Kein Schreiner, aber ein Macher


Der neueste Streich von Raphaël Mettler (63) ist ein Street-Soccer-Kasten, bei dem auch Treffer via Basketballkorb zählen. Bild: Stefan Hilzinger
Der neueste Streich von Raphaël Mettler (63) ist ein Street-Soccer-Kasten, bei dem auch Treffer via Basketballkorb zählen. Bild: Stefan Hilzinger
Leute. Raphaël Mettler ist ein Mann mit Ideen. Und die trägt er nicht nur in seinem Kopf herum, die setzt er mit seinen Händen auch um.
Ein Macher in bestem Sinne, auch wenn er kein gelernter Schreiner ist. Die Werkstatt ist hell. Durch hohe Fenster fällt winterliches Licht. Im hinteren Bereich befinden sich einige Tische und eine lange Theke. «Bière trois dames» steht am Zapfhahn. Bis vor wenigen Jahren hat Mettler hier in Sainte-Croix im Waadtländer Jura mit Erfolg Kraftbiere gebraut. Die drei Damen sind die Ehefrau Sylvie und die beiden erwachsenen Töchter des 63-Jährigen. Doch seit 2020 sind Sudkessel und Abfüllanlage verkauft, und die Brauerei wieder das, was sie früher einmal war: eine Schreinerei. Mettler hat sich einen Jugendtraum erfüllt und stellt «Töggelikästen» her. «Babyfoot» heisst das auf Französisch, und Mettler nennt seine Firma «Raffi Babyfoot». Raffi ist der Spitzname, welcher dem Sohn Deutschschweizer Eltern in der Romandie haften blieb. «Mein Vater und meine Mutter kamen aus Winterthur. Nach der Lehre bei Sulzer fand der Vater eine Stelle bei Paillard hier in Sainte-Croix.» Das Dorf hoch über Yverdon war damals eine Hochburg der Schweizer Feinmechanik, bekannt für seine Filmkameras der Marke «Bolex Paillard» oder für die Musikdosen und Plattenspieler von Thorens. Hier ist Mettler geboren und aufgewachsen.
«In meiner Jugend stand in jedem Café und in jeder Bar ein ‹Töggelikasten› und häufig auch eine Musikbox.»
Nach einer kaufmännischen Ausbildung wird er in den Achtzigern ein Pionier des Skatersports in der Schweiz. Er importiert mit seiner ersten Firma Rollbretter und Inlineskates und organisiert in Lausanne 1996 den ersten Skateboarding-Grand-Prix. Die Jahre 1997 und 1998 verbringt er mit seiner jungen Familie in Los Angeles. Damals kam er erstmals auf die Idee, einen «Töggelikasten» zu bauen, den es so in den USA nicht gab. «In meiner Jugend stand in jedem Café und in jeder Bar ein ‹Babyfoot› und häufig auch eine Musikbox», sagt Mettler. Seinen Traum verwirklicht er 25 Jahre später. Doch wie eignete er sich die schreinerischen Fähigkeiten an? Da halfen im zwei Handwerker. Ein Schreiner aus einem Nachbardorf und ein Zimmermann, dem er seine Werkstatt für ein halbes Jahr überliess. «Bedingung war einfach, dass er mir half, wenn ich Fragen hatte.» Dank dem Erfolg der Brauerei konnte er seine Schreinerei bestens ausstatten, sogar einen Spritzraum mit Absaugung gibt es. Die Figürchen drechselt und bemalt er selbst. Arbeiten mit Holz und Corian führt er bis zum Finish selbst aus. Für metallene Teile arbeitet er mit Spezialisten zusammen. «In der Werkstatt stehen immer sechs bis sieben ‹Babyfoot› als Muster, damit die Kunden eine Vorstellung bekommen», sagt er. Die Gestaltung, ausgehend von ersten Skizzen, richtet sich auch nach den Ideen der Kundschaft. Manche Kästen strahlen den bunten Geist der Rock’-n’-Roll-Ära aus, bei anderen wirkt das verwendete Holz für sich.
Einer sticht aber besonders hervor. «Das ist ein Street-Soccer», sagt Mettler und demonstriert nach einigen Versuchen, wie der Ball neben dem Tor eine Rampe hinaufflitzt und dann durch einen kleinen Korb wieder auf das Spielfeld plumpst. Der Belag des Feldes ist nicht spiegelglatt wie sonst, sondern da und dort holprig. Das Stadion darum herum zieren die Porträts bekannter Persönlichkeiten wie Michael Jordan, Diego Maradona oder Che Guevara. Auf der Werkbank daneben steht ein Street-Soccer-Kasten in Arbeit. «Ich baue ihn für einen ehemaligen Spieler der Schweizer Nati», verrät Mettler. Mit spielerischer Freude macht sich der Macher an die Arbeit.
Veröffentlichung: 27. Januar 2025 / Ausgabe 4/2025
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