Mit dem Wohnmobil auf der Walz

Patrick Ambühl (2. v. r.) baut zusammen mit Schülerinnen und Schülern einen Zimmer-mannsknoten. Bild: Martha Walker

Berufswerbung.  Als Botschafter für seinen Beruf ist der 21-jährige Zimmermann Patrick Ambühl im Auftrag des Branchenverbands Holzbau Schweiz letztes Jahr durch das Land getourt. Was er dabei erlebte und wie die Leute auf ihn reagierten.

Zimmermann Patrick Ambühl hat von Juni bis Dezember letzten Jahres im Wohnmobil gelebt. Nicht weil der 21-Jährige aus Hergiswil NW auf diese Weise erholsame Ferien verbracht hätte. Ambühl war sozusagen auf der Walz, in einer etwas abgewandelten Form. Als Botschafter für den Holzbau tingelte er durchs Land und arbeitete bei 20 verschiedenen Holzbaubetrieben, war Gast und Berichterstatter an Berufswahlmessen und stellte sein auffälliges Fahrzeug vor Schulen ab. Dort suchte er den Kontakt zu Oberstufenschülern, die gerade vor der Berufswahl stehen. Er schilderte ihnen den Alltag, die Perspektiven und die besondere Faszination des Zimmermannberufs.

