Eine Familie geht ihren Weg

Die Wandpaneele aus MDF sind als «unechte» Materialien eine Ausnahme. Bild: Laurameroni

Laurameroni.  Etwas geheimnisvoll zwischen Gestaltung, Handwerk und Materialentwicklung agiert Laurameroni bei renommierten Projekten. Dabei sind die Grundsätze einfach und klar. Vielleicht ist das Konzept für einen Produzenten deshalb ungewöhnlich.

Man stelle sich unter Laurameroni ein Unternehmen vor, das so individuell und projektbezogen arbeitet wie eine Schreinerei. Gleichzeitig jedoch agiert es rund um den Globus mit Handelspartnern für die eigene Kollektion an Möbeln, Sofas, Küchen und Leuchten. Laurameroni entwickelt und produziert eigene Oberflächen und Werkstoffe und setzt so eine gestalterische Linie für Türen und den Innenausbau für hochstehende Projekte um. Dies identisch zu den Kollektionsstücken.

Dabei verkauft das Unternehmen selbst keine Möbel an private Kunden, sondern agiert stets mit und über Architekten und Unternehmen der Branche. Zugleich habe die Firma über die Jahre einen solchen Markenkern geschaffen, dass sie ihre eigenen grundlegenden Regeln auch bei den Projekten umsetzen könne, vielmehr müsse, wie Mat-teo Maggioni es formuliert. Er ist wie andere Familienmitglieder verantwortlich bei Laurameroni. Der Name seiner Grossmutter steht für ein ganz besonderes Familienunternehmen der Branche.

Ein Konzept so neu wie klar

Die Wurzeln der italienischen Firma reichen zu Laura Meroni und ihren beiden Brüdern in die 40er-Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Aus den Aktivitäten der Brüder von Laura Meroni ging Lema hervor, ein industrialisierter Hersteller von hochwertigen Designmöbeln. Ebenfalls in Alzate Brianza in der Region Como (I) hat Laurameroni seinen Hauptsitz.

So richtig beginnt die Geschichte von Laurameroni eigentlich erst 1999. Damals war die «Design Collection» nur ein Projekt. Im Milleniumjahr folgte die Premiere an der Möbelmesse in Mailand, unter anderem mit den künstlerischen Entwürfen des Sideboards «Intarsia». Man wollte eine Marktnische finden, um auf dem «überfüllten Möbelmarkt» etwas Neues bieten zu können. Die ersten Stücke der künstlerischen Kollektion waren der Anfang. Relativ schnell folgte der Ausbau des Projektgeschäftes, was mit der Entwicklung von Kollektionsmaterialien für die Fertigung von Türen und Paneelen einherging. So kamen die Grundwerte bei den Möbeln und Elementen von Beginn an klar zum Tragen.

Grosser Anteil handwerklicher Arbeit

«Jedes unserer Produkte trägt einen grossen Anteil an handwerklicher Arbeit in sich, denn wir mögen die Idee der Einzigartigkeit», erklärt Maggioni, der unter anderem für das Exportgeschäft auf dem wichtigen asiatischen Markt verantwortlich ist. «Laurameroni soll eine andere, besondere Firma sein. Das wollen auch unsere Kunden. Was heute inzwischen zu einem Trend in der Branche geworden ist, haben wir von Anfang an gemacht.» Maggioni verkörpert die dritte Generation im Unternehmen und wenn er darüber spricht, dann klingt es fast so, als ob er selbst das Unternehmen gegründet habe. Denn die Grundsätze sind wichtig, auch bei der Zusammenarbeit mit Architekten und Designern.

Der Entwurf, der für die Kollektion geschaffen wird, muss diesen Werten entsprechen. Die Sichtbarkeit der Handarbeit ist wichtig, weil dies ein charakteristischer Kern der Marke ist. Besonders sichtbar wird dies bei Materialien, die an sich sehr homogen sind. Die massiven Metallplatten in Dickfurnierstärke aus Kupfer oder Messing durchlaufen zunächst verschiedene Tauchbäder und werden dann von Hand gebürstet und poliert. Dabei entstehen leicht bogenförmige Zeichnungen an der Oberfläche. Jedes Element ist etwas anders, obwohl das Ausgangsmaterial visuell schlicht als homogen bezeichnet werden kann.

Es geht nur echt

Bei Laurameroni verwendet man nur echte und natürliche Materialien. Holz ist immer Holz; Nachbildungen oder Werkstoffe, bei denen man kein Holz mehr sieht, werden in der Regel nicht eingesetzt. Naturstein ist wichtig, ebenso echtes Leder und Metalle. Messing ist dann eben Messing und Kupfer ist Kupfer. Auch hier gibt es keine Laminate, Composit-Werkstoffe oder Beschichtungen. «Man muss immer die Materialität und Handarbeit spüren können, visuell und haptisch», so Maggioni.

Aber: keine Regel ohne Ausnahme. Derzeit gibt es genau ein Stück, das aus MDF gefertigt wird. Für die «Bamboo-Collection» werden tief ins Material kreisrunde Profilfräsungen ausgeführt, was mit anderen Materialien kaum zu realisieren war, da die Oberfläche meist lackiert wird. Auch dies eher selten. Anstelle von Lack ist die Fühlbarkeit der Oberfläche und des Materials ein wichtiges Markenzeichen. Laurameroni hat schon lange strukturierte Oberflächen in der Kollektion. Dabei handelt es sich um eigene Ideen von Strukturen.

