Eine Messe erfindet sich neu
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Bild: Andreas Brinkmann
Bild: Andreas Brinkmann
Messe. Die Zuliefermesse Ostwestfalen hat die Chancen der wirtschaftlichen Realität gepackt und trägt weiterhin ihren Teil zu einem optimaleren Austausch in der Branche bei. Unter der neuen Führung hat die Veranstaltung zu einer eigenen, speziellen Form des Dialogs gefunden.
Im deutschen Bad Salzuflen standen alle Zeichen vom 6. bis 8. Februar 2018 auf Messeneustart. Unter der neuen Leitung der Kölnmesse positioniert sich die Zuliefermesse Ostwestfalen «ZOW 2018» im Wechsel mit der «Interzum» in Köln zwar nach wie vor als Format zwischen einem Ausstellungsevent wie der Interzum und einem Businessmeeting, allerdings mit einem völlig neuen Konzept.
Die 188 Aussteller aus 17 Ländern erwarteten rund 4000 Besucher auf 12 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Als Ideenwerkstatt der Möbelzuliefererindustrie bot die Messe eine einheitliche Standarchitektur mit eher kleineren Ständen und vielen unmittelbaren Begegnungszonen. Das schaffte eine gute Grundatmosphäre für intensive Fachgespräche zwischen Zulieferern und Produzenten.
Auch wenn die Messe der Möbelindustrie dient und der Industrieteil durch die etwas geringere Ausstellerzahl als vor zwei Jahren dominanter erscheinen mochte, konnten doch viele Anregungen und Produkte ausgemacht werden, die Schreinern spezielle Lösungen aufzeigen. Die Digitalisierung war natürlich auch ein Thema bei den vielen Vortragsveranstaltungen und in Sonderschauen. Ebenso wurden die geschickte Wohnraumausnutzung sowie der Leichtbau durch Lösungsideen nähergebracht. Gerade die Interessengemeinschaft Leichtbau (IgeL) bot auf einer grossen Sonderfläche vielfältige Möglichkeiten, dem Thema auf sehr praktische Weise näherzukommen. Man darf sicher schon auf die nächste «ZOW 2020» gespannt sein. Einige interessante Produkte werden auf den folgenden Seiten präsentiert.
Die deutsche Firma Renolit ist im Möbelbereich vor allem wegen ihrer Dekorfolien bekannt. Sie fertigt unter anderem aber auch WPC-Platten. Ganz neu ist das Leichtbauprodukt «Gorcell» mit einer Wabenstruktur aus Kunststofffolie. Zusammen mit dünnen WPC-Platten ergibt sich eine äusserst widerstandsfähige, leichte Platte in verschiedenen Stärken, die uneingeschränkt im Aussenbereich verwendet werden kann. Die gesamte Platte ist zudem wiederverwertbar. Die Firma nimmt das Material entgegen und führt es wieder der Produktion zu.
Die DOT GmbH aus dem deutschen Bünde fertigt unter der Marke «Burnout» Küchenelemente auf Rädern für draussen. Damit diese absolut witterungsbeständig sind, kommen die «Gorcell»-Platten von Renolit sowie Oberflächen und Laserkanten zum Einsatz, die ebenfalls speziell für den Aussenraum entwickelt wurden. Ausser Rollkorpusse sind so auch Tische und passende Bänke realisierbar.
Die Befestigung von Beschlägen ist gerade bei Leichtbauplatten durch ihre Hohlräume ein wichtiges Thema. Oft werden Injektionsmittel für die Fixierung von Muffen verwendet, die neben dem zusätzlichen Material auch Abbindezeit benötigen. Die Firma Würth aus Arlesheim BL hat eine Lösung für Plattenaufbauten, die aus Holzfasern bestehen, gefunden: Ein Handgerät verursacht mechanische Schwingungen im Ultraschallbereich, wodurch «Kaltschmelz»-Dübel innert Sekunden mit der Deck- sowie Bodenschicht aus Holzwerkstoffen verbunden werden. So lassen sich selbst Exzenterverbinder befestigen. Die Verbindung ist danach sofort belastbar und soll Temperaturen von –20 °C bis +80 °C standhalten.
