Leiser Auftritt für den Hausfrieden
Auch mit wirkungsvollem Schallschutz können Treppen schön und schlicht sein. Bild: Bauwerk Parkett (Lignum)
Auch mit wirkungsvollem Schallschutz können Treppen schön und schlicht sein. Bild: Bauwerk Parkett (Lignum)
Schallschutz. Die Entstehung von Körperschall lässt sich beim Begehen von Treppen nicht vermeiden. Deshalb kommt es darauf an, seine Ausbreitung über die Anschlüsse zu unterbinden. Es gibt für alle Konstruktionen Möglichkeiten, weil das Prinzip immer gleich ist.
Keine Geräusche sind so störend wie jene der anderen. Poltern die eigenen Kinder lautstark die Treppe im Einfamilienhaus hinunter, bleibt dies meist innerhalb der Toleranzgrenze. Sind es die Kinder des benachbarten Reihenhauses oder der Wohneinheit in einem grösseren Komplex, stellt sich der gleiche Sachverhalt oft anders dar. Zudem nehmen die Ansprüche an die Ruhe in der eigenen Wohnung stetig zu.
Zu den wichtigen Quellen der Schalleinwirkung in Gebäuden gehören Laufgeräusche auf den leichten Treppenkonstruktionen. Also auf solchen aus Holz oder Metall, samt den Kombinationen daraus. Während massive Treppen, etwa aus Beton, aufgrund ihrer Masse nur träge auf Körperschall reagieren, sind leichte Konstruktionen schneller in Schwingung zu versetzen. Der entstehende niederfrequentierte Schall wird sodann über die Anschlüsse in die umgebenden Bauteile eingeleitet und so in Form eines Dröhnens wahrgenommen.
Die rechtlichen Grundlagen regelt die Norm SIA 181 «Schallschutz im Hochbau», die neben den Mindestanforderungen auch die erhöhten Anforderungen kennt. Diese gelten etwa für Doppel- und Reihen-Einfamilienhäuser sowie neu gebautes Stockwerkeigentum. Die meisten Holztreppen werden jedoch innerhalb einer Nutzungseinheit erstellt, es sei denn, diese wird an der heute meist einschaligen Wand zu einer anderen Nutzungseinheit montiert. «Die meisten Fehler hinsichtlich des Schallschutzes kommen bei Treppen vor, die in Mehrfamilienhäusern erstellt werden, während es innerhalb einer Wohneinheit weniger eine Rolle spielt», sagt Jürgen Alber, Geschäftsführer der Alber Treppen GmbH im zürcherischen Volketswil.
Wirklich in den Fokus rückt der nötige Schallschutz meist erst dann, wenn Bewohner unzufrieden sind mit der Situation, auch wenn dies mit dem Verhalten der eigenen Kinder zusammenhängt.
Um die Übertragung des Körperschalls von der Treppe in die Bauteile zu vermeiden, geht es stets um das Gleiche. «Das Prinzip hinter einem verbesserten Schallschutz ist immer die Sandwich-Konstruktion, wodurch es zu einer Entkoppelung kommt», erklärt Thomas Walther, Leiter Produktentwicklung und Technologie bei der HBT-Isol AG im aargauischen Bremgarten. Die damit einhergehenden Herausforderungen sind ebenfalls immer dieselben.
Je umfänglicher die Treppe abgekoppelt ist, desto besser der Schallschutz. Doch muss die Konstruktion in sich ausgesteift sein und gleichzeitig sicher befestigt werden. Was wie eine Binsenweisheit klingt, hat durchaus praktische Tragweite. Denn es finden sich auch Schallschutzprodukte am Markt, die wenig zielführend scheinen. So etwa die Entkoppelung der eingestemmten Trittstufen von den Taschen bei Wangentreppen mittels aufgeklebten gummierten Auflagern. «Davon halte ich überhaupt nichts. Erstens ist eine solche Massnahme immer unschön sichtbar, und zweitens ist eine starre Verbindung der Stufe zur Wange enorm wichtig für die Steifigkeit der ganzen Konstruktion», sagt Alber.
Wird mit zu weichen Materialien entkoppelt, kann dies beim Begehen der Treppe schwammig wirken, was bei vielen Menschen ein ungutes Gefühl erzeugt. «Besonders heikel in diesem Sinne ist die aufgesattelte Treppe mit nur einem mittigen Tragholmen. Schallschutzmassnahmen an den Auflagern oder den Stufen hinterlassen beim Begehen schnell einen unangenehmen Eindruck», sagt Walther.