Bei der «Maxima-Kollektion» etwa stand der hölzerne Auflagetisch in der Steinverarbeitung Pate. Denn beim Zuschnitt von Marmorplatten wird die darunterliegende Holzauflage bei jedem Schnitt wenige Millimeter angeritzt. Daraus ergibt sich dann irgendwann ein charakteristisches, reliefartiges Muster. Für die Produktion der Oberflächenstrukturen braucht es Starkfurnier, das bei mancher Holzart dann extra produziert werden muss. Denn alle Kollektionsstücke und Innenausbauten sind in allen eigenen Materialisierungen möglich. Dadurch ergeben sich Raumgestaltungen, deren Elemente zusammen harmonieren.

Umfassend auch bei den Details

Die gleiche Oberfläche kann für Türen, Küchenfronten, Wandverkleidungen oder Solitärmöbel verwendet werden. Das gilt auch für metallische Oberflächen oder Steinbeläge in wenigen Millimetern Dicke.Die Echt-Stein-Starkfurniere lässt man in den Partnerbetrieben auftrennen. So schafft man, ähnlich wie bei echtem Furnier, die Möglichkeit, den Werkstoff in unterschiedlichen Bildern wieder zusammenzufügen – und zwar gestürzt oder geschoben. Die dünnen, aber massiven Materialien werden oft auf Gehrung verarbeitet, sodass umlaufende Bilder einer Materialisierung entstehen.

Aussen hui und innen pfui gibt es bei Laurameroni nicht. Innen wie aussen wird ein Möbel gleich gestaltet. Dazu gehört auch, dass Schubladen in der gleichen Holzart ausgeführt werden. Damit die Möbel beliebig im Raum platziert werden können, sind auch die Rückseiten und Rückwände aus dem jeweils identischen Material gefertigt. Alle Kanten sind gebrochen, auch dort, wo man normalerweise nicht damit in Berührung kommt. Dieser Sorgfalts- und Qualitätsanspruch ist zwar aufwendig, bringt aber Vorteile beim Umgang und beim Entwurf von Räumen. Auch sorgt dieser konzeptionelle Ansatz dafür, dass dem Betrachter keine Unregelmässigkeiten ins Auge fallen können. Bei den Detailausbildungen zeigt sich auch der Vorteil des echtes Materials, mit dem es keine Kompromisse auch bei den Kantenausbildungen gibt.

Beliebig platzierbar

Brüche gibt es bei Räumen von Laurameroni deshalb nicht. Nicht nur, dass jedes Möbel an jeder beliebigen Stelle stehen kann, es nimmt auch Form und Oberflächen der Umgebung auf und kann sowohl Akzent wie auch Hintergrund sein. Das gilt auch für die Rückseite des Kopfteiles eines Bettes. Die Stücke werden alle auf Mass gefertigt. Ein Lager mit den Kollektionsarbeiten hat Laurameroni nicht. Das ist aufwendig und auch kostspielig. Natürlich haben die Arbeiten, die sich in hochstehenden Projekten auf der ganzen Welt finden, deshalb auch ihren Preis. «Es ist ein wenig so, wie beim Massschneidern», erklärt Maggioni. «Man kann einen Armani-Anzug von der Stange kaufen, oder man geht im Haus ein Stockwerk höher, lässt die Masse nehmen, sucht den Stoff aus, bespricht die Passform, die Anordnung von Taschen und Details und dann erst wird der Anzug produziert.»

Luxus nicht als Selbstzweck

Das Unternehmen arbeitet gewissermassen im Luxussegment, obwohl Maggioni die- sen Ausdruck nicht mag. Denn für Maggioni ist Luxus zu oft gleichbedeutend mit überteuert. «Luxus heisst für mich nicht, dass es teuer ist und möglichst glänzt, sondern es ist mehr ein intellektueller Wert, der sich in der Arbeit widerspiegelt. Luxus braucht eine Idee, es braucht Forschung, Technologie, Design und auch Leidenschaft.» Die Stücke sollen nicht nur zum Anschauen sein, sondern einen hohen Gebrauchswert aufweisen. Die Preisfindung spielt deshalb eine wichtige Rolle im Konzept. Man will nicht einfach teuer sein, sondern nur so teuer wie nötig. «Viele unserer Produkte haben einen enormen Materialeinsatz und auch zeitaufwendige Bearbeitungen. Deshalb sind sie hochpreisig. Luxusanbieter multiplizieren oft bei der Kalkulation, wir rechnen normal. Es gehört ebenfalls zum Markenkern, die Dinge mit dem realen Wert anzubieten.»

Wenn Maggioni solche Dinge sagt, klingen sie aufrichtig. Das unendlich bequeme Solitär-Sofa «Drapé» etwa kostet ungefähr 15 000 Euro. Dabei werden durch die Falttechnik enorme Mengen an extra weichem Leder verarbeitet. Das Innenleben trägt den sogenannten Memory-Effekt in sich, wodurch sich die Form besonders anpasst und nur langsam zurückbildet.

Eigenständige Entwicklung

Vor Ort in Alzate Brianza finden sich nur wenige Mitarbeiter. Laurameroni ist ein relativ kleines Unternehmen. Das Herzstück ist die Entwicklungs- und Planungsabteilung von vielleicht 15 Mitarbeitenden. In dem Gemeinschaftsbüro laufen alle Fäden zusammen. Auch bei der Produktion arbeitet man mit vielen Partnern zusammen. Die eigene Werkstatt mit Materiallager befindet sich einige Kilometer entfernt vom Hauptgebäude und ist zwar vielseitig, aber dennoch recht normal. Der vielleicht wichtigste Unterschied zu einer Schreinerei ist, dass Laurameroni die Möbelkollektion mit dem Projektgeschäft und den eigenen Materialisierungen als Einheit denkt. Die Kollektion ist Mittel zum Zweck und nicht eine Ergänzung zur Auftragsarbeit.

www.laurameroni.com

ch

Veröffentlichung: 29. November 2018 / Ausgabe 48/2018

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