Die Lamelloverbindung ist so beliebt, dass sich die Hochschule Ostwestfalen-Lippe Gedanken gemacht hat, wie diese Verbindung auch in Leichtbauplatten möglich wäre. Unter der Marke «Go.Fast» ist eine gestufte Verbindungsplatte entstanden, deren Serienreife kurz bevorsteht. Der dickere Verbinderteil kommt bei der Anwendung in die Kante, wo die Waben weggefräst wurden. Speziell dabei ist, dass zum Einfräsen der Nut jeder Lamello-Nutfräser geeignet sein soll.
Die Firma 3D-Core GmbH stammt aus dem deutschen Herford und fertigt ein Schaum-Kernmaterial aus Duro- oder Thermoplast. Beidseitig mit einer Trägerschicht verklebt, ergibt sich eine sehr steife, leichte Verbundplatte. Diese weist im Kantenbereich eine geschlossene Fläche auf, wodurch das Aufkleben von Kanten problemlos möglich ist. Besonders ist an diesem Kernmaterial aber seine Wabenstruktur. Sie erlaubt die Herstellung dreidimensionaler Formen bei gleichbleibender Plattenstärke und hoher Endfestigkeit. Erhältlich sind Plattenstärken von 3 bis 17 Millimeter bei Standardgrössen von 370 × 955 Millimeter. Darüber hinaus wird auch vorkonfektionierte und Rollenware angeboten.
Wie auf dem Bild mit dem Wabenkern in der vorhergenden Vorstellung schon zu erkennen ist, sind leichte Platten sogar mit echter Steinoberfläche möglich. Dazu braucht es dann allerdings entsprechend dünnes Material. Die Firma HWB Furniere & Holzwerkstoffe aus dem Messeort Bad Salzuflen bietet Steinfurnier, der rund 2 Millimeter dick ist, mit Kantenlängen, die etwa einem halben Meter entsprechen. Bei der Herstellung wird ein Trägermaterial anschliessend mechanisch abgeschält. Das so entstandene dünne Furnier ist dann in begrenztem Masse sogar leicht biegbar. Zusammen mit einem Trägermaterial wie besagtem Wabenkern sind dann selbst Schrankfronten realisierbar. Durch den Schälvorgang ist jedes Furnierblatt wie beim Holz dem vorangegangenen und dem nachfolgenden sehr ähnlich, womit sich gut auch grössere Bilder, zum Beispiel für eine Wand, zusammenstellen lassen.
Korpusmöbel, die ihren Standort wechseln können, sollten jederzeit an neue Bodenbeschaffenheiten anzupassen sein. Wenn sie auf einem Teppich stehen, kann das bedeuten, dass es eine Nachjustierung braucht, sobald der Korpus beladen ist und sich abgesenkt hat. Die italienische Firma Camar S. p. A. hat mit dem «Ecolino System» eine Stellfussgarnitur geschaffen, bei der auch die hinteren Füsse von vorne verstellt werden können. Dazu lässt sich ein langer Schlüssel durch den vorderen Fuss bis zur hinteren Mechanik durchstecken und diese bedienen. Um für mehrere Situationen eine gute Lösung zu bieten, werden die Füsse in verschiedenen Höhen und auch mit unterschiedlich grossen Fusstellern angeboten.
