Mit offenen Augen durchs Leben

Kayoum Eicher (26) ist gelernter Schreiner und hat sich als Video- und Fotograf selbstständig gemacht. Bild: Caroline Mohnke

«Schon als Fünfjähriger zeichnete ich Möbel und Küchen auf Papier», sagt Kayoum Eicher, der im Luzerner Neustadtquartier aufgewachsen ist. Der sportliche 26-Jährige fügt an: «Wenn du mitten in der Stadt aufwächst, wirst du kreativ, ich war sehr viel in meinem Kinderzimmer und habe gezeichnet.» Seine Mutter habe ihm damals vorgeschlagen, dass der Schreinerberuf einmal etwas für ihn wäre. Während der Sportschule in Kriens gelang ihm dann der Sprung in die Handball-Juniorennationalmannschaft als Goalie. Die Idee seiner Mutter gefiel ihm dennoch, und er absolvierte die Schreinerlehre bei der Zimmermann Innenausbau AG in Kriens. «Der Chef war selbst Handballer», erzählt Kayoum Eicher.

Die Zeit als Schreiner sei intensiv, aber sehr lehrreich gewesen – mit sieben bis neun Handballeinheiten pro Woche. «Mein Tag bestand aus Fitness, Arbeit und Handball.» Später hat er sein Arbeitspensum auf 60 Prozent reduziert, um mehr Zeit für den Profisport zu haben. Nach der Lehre absolvierte er die Berufsmatura in «Art & Design» und kam mit Fotografie und Videografie in Berührung. «Ich fand es faszinierend, im Labor Bilder selbst zu entwickeln.» Während der Coronazeit hat er sich eine erschwingliche Kamera gekauft und fast jedes Wochenende Schweizer Berge erklommen. Doch er wollte mehr von der Welt sehen. Im Herbst 2022 ging er auf Weltreise: Mexiko, Dominikanische Republik, Panama und Portugal standen auf dem Programm. «An einsamen Küsten machte ich mir Gedanken über eine eventuelle spätere berufliche Selbstständigkeit», sagt er. Denn Fotografie und Videografie liessen ihn nicht mehr los.

Nach der grossen Reise im Frühling 2023 arbeitete Kayoum Eicher noch ein halbes Jahr Teilzeit als Schreiner, absolvierte den Zivildienst und wagte dann Anfang dieses Jahres den Sprung in die Selbstständigkeit als Videograf und Fotograf unter dem Namen «Kayoum Eicher Visuals». Auf die Frage, wo er die grössten Herausforderungen in der Selbstständigkeit sehe, antwortet er: «Alles in Balance zu halten: Damit meine ich den Job, das Privatleben, aber auch den Sport.» Zudem sei es wichtig, genügend Aufträge zu haben, und ein längerfristiges Ziel sei die Planungssicherheit. Zu seinen Aufträgen gehören unter anderem das filmische Festhalten von Sportanlässen, Imagefilme, aber auch Firmen-Events. Im Goal stehe er nur noch, wenn Not am Mann sei. Er ist nun als Torhütertrainer in der 1. Liga tätig. Im Oktober steht sein erster Halbmarathon an, jener in Luzern. «Ich versuche immer, in Bewegung zu sein und gehe mit offenen Augen durch das Leben», sagt er und lacht. Mit einem selbstgebauten Rennrad ist er 750 Kilometer durch die Schweiz gefahren: Von Luzern nach Bern, Yverdon, Genf, Morges, Murten, Interlaken und wieder zurück nach Luzern. «Meine Mutter und mein achtjähriger Bruder sind mit dem Auto nachgereist, so konnten wir gemeinsam schöne Abende geniessen», schwärmt er. Seine beruflichen Tage sind durchgetaktet: Nach dem Interview mit der Schreinerzeitung an der Reuss stehen noch weitere drei Termine an.

«Da Schwierigste ist, alles in Balance zu halten – den Job, das Privatleben und den Sport.»

Caroline Mohnke

Veröffentlichung: 17. Oktober 2024 / Ausgabe 42/2024

Artikel zum Thema

14. Oktober 2024

Im Geist bleibt er ein Samurai

Leute. «Eigentlich wollte ich Veterinär werden», sagt der 62-jährige gelernte Schreiner Tom Minder mit einem Lachen und blickt daheim in Emmetten NW über den Vierwaldstättersee.

mehr
07. Oktober 2024

Auf der Suche nach der Essenz

Leute. Der gelernte Zimmermann Severin Märki aus Aarau ist ein vielseitiger Mensch. Seinen Lebensunterhalt verdient er als Arbeitsagoge, seine Leidenschaft gilt dem Werkstoff Holz, mit dem er sich seit 30 Jahren auch künstlerisch auseinandersetzt.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Leute