Schreinerzeitung: Hand aufs Herz, ging es Ihnen wirklich darum, den Leuten die Attraktivität Ihres Berufs vor Augen zu führen, oder reizte Sie nicht vielmehr das Abenteuer mit dem Wohnmobil?
Patrick Ambühl: Das sieben Meter lange Gefährt war sicher ein Highlight für mich. Obwohl, am Anfang verlangte es von mir schon Mut ab, auf den zum Teil engen Strassen zu fahren. Und was den ersten Teil der Frage betrifft: Bereits mein Vater war Zimmermann. Schon als kleiner Junge half ich ihm, und vermutlich sprang da der Funke über. Die Tour mit dem Wohnmobil bescherte mir unvergessliche Erlebnisse, doch im Grunde war meine Motivation ganz klar: Ich wollte meine Begeisterung für diesen Beruf ins Land hinaustragen und seine ganze Attraktivität aufzeigen.
Wie genau würden Sie diese Attraktivität beschreiben?
Als Zimmermann erstellt man wirklich Grosses, Sichtbares. Am Ende sieht man das Resultat und kann stolz auf seine Arbeit sein. Die Arbeit ist vielseitig, die Möglichkeiten sind riesig.
Welche Möglichkeiten gibt es denn?
Dank des dualen Bildungssystems in der Schweiz stehen alle Türen bis hin zur Fachhochschule offen. Auch die Selbstständigkeit im eigenen Betrieb ist denkbar.
Sie haben Jugendliche mitten im Berufsfindungsprozess angetroffen und ihnen das genau so erzählt. Wie haben die Jugendlichen reagiert?
Ich war Gast an sieben Berufsbildungsmessen und in der Schule habe ich an die 1200 Jugendliche direkt erreicht. Dabei habe ich festgestellt, dass die heutige Jugend motivierter, naturverbundener und bodenständiger ist als vielfach angenommen. Ich habe bei ihnen Tatendrang und grosses Informationsbedürfnis gespürt. Sie nahmen mich freundlich auf und schenkten mir Gehör. Meine Mission brachte wirklich etwas, und ich merkte zu meiner grossen Freude, dass es mir gelungen ist, das Interesse für meinen Beruf zu wecken. Jedenfalls begegnete man mir mit gesunder Neugier. Jugendliche Männer und Frauen überhäuften mich mit Fragen. Sie waren dankbar, jemanden zu treffen, der ihnen aus eigener Erfahrung Auskunft geben konnte.
Was wollten sie denn wissen?
Eine Frage, die immer wieder auftauchte, war: Was ist der Unterschied zwischen Schreiner und Zimmermann? Ich habe ihnen dann erklärt, dass der Werkstoff Holz diese Berufe verbindet. Speziell ist am Beruf Zimmerman, dass er in jeder Ecke der Schweiz anders aussieht. Ein Berner Chalet zu bauen, verlangt anderes Wissen als die Erstellung eines landwirtschaftlichen Nutzgebäudes in Appenzell. Aber sicher ist: Als Zimmermann muss man gerne im Freien arbeiten und mit Körpereinsatz präzise ins «Gröbere» gehen. Man muss also Spass daran haben, seine Kraft anzuwenden. Als Lohn sieht man dann dafür auch sofort das Ergebnis der Arbeit.
Da sind wir schon beim Thema Lohn. War für die Jugendlichen auch die Höhe des Gehalts ein Thema?
Ja, natürlich. Diese Frage kam immer ganz am Anfang, und ich konnte ihnen getrost sagen, dass man als gelernter Zimmermann im Verhältnis sicher gut verdient. Aber ich erklärte ihnen dann auch gleich bildlich, dass der Verdienst nicht der Hauptgrund sein darf, einen Beruf zu ergreifen.
Wie haben Sie das denn gemacht?
Ich klappte einen Meterstab auf, zeigte ihnen vier Zentimeter und sagte: «Dieser kurze Abschnitt ist die vierjährige Lehrzeit, der lange Rest ist das Arbeitsleben.» Als Zimmermann ist es wie mit jedem anderen Beruf: Wer stehen bleibt, ist weg vom Fenster. Man muss Ideen haben, sich fortbilden, entwickeln und Erfahrungen machen. Zufriedenheit mit dem, was man macht, bringt Freude an der Arbeit, und das sorgt für Erfolg. Eine Lehre in einem Beruf, der einem echt Freude macht, öffnet viele Türen. Wenn es sich um einen Beruf mit Holz handelt, ist die Türe besonders solide.
Das klingt einleuchtend. Bestimmt war Ihr Besuch für die Jugendlichen ein Highlight. Aber was hat Ihnen die Aktion ganz persönlich gebracht?
Für einen Zimmermann ist es wichtig, die vorher erwähnten, regional verschiedenen Facetten des Berufs kennenzulernen. Andererseits kann ich es mir nicht vorstellen, auf die Walz zu gehen. Drei Jahre und einen Tag lang ohne Handy, ohne soziale Medien und ohne Portemonnaie ist nicht mein Ding. Ich las einen Aufruf im Fachmagazin «Wir Holzbauer», bewarb mich, wurde zum Casting eingeladen und bekam später die Zusage. «Zimmermann on Tour» war so etwas wie meine eigene Walz. Und schön war: Ich erreichte nicht nur Jugendliche vor der Berufswahl. Vor Beginn der Aktion konnten Holzbaubetriebe aus der ganzen Schweiz bei Holzbau Schweiz ihr Interesse an einem Besuch von mir anmelden. Bei 20 dieser Betriebe arbeitete ich eine Woche lang mit.
Gab es bei der Arbeit Höhepunkte?
Ja klar. So half ich zum Beispiel bei der Erstellung des ersten Schweizer Baumwipfelpfads in Mogelsberg im Toggenburg mit. Wir bewegten in Zusammenarbeit mit dem Militär riesige Baumstämme mit speziellen Maschinen. Der Baumwipfelpfad wird am 30. Mai offiziell eröffnet, und ich war bei der Voreröffnung als Ehrengast eingeladen. Unvergesslich war auch die Arbeit in Zermatt auf 3500 Metern Höhe. Ich arbeitete beim Bau der Bergbahnstation Trockener Steg mit, die hinauf aufs Klein Matterhorn führt. In diesem Fall brachte ein Helikopter das Material. Und einmal wurde ich mit meinem Wohnmobil völlig ungeplant Mittelpunkt eines Zugabends von WK-Soldaten. Sie integrierten mich in die Festlichkeiten und nahmen mich und meine Mission sehr positiv auf. Als ich im Tessin arbeitete, zeigten mir meine Arbeitskollegen den Weihnachtsmarkt von Como. Später luden sie mich zum Nachtessen mit der Familie ein. Alle wollten mich sehen. Im Sommer darf ich bei einer Lehrabschlussprüfungsfeier in Lenzburg dabei sein.
Das klingt aufregend. Jetzt leben Sie wieder in der Normalität?

Ja. Mein Arbeitgeber, die Dubach Holzbau AG im luzernischen Hüswil, liess mich grosszügigerweise ziehen und hielt mir den Arbeitsplatz frei. Für die Zukunft könnte ich mir vorstellen, mich in Richtung Vorarbeiter zu bewegen oder die höhere Fachschule mit dem Ziel Diplomierter Techniker HF Holztechnik zu besuchen.

Zweite Auflage

Gesucht ist der nächste «Zimmermann on Tour»

«Zimmermann on Tour» ist ein Förderprojekt des Verbands Holzbau Schweiz. Es wurde letztes Jahr unter dem Dach der Branchenkampagne «Holz macht stolz» erstmals durchgeführt. Der nächste Zimmermann oder die nächste Zimmerin geht 2019 auf Tour. Nächstens wird Holzbau Schweiz junge Mitarbeitende von Mitgliederbetrieben ermutigen, sich für die Neuauflage der Berufswahl-Walz zu bewerben.

www.holzbau-schweiz.ch

beb

Veröffentlichung: 17. Mai 2018 / Ausgabe 20/2018

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