Gerade die herrschende Mode rustikaler Möbel und Böden mit rissigem Holz und teilweise grossen Ästen stellt Schreiner immer wieder vor die Herausforderung, all diese Öffnungen fachgerecht zu verschliessen. Und das, ohne Spätfolgen, wie neues Reissen oder das Herausfallen des Füllmaterials, zu riskieren. Die baselländische Novoryt AG führt schon seit Jahren geeignete Materialien. Mit den «Forte Sticks» führt die Firma jetzt ein Stangenmaterial auf Harzbasis im Angebot, welches mit einer Heissleimpistole aufgetragen wird. Das ganze System, mit allen erforderlichen Bearbeitungsgeräten, gibt es zudem als Kofferset. Damit ist ein schnelles, effizientes Arbeiten, inklusive Abkühlen des eingebrachten Materials, sowie Abstechen des Überschusses gewährleistet. Laut Herstellerangaben ist es auch das einzige System auf dem Markt, das Farben in Holzoptik erlaubt. Dabei setzen sich die Sticks aus verschiedenen Farbtönen zusammen und sind nicht einfarbig, wie sonst üblich. Ausgefüllte Risse fallen somit noch weniger auf. Interessant ist auch ein metallfarbiger Stick. Angewendet ergibt er eine Wirkung, wie wenn die Öffnung mit Zinn ausgegossen worden wäre, nur das dieses Harz keine solchen Giftstoffe enthält und sich dauerhaft mit dem Holz verbindet. Das gewählte Harz hat zudem noch den gros- sen Vorteil, dass die Oberfläche, sowohl Lacke wie auch Öle, problemlos annehmen soll.
Auf dem Stand der L & S Deutschland GmbH wurde ein Badezimmerspiegel präsentiert, der konsequent alle Bedürfnisse an einen Spiegel im Bad erfüllt. Der Beleuchtungshersteller verbaut darin einen LED-Rahmen mit einem Farbtemperaturbereich von 2700 bis 6000 Kelvin. Der Einbau verschiedener Dioden im gleichen LED-Band sowie perfekte Steuerungen ermöglichen mittlerweile sehr saubere Übergänge durch die Farbbereiche. Dabei fällt auch der geringe Platzbedarf in der Tiefe auf, der dennoch eine genügend grosse Streuwirkung ergibt, sodass keine einzelnen Punkte sichtbar sind. Durch die stufenlose Einstellbarkeit wird zu jeder Zeit das passende Licht auf den Betrachter gerichtet. So ist jegliche Gesichtspflege perfekt möglich, oder es kann eine angenehme Atmosphäre geschaffen werden. Eine Spiegelheizung verhindert auf Wunsch das Beschlagen des Glases und ein integrierter Radio sorgt für Kurzweile in der Badewanne oder unter der Dusche.
Die KMD Industrievertretungen aus Ebnat-Kappel SG bietet genau das Gleiche wie im vorangegangenen Beschrieb. Die Firma bietet aber keine Spiegel an, sondern Systeme, die es dem Schreiner erlauben, individuelle Kundenwünsche zu erfüllen. So gibt die Sensorkomponente zwar den Abstand der Bediensymbole an, welche Grafik aber in den Spiegelbelag gelasert wird, kann frei bestimmt werden. Genauso werden die LED-Streifen mit den notwendigen Profilen nach Wunsch des Kunden gefertigt. Die steckbaren Komponenten lassen sowohl eine stufenlose Steuerung zu, wie auch eine gestufte, mit der die gewünschten Farbtemperaturen schneller und sicherer erreicht werden. Zudem lässt sich das Ganze noch mit dem allenfalls vorhandenen Hausnetz ver- binden, wodurch dann auf smarte Weise verschiedene Dinge im Bad über eine Steuerung bedient werden können.
Ebenfalls um Licht ging es auf dem Stand der deutschen Ausserdem Solutions + Elements GmbH. Die Firma befasst sich mit LED-Flächenlicht und zeigte unter anderem ihr «LED Light Board». Dieses ist gerade mal 8 Millimeter dick, wird von einer oder mehreren Kanten eingeleuchtet und erlaubt ein Maximalformat von 3000 × 1500 Millimeter. Die lichtführende Systemgravur wird für jede Grösse und Einleuchtung neu berechnet und lässt bei Bedarf auch ohne Reflektor die beidseitige Nutzung als homogene Hinterleuchtung bedruckter Folien zu.
Veröffentlichung: 15. Februar 2018 / Ausgabe 7/2018
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