Ein Fest für das Handwerk

Die Blickfang 2024 lockte wieder viele Besucher ins Kongresshaus Zürich. Bild: Christian Härtel

Blickfang. Vom 15. bis 17. November war das Kongresshaus Zürich wieder Schauplatz für aussergewöhnliche Möbel und gutes Design. Über 180 Labels zeigten ihre Arbeiten im 28. Jahr der Veranstaltung. Die SZ durfte bereits vor Öffnung der Türen auf Entdeckungstour gehen.   

Die Blickfang in Zürich steht bei den Macherinnen und Machern traditionell hoch im Kurs. «Das Niveau und der Stellenwert des Designs ist in Zürich nochmals höher als an den anderen Blickfängen», sagt Carmen Fischer, verantwortlich für die Kommunikation des Veranstalters. Regelmässig besuchen über 15 000 Leute die jährliche Designmesse im Kongresshaus am See.

Neben dem besonderen Ort der Austragung spielt wohl auch der Termin wenige Wochen vor Weihnachten eine gewisse Rolle für den Erfolg der Blickfang in Zürich. Für Marc Künzle, der seit einigen Jahren die Geschicke der Möbelmanufaktur in Heerbrugg SG lenkt, sei die Messe vor allem ein Ort, um zeigen zu können, was man könne. «Die wenigsten kaufen ein aufwendig gearbeitetes Sideboard für mehrere zehn Tausend Franken. Aber die Leute sehen, was wir alles können und kommen vielleicht später mit dem Wunsch für eine neue Küche zu uns», erklärt Künzle. Was machbar ist, darüber staunten viele Besucherinnen und Besucher am neuen Tisch der Schreinerei. Das knapp vier Meter lange Möbel aus Nussbaum kann dank einer Rahmenkonstruktion in 25 mm Blattstärke ausgeführt werden und ist trotzdem stabil genug, so dass sich Marc Künzle zur Demonstration der Wertigkeit kurzerhand auf die Platte setzt. Neben dieser offensichtlichen Leistung hat es noch mehr mit der Platte auf sich. Das ruhige, fast furnierartig anmutende Holzbild kommt durch das Fügen der Friese entlang der Maserung zustande. Die Leimfugen sind leicht bogenförmig mittels Fräse gefügt.

Fast eine festliche Stimmung 

Wegen der besonderen Atmosphäre im Kongresshaus ist Martin Bereuter mit seinem Label Hirnholz extra aus dem Bregenzer Wald an den Zürisee gekommen. Die Arbeiten, die einer der ganz wenigen Nichtschweizer Schreiner zeigte, haben es in sich. Da ist etwa der ET10, aus massiver Weisstanne für die Flächen und Esche für tragende Funktionen. Alle Teile sind dabei 10 mm stark. Der Massivholzschrank bringt damit am Ende lediglich 38 kg auf die Waage und hat eine elegante und filigrane Anmutung. Zusammen mit der geseiften Oberfläche macht das Möbel neugierig.

Diese Beschreibung liesse sich auch auf Marakii anwenden. Dabei handelt es sich um kleine Konstruktionshölzer, die mittels Magneten in beliebigen Kombinationen und Abfolgen zusammenfinden. Jeder Stab, Klotz oder Bogen besteht aus verleimter Eiche. Im Inneren finden Magnete Platz, die sich beim Nähern an ein anderes Holz entsprechend ausrichten und anziehen, so dass Formen und Figuren schnell gefunden werden und auf der magnetischen Grundplatte zu kleinen Kunstwerken heranwachsen.

Das edle Spielzeug für grosse Kinder und Neugierige ist an der Blickfang das erste Mal gezeigt worden und hat seinen Preis. Das mittlere Set «Creator» mit 12 Geraden und 8 Bögen kostet samt Basisplatte 265 CHF. Gefertigt wird das Ganze in der geschützten Werkstatt in Hinwil ZH.

Von Zürich nach Basel

This und Barbara Reber stammen aus Zürich. Aus Basel, der Stadt ihrer Wahl, kommt ihr Label Thismade. Das Portfolio der beiden Gestalter ist recht breit. Neben Raumkonzepten und Alltagsutensilien entwerfen sie auch Möbel, die kleinen Serien in der Schweiz hergestellt werden. Aus der eigenen Werkstatt kommt der neue Sekretär Louis, standardmässig aus Rüster. «Wir wollten auf kleinem Raum eine Arbeitsatmosphäre für das Homeoffice erzeugen», erklärt This Reber. Dazu trägt das integrierte Licht bei, dass stets Betriebsbereitschaft signalisiert. Eine integrierte Steckdose und eine kabellose Ladestation für das Mobile sind ebenfalls mit von der Partie. Sitzen kann man auf dem eigenen Allschwiler Stuhl aus Massivholz. Der folgt dem Konstruktionsprinzip der traditionellen Stabelle mit Gratleisten.

Spielerische Verwirrung

Wenn man Holzbildhauerin und Schreinerin ist, sorgt das unter Umständen für reichlich Möglichkeiten. Zumindest ist das bei Nora Engels aus Samedan GR so. Sie geniesst es, die Betrachter ihrer Möbelentwürfe etwas zu irritieren. Denn durch ihr kunstvolles Schnitzwerk sehen die scheinbar gepolsterten und abgesteppten Kissen täuschend echt aus. Sie sind aber aus Holz und am liebsten aus dem der kernigen Linde. Zwar habe jedes Holz seine besondere Wirkung, doch für so manche Arbeit sei das Lindenholz in der Bildhauerei schon immer die erste Wahl gewesen, erklärt Engels. Und so kommt es, dass manche Person zunächst an den Möbeln in Zürich vorübergeht, ohne zu merken, dass sie gerade von der Arbeit Engels humorvoll hinter die Fichte geführt wurde.

Christian Härtel

www.blickfang.com
www.moebelmanufaktur.ch
www.hirnholz.at
www.merakii.ch
www.thismade.ch
www.noraengels.ch

Veröffentlichung: 19. November 2024

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