Der handwerkliche Holztreppenbau ist eine höchst individuelle Angelegenheit. Deshalb sind auch die schallschutztechnisch verbesserten Konstruktionen immer von Neuem zu betrachten. «Es gibt nicht das eine Lager oder den einen Typ von Schallschutzprodukt, die immer funktionieren. Was für die eine Konstruktion gut ist, kann bei der nächsten Treppe unpassend sein», sagt Alber. Für die vielen Ausführungsvarianten und Einbausituationen gibt es weder standardisierte Rechenverfahren noch, wie im Stahlbetonbau üblich, praxisgerechte Auflagerprodukte, die einfach einzusetzen sind und gut tragen und dämmen.
Bei Alber planen vier Treppenkonstrukteure die Lösungen immer wieder neu. Dabei kommt das bewährte Schallschutzmaterial «Sylomer», ein Polyurethanprodukt, zum Einsatz. Dieses eignet sich für Auflagerpunkte oder in Form von Streifen bei der Befestigung von Wangen gleichermassen. «Je nach Einsatzzweck gibt es unterschiedliche Druckfestigkeiten. Weichere Varianten für grossflächige Auflager mit geringeren Lasten und steifere Platten mit höherer Druckfestigkeit für kleinere, stärker belastete Auflagerpunkte», sagt Alber.
Andere Treppenbauer haben eigene Produkte zum verbesserten Schallschutz entwickelt, die bei wiederkehrenden Konstruktionen eingesetzt werden. Dazu gehören etwa schallentkoppelte Wandbolzen, wie sie beispielsweise bei den Systemen von Treppenmeister eingesetzt werden, oder auch der «Rufix»-Treppentopf von Treppenbau.ch. Für die Schallentkopplung der Auflagerpunkte hat das Unternehmen Treppen- Fuchs mehrschalige Taschen aus «Sylomer» entwickelt. Das Unternehmen verwendet sie standardisiert für die eigenen Treppenkonstruktionen.
Auch von den Beschlagpartnern kommen immer mehr Produkte, die helfen, den schalltechnischen Kurzschluss bei der Treppenplanung und Ausführung zu vermeiden. Solche Schallschutzelemente bietet etwa HBT-Isol. Das Unternehmen prüft die Komponenten unter definierten Rahmenbedingungen auf ihren Effekt hin. «Die Werte der Wirksamkeit, die ein Schallschutzelement oder ein Beschlag bringt, sagen natürlich noch nichts über die zu erreichende Verbesserung im konkreten Projekt aus. Sie geben dem Bauphysiker aber Hinweise darauf, was im konkreten Fall möglich ist», sagt Thomas Walther.
In der Praxis werden die Einzelfälle deshalb oft besprochen und gemeinsam beraten. Denn auch solche Produkte zielen darauf ab, in der Anwendung möglichst viel Freiheit zu belassen. «Eine Anpassung der Produkte für ein bestimmtes Projekt kommt immer wieder vor», sagt Walther.
Je weniger Verankerungspunkte eine Treppenkonstruktion hat, desto leichter ist die Übertragung von Schall zu vermeiden. Bei geländertragenden Treppen mit vielen Verbindungen zur Wand werden deshalb die Trittstufen von der Wand entkoppelt ausgeführt, um den Schallschutz gewährleisten zu können. «Dabei dürfen jedoch die Auflagerpunkte nicht vernachlässigt werden», sagt Alber. Und: Wegen der Vielzahl der Verbindungen zur Wand ist bei dieser Konstruktion gerade bei der Montage an eine Wohnungstrennwand besondere Achtsamkeit geboten. «Wir empfehlen unseren Kunden, auch bei geländertragenden Treppen an der Wand eine Wange vorzusehen und diese entsprechend zu entkoppeln. Noch besser ist es natürlich, an einer Wohnungstrennwand auf Auflager zu verzichten, sofern dies statisch möglich ist», sagt Alber. «Der Nachbar fühlt sich durch die Übertragung der Laufgeräusche schnell gestört.» Es ist also besonderes Augenmerk geboten. Denn wenn der Baukörper, an den die Treppe anschliesst, schalltechnisch die Anforderungen gar nicht erfüllt, dann kann das die Treppenkonstruktion auch mit hohem Aufwand nicht ausgleichen.
Veröffentlichung: 16. April 2020 / Ausgabe 16/2020
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