Guter Gastgeber dank Glauben

Gastgeber aus Berufung: der Schreiner David Bühler (41). Bild: Bruno Petroni

Als Präsident des Grossen Gemeinderates ist David Bühler derzeit der höchste Interlakner. Und er führt das fünftgrösste Gasthaus im weltbekannten Tourismusort, die Backpackers-Villa Sonnenhof. Eigentlich hat er Schreiner gelernt, die Abschlussprüfung als Kantonsbester abgelegt und hätte die Schreinerei der Eltern im Aargau übernehmen können. «Aber ich konnte mich nicht dafür motivieren, teure Schreinerarbeiten für gehobene Kundschaft zu verkaufen. Ich wollte etwas Sozialeres tun und die Welt verändern», sagt er.

Auf der Suche nach einer Lebensaufgabe stieg er mit einer Rezeptionsstelle in Davos quer in die Hotellerie ein. Die Chance, nach der er gesucht hatte, erhielt er 1998. Er sollte in Interlaken für die Evangelisch-methodistische Kirche ein Gästehaus für Rucksacktouristen eröffnen. Mit einem Team von Freiwilligen baute er ein sanierungsbedürftiges historisches Chalet Schritt für Schritt zu einer Jugendherberge um – eine spannende und pionierhafte Zeit, in welcher der damals 27-Jährige viel improvisierte. «Und plötzlich machte es mir keine Mühe mehr, frühmorgens aufzustehen», sagt er heute lachend. Das änderte sich auch nicht mehr, als die ersten Gäste kamen, denn der 41-Jährige ist Gastgeber mit Leib und Seele. Dabei prägt ihn sein christlicher Glauben sehr. Sein Neuanfang im Berner Oberland sei kein Zufall gewesen, sondern Vorsehung, meint er. Zudem begegne er sowohl Gästen und Mitarbeitern immer so, wie er das für sich selbst auch möchte.

Die Villa Sonnenhof ist heute als Verein organisiert, David Bühler und seine Frau sind als Geschäftsführer angestellt. Er ist der Allrounder im Haus und macht von Buchhaltung über Marketing bis hin zu technischem Unterhalt alles und hat sich in Betriebswirtschaft weitergebildet. Ziel der Herberge ist es nicht primär, Geld zu verdienen, sondern möglichst vielen Menschen einen Ferienaufenthalt zu ermöglichen. «Wir bieten zu einem günstigen Preis fast schon Luxus und leben eine All-inclusive-Philosophie – im Preis sind auch Gästeküche, Internet oder Freibadeintritt mit drin», wirbt der Touristiker. Vielleicht erhält sein Haus deswegen seit Jahren immer wieder Preise als bestes Hostel. Die christliche Philosophie des Hauses zeigt sich nicht nur in der Grundhaltung des Vaters von drei Kindern, sondern auch an Bibelsprüchen und Weisheiten, die hie und da auf einem Schildchen auftauchen. Zudem gibt es einen Raum der Stille, in den sich die Touristen zurückziehen können – um zu beten oder nachzudenken. «Aber wir missionieren nicht. Wir wollen nur Raum geben zum Nachdenken – etwas, das Reisenden oft fehlt», erklärt er. Wenn Gäste davon berichten, in Interlaken wichtige Lebensentscheidungen getroffen zu haben, macht ihn das stolz.

In der Backpacker-Szene ist David Bühler stark verankert – lange war er Präsident der Branchenorganisation Swiss Backpackers. Heute präsidiert er einen lokalen Zusammenschluss der Backpacker-Unternehmer in Interlaken. 2003 stieg er für die Evangelische Volkspartei (EVP) in die Lokalpolitik ein. Auf Anhieb schaffte er die Wahl in das Interlakner Gemeindeparlament. «Ich stieg in die Politik ein, weil ich glaube, dass es sich lohnt, in die Gemeinschaft zu investieren, damit sie stärker werden kann», sagt er. Gemeinschaft leben er und seine Familie auch innerhalb der Kirche – sei es beim Kirchenkaffee oder bei gemütlichen Familienabenden mit Freunden. «Ich bin nicht der Predigertyp. Aber für mich ist der Glauben kein Korsett, sondern ein Ort der Motivation. Er gibt mir eine gewisse Gelassenheit in dieser Welt, in der man verzweifeln könnte. Und er gibt mir Mut, immer wieder Neues anzupacken.»

fg

Veröffentlichung: 04. Oktober 2012 / Ausgabe 40/2012

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