Lebenskünstler mit vielen Talenten

Der Schreinerberuf hat Kai Bruhnsen (52) in all seinen Lebens- und Berufsabschnitten geholfen. Bild: PD

Er ist eine kleine Wundertüte. Das Leben hat ihn mit vielen Talenten ausgestattet, die sich aneinanderreihen wie die Perlen einer Perlenkette. Kai Bruhnsen ist ein Allrounder, der sich in vielen Disziplinen und Funktionen wohlfühlt und der sich mühelos auf verschiedenen Bühnen bewegt: als Schreiner, Parkettleger, Sozialpädagoge, Gleitschirmlehrer, Heimleiter, Hortleiter, Hüttenwart oder Leiter von Asylzentren. Die Liste seiner beruflichen Erfahrung ist lang.

Er sei ein Pionier, sagt der gelernte Schreiner von sich. Das Konstante liege ihm weniger. Sobald er etwas zum Laufen bringe, werde es ihm langweilig. Das Leben hat ihn aber nicht nur beschenkt. Es hat ihn ebenso geprüft. Manche Tief- und Rückschläge musste er einstecken. Doch gerade diese haben ihn zu der jeweils nächsten Etappe gebracht und zu dem gemacht, was er heute ist: geerdet, gelassen und voller Inspiration. «Mein chronisches Rheuma zwang mich in frühen Jahren, meinen Job als Parkettleger aufzugeben.» Deshalb absolvierte der Schreiner eine Zweitausbildung zum Sozialpädagogen. Durch seine chronische Krankheit lernte er verschiedene alternative Therapien kennen und machte die Erfahrung, dass man mit den eigenen Gedanken vieles steuern kann. Er hat gelernt, destruktive Gedankenmuster, die sein Leben negativ beeinflussen, loszulassen. Dadurch hat sich auch der Verlauf seiner Krankheit zum Positiven verändert. Bruhnsen ist überzeugt: «Krankheiten spielen sich nicht nur auf körperlicher Ebene ab, sondern auch in der Psyche.»

«Als Jugendlicher war für mich immer klar: Ich wollte Schreiner werden.» Das sei so sicher gewesen wie das Amen in der Kirche. «Ich habe mit der Nase entschieden. Der Geruch von Holz ist einfach unwiderstehlich», sagt Bruhnsen und fährt mit dem Finger einer Linie seines selbst gemachten Nussbaumtisches entlang.

Den Schreiner brauche es überall. Sei es als Hüttenwart, bei der Arbeit mit schwer integrierbaren Jugendlichen, als Hortleiter, bei Reparaturen oder beim eigenen Hausumbau. Bruhnsen hat gute Beziehungen zu seinen ehemaligen Arbeitgebern aus seiner Zeit als Schreiner. Deshalb hat er Zugang zu Maschinenpark und Werkstatt und kann so im Privaten «seinen Schreiner» ausleben. «Jetzt ist der Zeitpunkt für einen Wechsel in meinem Leben gekommen», sagt der 52-Jährige, der momentan als Hortleiter arbeitet. Die eigenen Kinder seien erwachsen. Er und seine Frau seien nun frei, das zu tun, was ihr Herz begehrt. So haben sie sich gemeinsam auf eine Hüttenwartsstelle beworben. Acht Jahre haben sie zuvor auf ehrenamtlicher Basis die Sternenegg-Hütte auf der Ibergeregg SZ betrieben. Sie verfügen über alles, was ein Hüttenchefpaar haben sollte: Gastfreundschaft, Sozialkompetenz, Kochkunst, handwerkliches Geschick, Bodenständigkeit und ein Gespür fürs Schöne. Dennoch haben sie nach monatelangem Bewerbungsverfahren eine Absage erhalten – ohne Begründung.

«Die Enttäuschung ist gross», gibt Bruhnsen unumwunden zu. Aber es würde nicht zu ihm passen, wenn er die Niederlage nicht annehmen und die negative in positive Energie transformieren würde. Aus dem geplatzten Traum entsteht auf einmal Freiraum. Und genau darin wird ein neuer Samen, eine neue Idee spriessen. Sonst wäre das nicht seine Geschichte.

«Ich habe mit der Nase entschieden. Der Geruch von Holz ist unwiderstehlich.»

cs

Veröffentlichung: 05. März 2020 / Ausgabe 10/2020

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