die älteste und grösste Fachmesse der Schweiz auf: «Digitalisierung und moderne Entwicklung von der Planung bis zur Produktion, Visualisierungen, CAD von der Werkzeichnung über die Werkstoffliste bis zur Optimierung beim Zuschnitt, 5-Achs-Maschinen, neue Materialien, Schreinernachwuchs, Berufsbildung, Prix Lignum.»

Und zum Schluss fügt er an: «Mich interessiert auch, wie Architekten und Ingenieure das Holz als Konstruktionsmaterial entdeckt und verfeinert haben. Ja, auf das alles freue ich mich sehr.»

«Der Messebesuch war bestimmt anstrengender als eine Bergwanderung. Aber das spürte ich nicht.»

beb

Veröffentlichung: 26. September 2019 / Ausgabe 39/2019

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