Mit Sack und Pack nach Kanada


Wenn es die Zeit zulässt, begibt sich Viktor Davare (62) in seiner kanadischen Heimat auf die Suche nach Fotosujets. Bild: PD
Wenn es die Zeit zulässt, begibt sich Viktor Davare (62) in seiner kanadischen Heimat auf die Suche nach Fotosujets. Bild: PD
An freien Tagen fährt Viktor Davare mit seiner Frau Ursula am liebsten an einen menschenverlassenen Ort zu einem Fluss. Er schultert dann seine Kamera und steigt ins Kajak. Meist muss er nicht lange warten, bis im Brennpunkt seiner Linse etwas auftaucht, das ihn so fesselt, dass er es festhalten will. «Die Natur hier in Vancouver Island ist so aufregend», sagt er. Abenteuer locken ihn seit seiner Schreinerlehre. Erst träumte er davon, in Japan eine Judoschule zu eröffnen. Als ihm sein Lehrmeister in der Schreinerei von Kanada vorschwärmte, änderte Davare kurzerhand seine Reisepläne. Er rief bei der kanadischen Botschaft an und erkundigte sich nach seinen Möglichkeiten. Wohin genau er denn gehen wolle, wurde er gefragt. «Ich schloss die Augen und tippte auf eine Karte von Kanada. Als ich die Augen öffnete, sah ich den Namen Slave Lake – Sklavensee», erzählt Davare. In Slave Lake gebe es keine Möglichkeit, teilte ihm die Botschaft mit. Aber in Calgary werde ein junger Schreiner gesucht. «So brach ich mit 20 Jahren mutterseelenallein von Winterthur nach Calgary auf, ohne ein Wort Englisch zu sprechen.» Das war im Jahr 1978. Zum ersten Mal stieg Davare in ein Flugzeug. «Meine Familie und meine Freunde zurückzulassen, das war der einsamste Moment in meinem Leben», erinnert er sich.
Als er in Kanada aus dem Flugzeug stieg, schlug ihm eine unerbittlich trockene Kälte ins Gesicht. «Es mussten um die minus 45 Grad gewesen sein.» In Calgary schloss sich Davare schnell andern Schweizer Schreinern an. Er besuchte einen Englischkurs und ging ins Judo. «So lernte ich Schritt für Schritt Englisch. Doch ich muss zugeben, dass mein Akzent noch heute komisch klingt», sagt er. An seiner ersten Arbeitsstelle wurde er nach kurzer Zeit gefeuert. «Ich hatte zu wenig Erfahrung und arbeitete zu langsam.» Es folgten Lehr- und Wanderjahre. Auf einem Besuch in der Schweiz lernte er Ursula kennen. Mehrere Jahre schrieben und besuchten sie sich. «Das Telefonieren war damals viel zu teuer», erklärt er. Nach rund vier Jahren zog sie zu ihm nach Calgary. Zusammen bauten sie ein eigenes Geschäft auf. Davare arbeitete als Schreiner, seine Partnerin erledigte alle Arbeiten im Büro. Nach einiger Zeit packte sie die Lust an einen Ort zu ziehen, wo die Blumen im Mai und nicht erst im August spriessen. Dieser neue Ort lag in Vancouver Island, wo sie noch heute leben. «1993 fingen wir hier nochmals bei null an.» In dieser Zeit kam auch ihre Tochter Nadia zur Welt. In ihrem Geschäft «Woodform Interiors» spezialisierten sie sich auf den Bau von Küchen. Auf wirtschaftlich gute Jahre folgten krisengeschüttelte Zeiten. In den betriebsamsten Jahren hatten sie bis zu zwölf Angestellte – darunter auch stets Schweizer. «Das Schreinerhandwerk ist in Kanada ganz anders als in der Schweiz. Man muss viel mehr improvisieren», sagt Davare. Den meisten Schreinern aus der Schweiz gefalle es so gut, dass sie hier bleiben wollen.
Vor rund zehn Jahren begann Davare intensiv zu fotografieren, was ihn umgibt: Gewässer in bergig-waldiger Landschaft, Seelöwen, nach Fischen jagende Seeadler oder Grizzlybären. «Das Fotografieren ist wie das Schreinerhandwerk. Wenn man ein schönes Produkt herstellt, gibt einem das grosse Befriedigung.»
«Meine Familie und meine Freunde zurückzulassen, das war der einsamste Moment in meinem Leben.»
Veröffentlichung: 16. Juli 2020 / Ausgabe 29-30/2020
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